Walter Enzinger
Walter Enzinger (* 11. Juli 1944 in Gföhl, Niederösterreich) ist Justizbeamter, Unternehmer und regionaler Heimatforscher, sowie Funktionär in zahlreichen Institutionen.
Leben
Walter Enzinger wurde als zweites Kind von Anton Enzinger und Antonia Huber in Gföhl geboren. Er besuchte von 1950 bis 1958 die Volks- und Hauptschule in Gföhl. Im Jahr 1962 machte er die Konzessionsprüfung für das Gewerbe Sodawasser- und Limonadenerzeugung. Nach dem Präsenzdienst wurde er Justizbeamter bei den Bezirksgerichten in Gföhl, Krems an der Donau, Langenlois und Kirchberg am Wechsel. Im Jahr 2002 ging er als in Pension.
Vom Jahr 1965 bis 2012 war auch als Sodawasser- und Limonadenerzeuger mit Getränkehandel selbständig.
Daneben beschäftigt er sich aber bis heute Jahrzehnten mit Kultur- und Lokalgeschichte.
Privat ist er mit Hermine geborene Leirer verheiratet, mit der er drei Töchter und eine Sohn hat.
Kulturpolitisches und lokalhistorisches Engagement
Walter Enzinger bringt sich seit den 1980ern in kulturpolitischen und lokalhistorischen Bereichen in der Stadtgemeinde Gföhl und Jaidhof mit besonderem Engagement ein. Auch die Umwelt ist für ihn ein wichtiges Thema in seinem globalen Denken.
Als Gründungsmitglied des Gföhler Tennisclub war er im Jahre 1973 Initiator und führte den Club vorerst als Schriftführer und danach als Obmann.
Durch sein fotografisches Talent fertigte er schon in frühen Jahren Filme an, die wichtige Zeitzeugnisse darstellen. Dieses Betätigungsfeld mündete in mehrere audiovisuelle Bildpräsentationen in die Schaffung des „Gföhler Fotoarchivs“, das durch jahrelanges Fotografieren und Sammeln von Bildmaterial auch die Grundlage für die verschiedensten lokalhistorischen Büchern bildete.
Sein lokalhistorisches Engagement begann 1979 im Bildungs- und Heimatwerk als Redakteur und Mitverfasser des „Heimatbuches Gföhl“ - erschienen 1982 zur 800-Jahr Feier. Bereits 1981 gab er sein erstes Buch, „Gföhl in alten Ansichten“, heraus, dem noch viele folgen sollten. Die „Gföhler Sonderpostmarke 1982“, das „Sonderpostamt in Gföhl“, der „Ballonstart von Pro-Juventute mit Postbeförderung“ und die Ausstellung „Gföhl in Dokumenten und Bildern“ bildeten die Grundlage der „800-Jahr Feier“ im Jahre 1982, deren Initiator er war.
Seit 1986 war er Redakteur des „Gföhlerwald-Kulturspiegels“, seitdem 82 Ausgaben gemeindeübergreifend für alle Haushalte der Gemeinden Gföhl und Jaidhof verfasst wurden.
Aufgrund seiner Entdeckung und Veröffentlichung der Gföhler Richtstätte im Heimatbuch Jaidhof - im Beitrag „ Das Landgericht Gföhl und sein Galgenberg“ - wurde der Richtplatz 2015 und 2016 ausgegraben und einer archäologischen Untersuchung unterzogen. Der Gföhler Richtplatz auf dem Galgenriedl kann als einziger in Niederösterreich als komplett archäologisch untersucht gelten.
Die Historik auf lokaler Ebene in allen möglichen Fassetten bildet den Schwerpunkt in seinen Arbeiten. Ein Großteil der Sammlung besteht aus Fotos, die auch digital und in Negativen archiviert sind. Er war auch Initiator und Textverfasser der Legendentafeln für viele geschichtsträchtige Häuser in Gföhl.
