Landeskinderheim Perchtoldsdorf-Schwedenstift: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 20. Dezember 2018, 14:02 Uhr
Das NÖ Landeskinderheim Perchtoldsdorf-Schwedenstift war eine Pflege- und Fördereinrichtung von schwerstbehinderten Kindern in Perchtoldsdorf. Nach seiner Übersiedlung in den neuen Komplex in der Perchtoldsdorfer Theresienau wechselte die Einrichtung auch den Namen auf NÖ Pflege- und Förderzentrum Perchtoldsdorf.
Das Schwedenstift, wie es kurz bezeichnet wurde, hatte drei Pflege- und Förderabteilungen mit etwa 30 schwerst-mehrfachbehinderten Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen sowie eine Sozialpädagogische Station mit zwei Gruppen für Kleinkinder. Träger des Heimes war das Bundesland Niederösterreich.
Die Liegenschaft am Leonhardiberg hat eine Größe von 2.600 m².
Da die Landesregierung auch den Versorgungsauftrag der neuen Einrichtung in der Theresienau sieht und die Bezeichnung Schwedenstift ortsgebunden versteht, wurde die neue neue Einrichtung die Bezeichnung NÖ Pflege- und Förderzentrum Perchtoldsdorf benannt.
Frühere Pflegeeinrichtungen
Bereits im 18. Jahrhundert wurde von Wenzel Bernhard Heeger (1740-1807) in der Perchtoldsdorfer Wienerstraße 10 ein Kinderheim betrieben, in dem auch der Sohn Mozarts Carl untergebracht wurde. Heeger wohnte mit seiner Frau ebenfalls in dem Heim. Im Jahr 1860 wurde vom Arzt G. Hendel eine Heilpflege und Erziehungsanstalt für bis zu 18 Kinder errichtet. Der Lehrer Franz Salzlechner, der Vater des späteren Bürgermeisters Franz Salzlechner jun. (1934-1938), errichtete in der Leonhardiberggasse 1905 die Privat- Lehr- und Erziehungsanstalt für schwachsinnige Kinder.[1] Diese Anstalt, die im Sinne der Kenntnisse in der Heilpädagogik aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts geführt wurde, war bis 1921 in Betrieb. Salzlechner war auch international sehr gut vernetzt. Einer seiner Schwerpunkte war neben dem Unterricht auch der Alkoholmissbrauch der Jugendlichen, der auch in der damaligen Zeit ein Problem darstellte, wie zeitgenössische Studien belegen. Die Schüleranzahl der Einrichtung lag zwischen 20 und 40. Diese private Einrichtung wurde durch den niederösterreichischen Landesfonds unterstützt.
Die Heimstätte wurde nach dem Ersten Weltkrieg im Jahr 1918 vom Verein Tagesheimstätte für Kriegskinder und Kriegswaisen mit Hilfe von zahlreichen Kleinspendern aber auch aus Schweden renoviert und erweitert.
Geschichte
Das Kinderheim wurde im Jahr 1921 als Evangelisches Kinderkrankenhaus und Diakonissenkrankenhaus Schwedenstift gegründet.
Durch die schlechte Gesundheits- und Ernährungslage nach dem Krieg wurde die Versorgung der Kinder gegenüber dem Unterricht immer vordringlicher. So wurde 1921 der Betrieb als Schule eingestellt und vom Verein Tagesheimstätte für Kriegskinder und Kriegswaisen übernommen. Auch baulich wurde das ganze etwas erweitert. Diese Vereinstätigkeit wurde mit beträchtlichen Geldspenden aus Schweden betrieben. Der Präsident des Kuratoriums war der Schwede Nils Lago-Enquist. Aus dieser Zeit stammt der Name Schwedenstift.
