Beethoven in Jedlesee: Unterschied zwischen den Versionen
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Die in Deutschwestungarn, dem heutigen Burgenland, ansässige Gräfin [[w:Marie von Erdődy|Anna Maria von Erdödy]] (1779 – 1837) erwarb 1809 ein Landgut in Jedlesee, das die musikbegeisterte Landadelige zu einem Zentrum der kulturellen Begegnung machte. Hier sind mehrere Aufenthalte Beethovens verbürgt, vor allem in den Jahren 1815 und 1816. Unter Leitung des Komponisten fanden Hausmusikabende statt. Über einen der früheren Besuche Beethoven auf dem Landgut der Gräfin hat Beethovens Sekretär Anton Schindler berichtet, er habe sich im weitläufigen Garten des Anwesens versteckt und sei erst am dritten Tage von Erdödys Musiklehrer Josef Brauchle gefunden worden. Erst nach Jahren ist diese Begebenheit bekannt geworden, und man knüpfte laut Schindler „die Vermutung daran, es sei des Unglücklichen Absicht gewesen, sich durch Erhungern den Tod zu geben“. Vermutetes Motiv: Liebeskummer. Dies wird heute als unrealistisch eingeschätzt. Der US-amerikanische Musikproduzent und | Die in Deutschwestungarn, dem heutigen Burgenland, ansässige Gräfin [[w:Marie von Erdődy|Anna Maria von Erdödy]] (1779 – 1837) erwarb 1809 ein Landgut in Jedlesee, das die musikbegeisterte Landadelige zu einem Zentrum der kulturellen Begegnung machte. Hier sind mehrere Aufenthalte Beethovens verbürgt, vor allem in den Jahren 1815 und 1816. Unter Leitung des Komponisten fanden Hausmusikabende statt. Über einen der früheren Besuche Beethoven auf dem Landgut der Gräfin hat Beethovens Sekretär Anton Schindler berichtet, er habe sich im weitläufigen Garten des Anwesens versteckt und sei erst am dritten Tage von Erdödys Musiklehrer Josef Brauchle gefunden worden. Erst nach Jahren ist diese Begebenheit bekannt geworden, und man knüpfte laut Schindler „die Vermutung daran, es sei des Unglücklichen Absicht gewesen, sich durch Erhungern den Tod zu geben“. Vermutetes Motiv: Liebeskummer. Dies wird heute als unrealistisch eingeschätzt. Der US-amerikanische Musikproduzent und Musikwissenschafter [[w:Maynard Solomon|Maynard Solomon]], der auch mehrere Aufsätze über Psychoanalyse verfasste, datiert die Begebenheit in das Jahr 1813. Solomon erregte 1972 auch Aufsehen mit einer Hypothese zur Identifizierung von Beethovens „Unsterblicher Geliebten“. | ||
Die Freundschaft zwischen Beethoven und Gräfin Erdödy fand auch im Werk des Komponisten seinen Niederschlag. Er widmete seiner Freundin und Gönnerin mehrere Werke, unter anderem das unter dem Namen „[[w:Klaviertrio op. 70,1 (Beethoven)|Geistertrio]]“ bekannt gewordene erste der beiden Klaviertrios Opus 70 aus dem Jahr 1808. | Die Freundschaft zwischen Beethoven und Gräfin Erdödy fand auch im Werk des Komponisten seinen Niederschlag. Er widmete seiner Freundin und Gönnerin mehrere Werke, unter anderem das unter dem Namen „[[w:Klaviertrio op. 70,1 (Beethoven)|Geistertrio]]“ bekannt gewordene erste der beiden Klaviertrios Opus 70 aus dem Jahr 1808. |
Version vom 20. Februar 2024, 11:13 Uhr
Ludwig van Beethoven (getauft 17. Dezember 1770 in Bonn, Kurköln; † 26. März 1827 in Wien) gilt als der Komponist, der die Musik der Wiener Klassik zu ihrer höchsten Entwicklung geführt und der Romantik den Weg bereitet hat. Mit Jedlesee, dem ältesten Teil des heutigen 21. Bezirks, verband Beethoven eine sehr enge Beziehung. Dem Rechnung tragend steht in Jedlesee die einzige Beethovengedenkstätte nördlich der Donau in Wien
Gräfin Erdödy
Die in Deutschwestungarn, dem heutigen Burgenland, ansässige Gräfin Anna Maria von Erdödy (1779 – 1837) erwarb 1809 ein Landgut in Jedlesee, das die musikbegeisterte Landadelige zu einem Zentrum der kulturellen Begegnung machte. Hier sind mehrere Aufenthalte Beethovens verbürgt, vor allem in den Jahren 1815 und 1816. Unter Leitung des Komponisten fanden Hausmusikabende statt. Über einen der früheren Besuche Beethoven auf dem Landgut der Gräfin hat Beethovens Sekretär Anton Schindler berichtet, er habe sich im weitläufigen Garten des Anwesens versteckt und sei erst am dritten Tage von Erdödys Musiklehrer Josef Brauchle gefunden worden. Erst nach Jahren ist diese Begebenheit bekannt geworden, und man knüpfte laut Schindler „die Vermutung daran, es sei des Unglücklichen Absicht gewesen, sich durch Erhungern den Tod zu geben“. Vermutetes Motiv: Liebeskummer. Dies wird heute als unrealistisch eingeschätzt. Der US-amerikanische Musikproduzent und Musikwissenschafter Maynard Solomon, der auch mehrere Aufsätze über Psychoanalyse verfasste, datiert die Begebenheit in das Jahr 1813. Solomon erregte 1972 auch Aufsehen mit einer Hypothese zur Identifizierung von Beethovens „Unsterblicher Geliebten“.
