Sterbeverfügungsgesetz
Mit dem Sterbeverfügungsgesetz (StVfG) wird die Sterbehilfe und die Errichtung einer Sterbeverfügung in einem eng begrenzten Rahmen in Österreich seit 2022 ermöglicht.
Geschichte
Bis 2021 lehnten die meisten politischen Parteien, die Gesetzgebung in Österreich und der Verfassungsgerichtshof die Sterbehilfe generell ab.[1]
Die Sterbehilfe in der vorliegenden Form wurde aufgrund eines Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) vom 11. Dezember 2020 ermöglicht.[2][3][4][5] Gemäß diesem VfGH-Erkenntnis ergibt sich eine wesentliche Pflicht des österreichischen Staates aus Artikel 63 Abs. 1 des Staatsvertrages von Saint-Germain, den Schutz von Leben und Freiheit zu gewährleisten. Dies sei durch mehrere grundrechtliche Gewährleistungen konkretisiert worden, nämlich insbesondere durch das Recht auf Privatleben gemäß Artikel 8 EMRK und das Recht auf Leben gemäß Artikel 2 EMRK sowie den Gleichheitsgrundsatz gemäß Artikel 2 StGG und Artikel 7 Abs. 1 B-VG. Aus diesen Bestimmungen folge auch das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf freie Selbstbestimmung. Dieses Recht auf freie Selbstbestimmung umfasse sowohl das Recht auf die Gestaltung des eigenen Lebens als auch das Recht auf ein menschenwürdiges Sterben.
Der österreichische Nationalrat nahm am 16. Dezember 2021 eine Regelung der Beihilfe zum Suizid für dauerhaft schwerkranke oder unheilbar kranke Erwachsene an[6], die zum 1. Jänner 2022 als sogenanntes Sterbeverfügungsgesetz (StVfG[7]) in Kraft gesetzt wurde (§ 14 StVfG), wodurch nun ein gesicherter, eng geregelter Rahmen für die Leistung und Inanspruchnahme von Assistenz beim Suizid vorhanden ist.[8]
Die Sterbehilfe ist unabhängig von dieser geänderten Rechtsprechung und einem dazu legitimierenden Bundesgesetz bis heute in Österreich umstritten, wobei jedoch keine intensive öffentliche Diskussion dazu stattfindet.
Inhalt
Rechtlich verbindliche und legale Sterbeverfügungen können in Österreich ausschließlich nach diesem Bundesgesetz errichtet werden (§ 1 StVfG) und auch die Beteiligung an einem Sterbevorgang ist nur dann straflos, wenn diese nach diesem Bundesgesetz erfolgt. Das StVfG besteht aus 15 Paragraphen:
- 1. Abschnitt (Allgemeine Bestimmungen)
- § 1 (Anwendungsbereich, Zweck)
- § 2 (Freiwilligkeit der Mitwirkung, Benachteiligungsverbot)
- § 3 (Begriffsbestimmungen)
- § 4 (Höchstpersönlichkeit)
- 2. Abschnitt (Sterbeverfügung)
- § 5 (Inhalt)
- § 6 (Voraussetzungen)
- § 7 (Aufklärung)
- § 8 (Errichtung)
- § 9 (Dokumentation und Sterbeverfügungsregister)
- § 10 (Unwirksamkeit, Widerrufbarkeit)
- § 11 (Präparat)
- § 12 (Werbeverbot und Verbot wirtschaftlicher Vorteile)
- § 13 (Verwaltungsstrafbestimmung)
- 3. Abschnitt (Schlussbestimmungen)
- § 14 (Inkrafttreten)
- § 15 (Vollziehung)
Literatur
- Sterbeverfügung - Leitfaden für die Praxis, Webseite: sozialministerium.at.
Einzelnachweise
- ↑ Siehe z. B. Erkenntnis: E1477/2015, Verweigerung der Gründung des Errichtung des Vereins "Letzte Hilfe – Verein für selbstbestimmtes Sterben" sei verfassungskonform.
- ↑ G139/2019 (G139/2019-71).
- ↑ Es ist verfassungswidrig, jede Art der Hilfe zur Selbsttötung ausnahmslos zu verbieten, Webseite: vfgh.gv.at vom 11. Dezember 2020.
- ↑ G 139/2019, Webseite: vfgh.gv.at vom 11. Dezember 2020.
- ↑ Benedikt Kommenda: Höchstgericht entscheidet: Hilfe beim Suizid wird erlaubt, Webseite: DiePresse.com vom 11. Dezember 2021.
- ↑ Österreich legalisiert Suizidbeihilfe, Webseite: aerzteblatt.de vom 17. Dezember 2021.
- ↑ Bundesgesetz über die Errichtung von Sterbeverfügungen (Sterbeverfügungsgesetz – StVfG), BGBl. I Nr. 242/2021
- ↑ Sterbeverfügung, Webseite: aektirol.at, abgerufen am 11. Juli 2024.
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