Bei der Eröffnung am 24. Juni 1921 waren auch der Bundespräsident Michael Hainisch und der schwedische Minister Oskar Ewerlöf, der die schwedischen Hilfsaktionen in Österreich leitete, anwesend. Bürgermeister in Perchtoldsdorf war damals Rudolf Hochmayer. Rektor des Schwedenstifts war der Liesinger Pfarrer Hans Giebner. Ausgelegt wurde das Krankenhaus für 60 Kinder. Die Pflege oblag evangelischen Diakonissinen unter der Leitung einer schwedischen Oberschwester. Für die Evangelische Pfarrgemeinde Perchtoldsdorf wurden bereits ab März 1921 im Betsaal des Stiftes Gottesdienste abgehalten. Auf Grund der großen Anzahl tuberkuloser Erkrankungen bei den Kindern sperrte der der Primar Karl Dietl (1886-1959) den allgemeine Zutritt im Juli wieder. Die Gottesdienst konnten im Betsaal jedoch weitergeführt werden. Dietl führte das Haus bis 1931 und wechselte anschließend in das St. Josef Krankenhaus in Wien und ab 1945 ins Kaiser-Franz-Josef-Spital. Wissenschaftlich aktiv war ab dem Jahr 1928 die Medizinerin Alexandrine Strobl (1900-1988), die eine Schülerin vom Kinderarzt Clemens von Pirquet war.
Zum Schwedenstift gehörte auch das in der Wiener Gasse befindliche Prinz-Carl-Haus, dem späteren Hummelberger. Das Haus das früher der Familie Rosental gehörte, diente ca. 30 Kinder als Genesungsheim unter der Leitung der Schwester von Pfarrer Giebner als Oberschwester über drei weitere Schwestern. Dieses Heim wurde jedoch als Folge fehlender Standards geschlossen.
Als Gebäude diente die vorerst von Salzlechner stammende Villa, die erstmals schon Anfangs des 20. Jahrhunderts umgebaut wurde. Sie wurde weiter vom Stadtbaumeister Franz Schuhöcker aus Mauer an die neuen Verhältnisse angepasst und adaptiert. So bestand das Schwedenstift nun aus zwei Teilen, dem Stockholm- und dem Smålandhaus, die durch einen neuen Mitteltrakt verbunden wurden. Die Räume innerhalb der Gebäude wurden nach der schwedischen Königsfamilie, wie ein Viktoria- oder Gustavzimmer benannt. Der Landessanitätsrat beschreibt das Schwedenstift im Jahr 1922 als:
„Die Anstalt ist reizend auf ansteigendem Gelände, frei nach Süden und Osten, sonnig und staubfrei gelegen. Besonders günstig für die Krankenzimmer sind die erhöht gelegenen offenen Veranden, welche ihrer Lage zufolge den größten Teil des Tages besonnt sind. In dem zur Anstalt gehörigen großen zum Teile mit Bäumen bepflanzten Hofe ist reichlich Gelegenheit geboten zu Spiel und körperlicher Bewegung. Die Einrichtung des Krankenhauses ist nett und dem Zwecke entsprechend“
Die offizielle Bezeichnung der Einrichtung war Kinderkrankenhaus des evangelischen Vereines Schwedenstift. Dieser Verein war Träger und Eigentümer des Krankenhauses und war auch für den Betrieb verantwortlich. Das Vereinsvermögen wurde im Jahr 1921 mit 25 Kronen angegeben. Die Tagsätze für die Patienten wurden sehr niedrig angesetzt und nur von jenen Familien eingehoben, die sie auch tatsächlich leisten konnten. Dadurch konnte aber der laufende Betrieb nicht gedeckt werden und das Defizit musst durch das Vermögen abgedeckt werden.
Die ärztliche Leitung oblag nach den Vorschriften der Landesregierung einem Doktor der gesamten Heilkunde, der in Österreich beheimatet sein musste. Nach einer öffentlichen Ausschreibung wurde dies der in Perchtoldsdorf ansässige Karl Dietl, der vorher Assistenzart an der Allgemeinen Poliklinik und später auch am Wiener Wilhelminenspital Dienst machte. Im Ersten Weltkrieg hatte er die Leitung eines Infektions- und Tuberkulosespitals in Belgrad über.
Nach dem Zusammenbruch der nordischen Banken musste der Verein Schwedenstift auch den Betrieb einstellen und das Land Niederösterreich übernahm die Einrichtung. Noch bis zum Zweiten Weltkrieg sah man an der Fassade die Darstellung der schwedischen Flagge.
Im Jahr 1939 wurde das Heim in ein Mädchenheim umgewandelt. Meist waren es Mündel im Alter von 4 bis 15 Jahren, die dauerhaft im Heim untergebracht wurden. Die Pfleglinge, wie die Autorinnen Gertrude Langer-Ostrwawsky oder Christine Mitterwendger, des Gau-Jugendheimes wurden 1944 in ein Jugend-Arbeitslager m tschechischen Schönwald evakuiert.
