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Dr. Wilhelm Mohr, Jg. 1890 hat das Buch in alter Kurrentschrift geführt. Dadurch war es recht | Dr. Wilhelm Mohr, Jg. 1890 hat das Buch in alter Kurrentschrift geführt. Dadurch war es recht | ||
schwer zu lesen. | schwer zu lesen. | ||
Die erste Anregung zur Gründung dieses Vereins machte der spätere Arzt Martin Rohner aus | |||
Wolfurt, geb. 1790. Unter der Regierungszeit Napoleons I. musste Rohner den französisch - | |||
russischen Feldzug 1809 bis 1814 mitmachen. Noch auf dem Sterbebett 1864 war er Veteran. So | |||
äußerte er den Wunsch, es möchten ihn Militärs, die mit ihm dienten, zur letzten Ruhe tragen. | |||
1874 versammelten sich alle "Ausgedienten" im "Adler" in Rickenbach, um zur Gründung eines | |||
"Militär-Veteranen-Vereins" die nötigen Schritte einzuleiten. Eduard Böhler, Sternenwirt und | |||
Postmeister, geb. 1847 erhielt den Auftrag, von den bestehenden M.V.V. Statuten einzuholen und | |||
solche für die hiesigen Verhältnisse passend auszuarbeiten. Am 17. Juli 1875, also vor fast 150 | |||
Jahren, feierte der "I. Vorarlberger-Militär-Veteranen Verein" das Fest der Fahnenweihe. | |||
Zum 50-jährigen Bestandsjubiläum und zur Erweiterung des Vereins in "Veteranen- und | |||
Kriegerverein" schreibt Wilhelm Mohr 1923: | |||
Viele Jahre ruhiges und ersprießliches Vereinsleben hatte der Militär-Veteranen-Verein Wolfurt | |||
hinter sich, als dieser, wie das gesamte Leben überhaupt, mit der Kriegserklärung Österreich- | |||
Ungarns an Serbien im Juli 1914 eine jähe Änderung erfuhr. | |||
Die meisten Vereinsmitglieder waren dem Rufe des Vaterlandes ins Feld gefolgt. Trotz Tapferkeit | |||
und Opfer am Leben – mit Geld konnte Österreich den so lange dauernden Krieg nicht siegreich | |||
durchhalten. Die wirtschaftliche Not führte schließlich im November 1918 den vollen | |||
Zusammenbruch Österreich-Ungarns herbei. | |||
Nach dem Zusammenbruch getraute sich niemand an die vereinsmäßige Sammlung der | |||
Kriegskameraden oder an die Neubelebung der Veteranenvereine heranzutreten. Die Erbitterung | |||
gegen den Militarismus blieb noch lange lebendig. | |||
Im Februar 1920 versammelten sich, nach dem Verrauchen der ärgsten Revolutionsstürme, die | |||
Mitglieder des Veteranenvereins Wolfurt zu einer Vollversammlung, in der zur Frage Stellung | |||
genommen werden sollte, welches weitere Schicksal dem Vereine vorzusehen sei. (So war z.B. in | |||
Lauterach der Verein aufgelöst und die Vereinsfahne versteigert worden.) | |||
Bei dieser Vollversammlung wurde der Beschluss gefasst, den Verein bestehen zu lassen, 500 | |||
Kronen für die Errichtung eines Kriegerdenkmals zu widmen, die Vereinstätigkeit jedoch bis auf | |||
weiters einzustellen und die Jahresbeiträge nicht mehr einzuziehen. | |||
Im Jänner 1923 wurde bei einer Versammlung beraten, ob es nicht am besten wäre, in dem schon | |||
bestehenden Veteranenverein den Zusammenschluss zu suchen und dessen Statuten so | |||
abzuändern, dass die alten Mitglieder wie alle Kriegsteilnehmer im Vereine Platz finden könnten. | |||
So geschah dies dann und Mohr schreibt den pathetischen Schlusssatz: | |||
So flechte sich in den Jubelkranz des Vereins echte wahre Kameradschaft der Jungen und Alten | |||
und möge diese wieder neue fünfzig Jahre friedlich weiter dauern und unseren Nachkommen | |||
verkünden, dass dies Ideal der Pflege wert sei. | |||
Dann folgen 19 Erlebnisberichte von Wolfurtern, die in Südtirol, Galizien, Russland, Sibirien, | |||
Ukraine, Bosnien, Polen ihre soldatische Pflicht erfüllt haben. | |||
Bei der allgemeinen Mobilisierung am 1. August 1914 war der Älteste mit 47 Jahren der | |||
Hauptmann Ludwig Köb, der Jüngste der Lehrer Karl Mohr mit 20 Jahren. Die Jahrgänge sind von | |||
1872 bis 1894 vertreten. | |||
Was mich fasziniert hat, ist das gute Gedächtnis der Soldaten. Genaue Daten und die zum Teil | |||