Seit 1960 versorgt er als begeisterter und erfolgreicher Imker mit seinem Lagenhonig und Produkten wie Propolis und Perga viele treue Kunden und in einigen Geschäften. Für die Fachzeitschaft des Österreichischen Imkerbundes verfasste er einige Beiträge über das Bannwabenverfahren und die Einfütterung.
Walter Enzinger beschäftigte sich schon früh – seit 1994 – mit der Windenergie. Zu dieser Zeit war der behördliche Weg noch nicht gegeben, doch mit Ausdauer brachte er schon 1996 eine Windkraftanlage mit 250 kW zur Aufstellung[1]. Er gilt als Vorkämpfer und Wegbereiter auf diesem Gebiet und erhielt den „Rotary Umweltpreis 1997“ des Rotary Distrikts 1910 - Rotary International.
Erwähnenswert ist noch die intensive Beschäftigung mit seinen Ahnen. Zwölf Generationen zurück erforschte er seine Vorfahren, wobei in der neunten Generation sechs Brüder um 1685 von Hollenstein an der Ybbs nach Gföhl zogen. Bei diesem Unterfangen konnte er u.a. sämtliche Enzinger des Waldviertels, die seit dieser Zeit hier gelebt haben, seiner Stammliste zuordnen. 2008 mündete seine Ahnenforschung in ein Buch mit dem Titel „Familiengeschichte Enzinger“.
Der von allen Heimatforschern in Gföhl lange gesuchte „Öde Sitz“ konnte eindeutig identifiziert werden. Als Gföhler Heimatforscher freut es ihn ganz besonders, dass nach der Entdeckung der Richtstätte und des Galgenberges der Herrschaft Gföhl zu Jaidhof im Jahre 1991, nun auch im Jahre 2021 die Erforschung der Hausberganlage mit der Entdeckung des Restes eines Eckturmes aus dem 10. Jahrhundert gelungen ist. Eine Sensation bedeutet wohl die Lokalisierung der einst bestehenden und zum Hausberg gehörenden Burg oder Edelmannsitz in Gföhl. Abschließend kann gesagt werden, dass Walter Enzinger in öffentlichen und politischen Belangen Vordenker und Vorreiter ist. Er hat sich immer animativ eingebracht und das Gemeindeleben aktiv mitgestaltet. Durch sein jahrzehntelanges Wirken und seinem persönlichen Einsatz, vor allem im lokalhistorisch und kulturellen Bereich, hat er sich außerordentlich verdienstvoll gemacht und ist mit seinem Heimatort Gföhl verbunden wie kein Anderer.
Ausstellungen
In seinem heimatkundlichen Engagement kuratierte er zahlreiche Ausstellungen:
- „Gföhl in Dokumenten und Bildern“ anlässlich 800-Jahr Feier (1982)
- Vernissage und Ausstellung „Siglinde Layr“ (1991)
- ‘“Herbert Preyer - Ölbilder und Aquarelle“ (1995)
- „Gföhl in alten Ansichten“ - Fotoausstellung in der „Alten Schmiede“ (Scheichl) (1996)
- „Arbeit und Wohltun - Die Familie Gutmann in der ausgehenden Monarchie und in der Republik“ - Schloss Jaidhof (1997)
- „Kultureller Herbst im Gföhlerwald“ - Veranstaltungsreihen (1997 und 1998)
- „Bilder unserer Landschaft“ - anlässlich des Stadtfestes (2000)
- „Seinerzeit - unsere Zeit - Gföhl, die letzten 50 Jahre - Alltägliches und Außergewöhnliches aus fünf Jahrzehnten“ - 1500 BesucherInnen bei einer besonders sehenswerten Ausstellung2001
- „Leopold Figl und Gföhl - Zum 100. Geburtstag des großen Österreichers“ (2002)
- Vernissage „Gföhler Menschenbilder“ im Stadtsaal: Walter Enzinger fotografierte 1989 50 Gföhler und Gföhlerinnen. Im Großformat werden Schwarz/Weiß-Fotos präsentiert, bei denen Erich Rupp am Klavier jedem Foto eine Melodie widmet. (2017)
Organisation und Gestaltung anderer hervorhebenswerter Projekte
Enzinger war über viele Jahre lang auch an der Organisation und Gestaltung verschiedener Projekte beteiligt.
