Zur Blauen Flasche (Ottakring)

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Zur Blauen Flasche war der Name eines der ältesten Gasthäuser im ehemaligen Wiener Vorort Neulerchenfeld, im Bereich des heutigen Ottakrings an der Adresse Neulerchenfelder Straße 14.

Das Gasthaus, das neben der Bretze zu den bekanntesten zählte, bestand seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Besitzer waren zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Familie Rohrbacher. In der Zeit zwischen 1830 und 1848, dem Revolutionsjahr, konzertierte hier auch Johann Strauss (Vater). In den Jahren nach 1850, als der alte Valentin das Haus von Rohrbacher erwarb, war der Dichter Ferdinand Sauter Stammgast, der auch ein Lobgedicht auf das Lokal schrieb. In den Annalen finden sich auch die beiden Volkssänger Ignaz Nagel (1831-1872) und Anton Amon (1833-1896)), die hier am 17. Februar 1862 erstmals in Neulerchenfeld auftraten. In den 1860er und 1870er Jahren zählte neben zahlreichen Beamten und Journalisten auch der Dichter Friedrich Schlögl (1821-1892) zu den Stammgästen. Bekannt ist auch der Professorentisch, an dem sich unter anderem der Mediziner Josef von Škoda oder der Pathologe Carl von Rokitansky trafen. Auch das Komitee des ersten Lumpenballs konstituierte sich hier im Jahr 1872.

Der "Schlager" des Faschings 1887 war Carl Schmitters "Das is´n Weana sein Schan" mit der Musik von Theodor Schild. Schmitter, einer der besten Stehgreifdichter und Sänger seiner Zeit, soll dieses Heurigenlied bei der "Blauen Flasche" in Neulerchenfeld bei einem Beinfleisch mit Semmelkren auf die Rückseite des Speisezettels "hing´haut" haben.

Mit 1. Jänner 1890 wurde Neulerchenfeld gemeinsam mit Ottakring in Wien eingemeindet und wurden der neue Bezirk Ottakring. In den Aufzeichnungen findet man auch eine Gedenkfeier zum 100. Geburtstag von Sauter, wo sich auch die Sauter-Gesllschaft gründete und in der Folge ihren Sitz im Klubzimmer des Lokals hatte.

Im Jahr 1913 wurde im ehemaligen Gastsaal des Blaue Flaschen Kino eröffnet. Es war bis 1922 in Betrieb.

In der Zwischenkriegszeit kam das Lokal in den Besitz der Familie Thumser, die bereits seit der Jahrhundertwende eine Tanzschule in Wien betrieb. Diese Tanzschule wurde später literarisch auch im G'schupften Ferdl von Gerhard Bronner erwähnt:

„... weil beim Thumser drauß'd in Neulerchenfeld / is Perfektion ...“

Ausschnitt aus dem G'schupften Ferdl

Literatur

  • Hans Pemmer: Schriften zur Heimatkunde Wiens. Festgabe zum 80. Geburtstag. Hg. von Hubert Kaut. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1969 (Wiener Schriften, 29), S. 155
  • Karl Ziak: Von der Schmelz auf den Gallitzinberg. 1969, S. 21 ff.
  • Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 4: Profane Topographie nach den 21 Bezirken (2.-21. Bezirk). Wien: Jugend & Volk 1958, S. 393
  • Josef Bergauer: Das klingende Wien. Erinnerungsstätten berühmter Tondichter. Wien: Günther 1946, S. 142
  • Otto Pfeiffer: Ferdinand Sauter. 1926, S. 47 ff., S. 283f.
  • Johann König: Rund um den Gallitzinberg.Historische und heitere Geschichten aus Ottakring-Neulerchenfeld. 1924, S. 256 ff.
  • Ottakring. Ein Heimatbuch des 16. Wiener Gemeindebezirkes. Hg. von der Arbeitsgemeinschaft für Heimatkunde in Ottakring. Wien: Schulbücherverlag 1924, S. 238 ff.
  • Gerhard Robert Walter von Coeckelberghe-Dützele: Curiositäten- und Memorabilien-Lexicon von Wien. Ein belehrendes und unterhaltendes Nachschlag- und Lesebuch in anekdotischer, artistischer, biographischer, geschichtlicher, legendarischer, pittoresker, romantischer und topographischer Beziehung. Band 1. Wien: [o. V.] 1846, S. 226 f. Google Digitalisat 1. Bd.
  • Margarethe Egger: Die Schrammeln in ihrer Zeit, Österreichischer Bundesverlag, 1989, S. 157

Weblinks

48.2110816.337039Koordinaten: 48° 12′ 40″ N, 16° 20′ 13″ O