schwierigen Ortsbezeichnungen sind vermerkt. Wikipedia war mir eine Hilfe beim Finden der vielen | |||
fremden Orte, die zum Großteil noch bestehen. | |||
Erwin Fitz half mir beim Entziffern von militärischen Fachbegriffen. Z.B. "superarbitriert", d.h. für | |||
dienstuntauglich erklärt. Die Männer wurden instradiert, d.h. in Marsch gesetzt. | |||
Ein paar Details, die mich besonders berührten, möchte ich nun anführen. | |||
Ludwig Hinteregger, geb. 1892, der spätere Bürgermeister, wurde im Dezember 1917 auf dem | |||
Monto Zoma bei Asagio durch ein feindliches Infanteriegeschütz, welches die in seiner Tasche | |||
befindlichen Leuchtpatronen zur Explosion brachte, am linken Hüftgelenk durch den Schuss und | |||
durch Verbrennungen schwer verwundet. | |||
Engelbert Gasser, geb. 1884 ereilte bereits am 21. August 1914, bei einem großen Gefechte bei | |||
Dunajov das schwere Los der Gefangennahme, das er durch 4 ½ Jahre Heroismus ertrug. Er kam | |||
in verschiedene Lager in Sibirien. Im Mai 1919 meldete er sich mit einigen Südtirolern bei der | |||
italienischen Mission, welche in Omsk (Sibirien) stationiert war. Diese Mission hatte die Aufgabe | |||
die gefangenen Südtiroler, welche durch die Abtrennung Südtirols von Österreich italienische | |||
Staatsangehörige geworden waren, in ihre Heimat zu befördern. Gasser meldete sich unter | |||
falschen Angaben gleichfalls als Südtiroler. Am 22. Februar 1920 wurde Gasser mit Südtirolern an | |||
Bord von 3 japanischen Kriegsschiffen genommen. Die Fahrt ging von Wladiwostok über | |||
Shanghai, Singapur, Colombo, Aden, Port Said durch den Suezkanal ins mittelländische Meer | |||
nach Triest. Die Fahrt dauerte 49 Tage. | |||
Alois Klocker, geb. 1884 war in mehreren Gefangenenlagern, machte Fluchtversuche und wurde | |||
vor einem Kriegsgericht verhört. Er bekam nur das Sechsjährige Dienstkreuz. Andere | |||
Auszeichnungen hat er nicht erhalten, da er in russischer Gefangenschaft war. | |||
Der Bericht von Alois Stadelmann, geb. 1872 tanzt zeitlich aus der Reihe. | |||
Verschiedene Umstände machten 1878 ein bewaffnetes Einschreiten in Bosnien und Herzegowina | |||
durch Österreich-Ungarn notwendig. Dadurch kam es begreiflicherweise zu harten | |||
Zusammenstößen mit muselmanischen Banden und bosnischen Insurgenten (Aufständischen). | |||
Der Kaiserjäger Stadelmann nahm von Mai bis Dezember 1878 an verschiedenen Gefechten teil. | |||
Nach seinen Schilderungen sollen die Insurgenten die Gefangenen grausam massakriert und | |||
verstümmelt haben. Die Verpflegung soll sehr oft mangelhaft gewesen sein. Er kehrte gesund und | |||
wohlbehalten in seine Heimat zurück. | |||
Zwei Wolfurter aus einem Zeitungsbericht vom 6. Juli 1915 möchte ich noch erwähnen, obwohl sie | |||
im Buch nicht vorkommen. | |||
Kaiserjäger Leonhard Künz wurde mit der Goldenen Tapferkeitsmedaille ausgezeichnet. Erzherzog | |||
Josef Ferdinand habe sie ihm persönlich angeheftet. Künz habe allein 103 Russen gefangen. | |||
Dr. Lorenz Böhler wurde mit dem Ritterkreuz des Franz-Josefs-Ordens ausgezeichnet. Weil nach | |||
Durchschüssen die Beine verkürzt waren, experimentierte er mit Knochennagelungen. Davon | |||
profitieren wir noch heute. Seine Nichte schrieb seine interessante Biografie "Die Geschichte eines | |||
Erfolges". | |||
Für einen Soldaten war es oft Glück im Unglück, wenn er erkrankte oder verwundet wurde. So | |||
konnte mancher der Gefangenschaft entkommen. | |||
Die Kriegsteilnehmer erhielten verschiedene Auszeichnungen: | |||
Karl Truppenkreuz, Goldenes Verdienstkreuz am Bande, Silberne oder Bronzene | |||
Tapferkeitsmedaille, Eisernes Verdienstkreuz mit der Krone, Verwundetenmedaille, | |||
Jubiläumskreuz am weißen Bande, Sechsjähriges Verdienstkreuz u.a. | |||
Für mich war es eine große Bereicherung, dieses Buch zu studieren. | |||
:Bregenz, 27. April 2024 | |||
:Renate Heim | |||
== Eduard Köb sen == | == Eduard Köb sen == |
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