- 1979-1982: Initiator und Mitorganisator der 800-Jahr Feier in Gföhl
- 1989: „Qualtinger-Abend“ mit hervorragenden Interpreten
- 1990: „NÖ Heimatforschertagung 1990“ mit dem Thema „Heimat und Regionalforschung in NÖ, Gestern - Heute - Morgen“
- 1991: „H.C. Artmann“ - Lesung des zeitgenössischen Dichters in Gföhl
- 1992: „Chancen und Gefahren - Österreich in der EG“ - Vortrag von Paul Schulmeister
- 1993: „Wiener Sängerknaben“ - Konzert in der Pfarrkirche Gföhl
- 1994: „Gföhler Filmtage“ - Wertvolle alte Kinofilme im Gföhler Kino und interessante Filme über Gföhl und den Bewohnern
- 1994: Texterfassung für Legendentafeln geschichtsträchtiger Häuser von Gföhl
- 1995: Auflage des ersten Stadtplanes von Gföhl
- 1995: Initiator des Bodmershof-Denkmals in Gföhl
- 1996: „Heimat die ich sehe - Unsere Bundeshymne im Bild“ - Initiator und Durchführung des Fotowettbewerbes anlässlich „90 Jahre BhW NÖ“
- 2004: Fotogalerie aller Bürgermeister, Gföhler Pfarrer und Feuerwehrkommandanten
- 2006: „Brunnen in Gföhl“, Bestandaufnahme aller genutzten, nicht genutzten und zugeschütteten Brunnen in Gföhl
- 2009: Gestaltung des „Gföhler Kirchenführers“
- 2011: „Buddhismus in Gföhl?“ – Ein neutraler Überblick über den Buddhismus und einer Fragestellung über einen Bau eines Stupa in Gföhl
- 2013: „30 Jahre Gföhlerwald-Kulturspiegel“ – „Das Alte Rathaus in Gföhl“, Ein geschichtlicher und baugeschichtlicher Abriss des repräsentativen Turmhofes aus dem 14. Jahrhundert
Publikationen
- „Gföhl in alten Ansichten“, 1981, 64 S., 60 Abb.
- „Heimatbuch Gföhl“ - Redaktion und Mitverfasser, 1982, 635 S [2]
- „Bildstöcke und Kreuze um Gföhl“, 1985, 72 S.
- „Das neue Rathaus in Gföhl“, 1987, 64 S.
- „Bomben auf Reittern“, 1988, 76 S.
- Ein altes Postfräulein erinnert sich, 1989, 66 S.
- Die Gföhler Familiennamen, 1990, 582 S.
- Heimatbuch Jaidhof, 1992, 582 S.[3]
- Die Feuerwehren der Gemeinde Gföhl, 1993, 312 S.
- Dorfbuch Reittern, 1996, 240 S.
- Raiffeisenbank Zwettl - Chronik eines Erfolges, 1996
- Gföhl - Jaidhof in Wort und Bild, 1998, 220 S.
- Heimatbuch der Pfarre Rastbach, 1998, 432 S.
- Pfarrbuch Gföhl, 2003, 432 S.[4]
- Familiengeschichte Enzinger, 2008, 313 S.
- Waldämter der Herrschaft Gföhl zu Jaidhof, 2012, 332 S.
- Sport mit Freunden – Die Turnergruppe Gföhl, 114 S.