In Perchtoldsdorf wurde durch das NS-Regime eine Kinderübernahme- und Beobachtungsstation eingerichtet, wurde aber bereits in ein Lazarett der Wehrmacht umgewandelt. Im Frühjahr 1945 wurde es durch die Rote Armee besetzt, im Oktober 1945 aber bereits wieder freigegeben.[2]
Danach konnte es wieder nach notdürftigen Reparaturen der Beschädigungen im Oktober 1945 Kinder des Säuglingheimes Baden aufnehmen, im November 1945 kamen die nach Tschagguns evakuierten Kinder mit den Schwestern nach Perchtoldsdorf zurück. Mangels Unterbringsmöglichkeit von kranken Kinder, wurde es in ein Kleinkinderkrankenhaus umgewandelt. Im Jahr 1947 konnte man mit Umbau- und Adaptierungsarbeiten beginnen. Auch eine Liegeterrasse für die Kinder wurde errichtet. Eine Zentralheizung wurde 1948 fertiggestellt, der Mitteltrakt wurde aufgestockt und konnte so 10 Betten mehr aufnehmen.
Das Jahr 1949 bedeutete für das Schwedenstift wieder eine Widmungsänderung. Die kranken Kinder wurden in das Speising in das neu errichtete Haus Göteborg verlegt und das Heim in ein reines Säuglingsheim umgewandelt. Kinder kamen mit ihrem Betreuungspersonen von dem zu gleicher Zeit aufgelassenen Säuglingsheim in St. Andrä vor dem Hagentale, einem Ort in der Gemeinde St. Andrä-Wördern.
Durch den Bau eines Personalwohnhauses ebenfalls in der Leonhardigasse in den frühen 1950er-Jahren konnten bis zu 100 Kinder aufgenommen werden.
Die ärztliche Leitung hatte in den Jahren 1947 bis 1953 Primarius Friedrich Wengraf über. Ihn löste 1954 Erwin Schmuttermeier ab.
In den Jahren 1955 und 1956 wurde von Jugend am Werk ein Berufsvorbereitungskurs für Mädchen abgehalten. 1957 wurde ein Internat für Fürsorgeschülerinnen erreichtet, das aber aus Platzmangel bereits 1959 wieder aufgelassen wurde. Kurze Zeit wurden Kinder sogar im Schloss Liechtenstein in Maria Enzersdorf untergebracht.
Erst in den 1970er Jahren wurde ein starker Belegungsrückgang bemerkbar. So wurde vom Land Niederösterreich ein Sonderkindergarten als Modellcharakter eingerichtet, das NÖ Landes Säuglings- und Kleinkinderheim. Vom Spitalcharakter weg wurden Schlaf-Wohneinheiten eingerichtet. Für zusätzliche Betreuung sorgten Heilgymnastinnen.
Mit den Änderungen in der Jugendwohlfahrt wurde auch eine Änderung in der Struktur des Schwedenstiftes notwendig. Es wurde in ein Pflegeheim umgewandelt. Im Personalwohnheim wurde auf Initiative von Erwin Schmuttermeier, der auch die Leitung des NÖ Landesjugendheimes Hinterbrühl übernahm, ein heilpädagogischer Kindergarten errichtet, da die Belegung mit Säuglingen stark zurückging. Durch laufende Umstrukturierungen und Aufgabenänderungen wurde dieser Heilpädagogische Kindergarten Schwedenstift im Jahr 1984 geschlossen und ein auf ausschließlich für die Kinder im Heim untergebrachten Kinder als Privatsonderkindergarten als eigene Dienststelle des Landes Niederösterreich eröffnet um eine klare Trennung zwischen Lebens- und Förderbereich zu schaffen.
Wurden ursprünglich nur Kinder bis zum dritten Lebensjahr aufgenommen, wurde das im Jahr 1987 auf das vollendete 15. Lebensjahr ausgedehnt.
Im Jahr 1992 übernahm der Lions Club Perchtoldsdorf die Patronanz des Schwedenstiftes. Eine Namensänderung des Heimes erfolgte im Jahr 1993 von NÖ Landes-Säuglingsheim Schwedenstift auf NÖ Landes-Kinderheim Schwedenstift.