Die Freundschaft zwischen Beethoven und Gräfin Erdödy fand auch im Werk des Komponisten seinen Niederschlag. Er widmete seiner Freundin und Gönnerin mehrere Werke, unter anderem das unter dem Namen „Geistertrio“ bekannt gewordene erste der beiden Klaviertrios Opus 70 aus dem Jahr 1808.
Der Weg Beethovens nach Jedlesee führte jeweils über die Donau, meist von Nussdorf oder Heiligenstadt aus, wobei er eine Überfuhr nutzte. Beethoven-Kenner nehmen an, dass etliche Werke des Tondichters im Erdödy-Landhaus erdacht und dort uraufgeführt worden sind.
Maria Erdödy musste später wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten Wien und Jedlesee verlassen, zog in ihre Geburtsheimat Kroatien. Von dort wurde sie vertrieben und starb 1837 verarmt in München.
Mäzene vermitteln
Über das Verhältnis zwischen Beethoven und Gräfin Erdödy ist viel gerätselt worden. Jedenfalls ist es ihr zu verdanken, dass der Komponist nicht ein Angebot an den Hof des Napoleon-Bruders Jerome Bonaparte nach Kassel annahm. Beethoven hatte sich mit seinem wichtigsten Mäzen, dem Fürsten Lichnowsky, zerstritten. Dieser stellte spätestens 1807 die bisher regelmäßigen Zahlungen an Beethoven ein. Der Komponist war gewillt, das Angebot nach Hessen anzunehmen, zumal sein Ansuchen um Anstellung bei der kaiserlichen Hoftheaterdirektion abgelehnt worden war. Durch die Initiative Maria Erdödys unter anderem ist es gelungen, Beethoven in Wien zu halten.
Am 1. März 1809 sicherten Erzherzog Rudolph, dem Bruder von Kaiser Franz I. sowie Kardinal und Fürsterzbischof von Olmütz, Fürst Franz Joseph Lobkowitz und Fürst Ferdinand von Kinsky per Dekret ein festes jährliches Gehalt zu, unter der einzigen Bedingung, dass Beethoven in Wien bleibt. Dieser Rentenvertrag wurde aber infolge der Kriegswirren stark entwertet, die Mäzene kämpften mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Beethoven sah sich gezwungen, die Fortsetzung der Zahlungen bei Gericht einzuklagen.
Erdödy-Schlösschen
Das einstöckige Gebäude wurde 1809 von Gräfin Erdödy erworben. Nach einem Brand im Jahr 1863 wurde das Stockwerk vernichtet und abgetragen. Heute präsentiert sich das ehemalige Landgut ebenerdig. Die gesamte Liegenschaft wurde 2002 durch eine Privatperson erworben, wobei ein Teil des Gebäudes als Beethoven-Gedenkstätte zur Verfügung gestellt wurde. Neben einem Konzertsaal, in dem es regelmäßig Aufführungen und Lesungen gibt, ist ein Museum auf engstem Raum Herzstück der Gedenkstätte. Hier finden sich Autographen des Komponisten und auch eine als Original verifizierte halbe Haarlocke Beethovens. Die zweite Hälfte befindet sich in den USA. Es ist jene Locke, deren Erwerb (gemeinsam mit seinem Freund Ferdinand Sauter) im Tagebuch des Franz v. Hartmann beschrieben ist. Anlässlich des 100. Todestages von Ludwig van Beethoven wurde am 26. März 1927 an der Fassade des Schlösschens eine Gedenktafel enthüllt. Skulpturen des Bildhauers Oskar Icha, die Gräfin sowie den Komponisten darstellend, schmücken ebenfalls die Fassade. Man kann auch eine Hochwassermarke vom 1. März 1830 sehen sowie ein Standbild des Heiligen Florian. Im Hof befindet sich eine Statue des Johannes von Nepomuk. Besichtigung
Literatur
- Maynard Solomon: Beethoven. Biographie, Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 1990, ISBN 3-596-25668-2
- Hans Bankl, Hans Jesserer: Die Krankheiten Ludwig van Beethovens, Wilhelm Maudrich Verlag, Wien 1987
Weblinks
Erdödy-Landgut Jedlesee – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien auf Wikimedia Commons
48.267716.3862Koordinaten: 48° 16′ 4″ N, 16° 23′ 10″ O