- Gföhler Menschenbilder 2017
- Gföhl, Gassen - Straßen - Plätze - Der Hausberg - Die Burg, 2021 m 160 S.[5]
Filmografie
Enzinger fertigte zahlreiche Film und Bilddokumenationen auf Super 8 mm Tonfilmen an:
- „Tennis 74“ - Werden und Entstehen des Gföhler Tennisclubs und der Tennisanlage mit vier Plätzen (1974)
- „Mit Dampf durchs Waldviertel“ - 75 Jahre Thayatalbahn - Jubiläumsfahrt (1978)
- „Mein Hobby - die Bienen“ (1979)
- „Gföhl im Kirchenjahr“ - Kirchliche Ereignisse im Laufe des Kirchenjahres (1979)
- „Die Feuerwehr in Gföhl“ - Die Geschichte der Gföhler Feuerwehr bis hin zu Bränden und markanten technischen Einsätzen (1991)
- „Bilder unserer Stadt“ und „Bilder unserer Kirche“ - Vertonte Bildershows (2004)
- „Gföhler Menschenbilder“ - Vertonte Bildershow (2017)
Mitgliedschaft und Funktionen
Außer seinem Brotberuf und seiner Autorentätigkeit, war und ist er Mitglied noch in zahlreichen Vereinen und privaten Einrichtungen Mitglied und führt dort auch teilweise auch Funktionen aus:
- Gföhler Kirchenchor (1960-1992)
- Gföhler Imkerverein (seit 1964) und Kremser Imkerverein (seit 2013)
- Freiwillige Feuerwehr Gföhl (seit 1962)
- Schriftführer des Fremdenverkehrsausschusses der Gemeinde Gföhl (1969-1974)
- Kassier und Schriftführer der Turnergruppe Gföhl (seit 1972)
- Tennisclub Gföhl - (seit 1973, anfangs Schriftführer, dann Obm.-Stellv. und Obmann, Aufbau des Vereines mit vier Tennisplätzen)
- BhW Gföhl (seit 1993 Leiter; 1978-2014)
- Gesang- und Orchesterverein Gföhl 1979-1992
- Kantor in der Pfarre Gföhl (seit 1994)
- „Jour fixe“ - Gföhler Kulturkreis (Leiter 1986-2013)
- Redakteur des „Gföhlerwald-Kulturspiegels“ (1986-2014)
- „Dorf- und (später) Stadterneuerungsvereines Gföhl“ (1988-2007)
- Vorstandsmitglied der Raiffeisenbank Region Waldviertel Mitte (1993-2015)
Auszeichnungen
- Silberne Ehrennadel der NÖ Wirtschaftskammer NÖ (1994)
- Rotary Umweltpreis 1997 - Rotary Distrikt 1910 , Rotary International als Vorkämpfer und Wegbereiter für Windenergieanlagen (1997)
- Goldenes Ehrenzeichen für Verdienste um die Bienenzucht vom NÖ Imkerverband (2013)
- Ehrenzeichen für 60-jährige Tätigkeit im Feuerwehr- und Rettungswesen (2023)
Einzelnachweise
- ↑ Windkraftanlagen in Niederösterreich und ihre Auswirkungen auf die Kulturlandschaft von 2016 abgerufen am 24. Juli 2025
- ↑ 800 Jahre Gföhl : Heimatbuch. [Hrsg.: Bildungswerk Gföhl. Schriftl.: J. A. Wurzer von Wurzer, Johann A. (Herausgeber):: gebundene Ausgabe (1982) | Antiquarische Fundgrube e.U.] Abgerufen am 1. Juli 2025.
- ↑ https://www.ipac.bka.gv.at/katalog/hhs/m001/z003/h068/i0026732.pdf
- ↑ https://www.zvab.com/neue-Rathaus-Gf%C3%B6hl-alte-Edhoferhaus-Walter/32049674123/bd
- ↑ https://www.noen.at/krems/buchpraesentation-geschichte-der-stadt-gfoehl-burg-lokalisiert-gfoehl-buchpraesentation-historiker-print-308798268