Die Pflegeabteilung nahm nur mehr schwerste, immobile Pflegefälle auf, während behinderte Kinder in integrativen Einrichtungen betreut werden. Im Wohnbereich wurden eigene identitätsstiftende Wohngruppen geschaffen. So konnte 1996 in der Stuttgarter Straße mit Hilfe des Lions Clubs eine Wohnung angemietet werden. Eine erste basale Klasse wurde im Schuljahr 1998/99 in der Ambros-Rieder-Schule eingerichtet. Eine zweite folgte 2000/01. In diesen Jahren ist im Pflegebereich eine Vollbelegung von 22 Kindern erreicht.[3]
Zur Erinnerung der Eröffnung wurde im Jahr 1932 der Schwedenweg benannt.[4]
Das Heim befand sich in der Leonhardiberggasse. Da aber an diesem Standort keine Erweiterungsmöglichkeiten mehr vorhanden waren, fand nach längerer Suche, die auch zu Differenzen innerhalb der Bevölkerung führte[5], in der gleichen Gemeinde im Mai 2014 der Spatenstich auf der Judenwiese in der Theresienau an der Gemeindegrenze zu Wien statt.[6] Hier steht eine Fläche von 6.500 m² zur Verfügung.[7] Realisiert wurde das Projekt bis 2016 durch die Architektengruppe Loudon & Habeler.[8] Im November 2014 konnte die Gleichenfeier beim Neubau durchgeführt werden.[9] Es trägt die Adresse wird Ernst-Wolfram-Marboe-Gasse 1 nach dem bekannten Perchtoldsdorfer Ernst Wolfram Marboe.[10]
Am 19. Oktober 2016 konnte das neuerrichtete Pflegeheim eröffnet werden.[11]
Weitere Nutzung
Als weitere Verwendung der Objekte ist ein dreigruppiger Kindergarten der Gemeinde Perchtoldsdorf vorgesehen. Die Gemeinde steht in Verhandlung mit der Landesimmobiliengesellschaft das Areal noch zu kaufen, um hier ein neues Kindergartenzentrum mit bis zu sechs Gruppen zu errichten. Dabei kann auf eine gute Infrastruktur zurückgegriffen werden. Es soll damit das Provisorium des aktuellen Kindergartens im Kulturzentrum abgelöst werden. Es entsteht damit mit den Schulen nahe dem Areal ein neues Bildungszentrum, das Kinder von zweieinhalb Jahren bis 18-jährig umfassen kann.
Die Bezeichnung Schwedenstift, der an das Objekt gebunden ist, soll bei der Anlage beibehalten werden.
Einzelnachweise
- ↑ Gregor Gatscher-Riedl: Vom Schwedenstift zum NÖ Pflege- und Förderzentrum Perchtoldsdorf, Teil 1 und Teil 2 in der NÖN 50/2016 und 51/2016
- ↑ Gregor Gatscher-Riedl: Vom Schwedenstift zum NÖ Pflege- und Förderzentrum Perchtoldsdorf, Teil 4in der NÖN 01/2017
- ↑ Quelle über alles: Die Geschichte des Schwedenstiftes im Archiv der Seite des Landeskinderheimes abgerufen am 9. Mai 2014
- ↑ Straßenlexikon in der Perchtoldsdorfer Rundschau Ausgabe 1-2/2003 abgerufen am 20. März 2015
- ↑ Standort für Schwedenstift gefunden im Kurier vom 5. Dezember 2011 abgerufen am 9. Mai 2014
- ↑ Spaten stehen bereit in der NÖN Woche 18/2014
- ↑ Schwedenstift in die sanfte Entwicklung der Theresienau eingebettet in den Bezirksblättern von 11. Jänner 2012 abgerufen am 9. Mai 2014
- ↑ Fix: Schwedenstift neu in meinbezirk.at vom 24. Mai 2013 abgerufen am 10. Mai 2014
- ↑ Gleichenfeier beim Schwedenstift NEU abgerufen am 9. Dezember 2014
- ↑ Perschtoldsdorfer Rundschau 06-07/2014 - Seite 3 abgerufen am 15. August 2014
- ↑ NÖ Pflege- und Förderzentrum in der Theresienau eröffnet abgerufen am 10. Jänner 2017
Weblinks
Landeskinderheim Perchtoldsdorf-Schwedenstift – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien auf Wikimedia Commons
- Die Kinder vom Schwedenstift auf Ö1 vom 26. März 2010
- Schwedenstift in der Perchtoldsdorfer Rundschau von 2003
48.12058316.262101Koordinaten: 48° 7′ 14″ N, 16° 15′ 44″ O