Jüdische Gemeinde Neufeld an der Leitha

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Die Jüdische Gemeinde Neufeld an der Leitha wurde im Jahr 1648 gegründet und bestand, mit einer Unterbrechung rund um das Jahr 1671, bis 1739 als sie vermutlich durch den Grundherrn Fürst Paul II. Anton Esterházy aufgelöst wurde. [1]

Geschichte der jüdischen Gemeinde

Entstehung der Gemeinde

Franz III. Graf Nádasdy um 1656
Paul II. Anton Esterházy

Die älteste Nennung des Dorfes unter der Bezeichnung Das Neüfeldt, die heute noch eine Riedenbezeichnung ist, fand sich im Hornsteiner Grundbuch von 1624.[2]

Die Gründung der Gemeinde ging auf Franz III. Graf Nádasdy zurück, der ab dem 26. September 1647 einen Beschluss des Ungarischen Reichstages umsetzte. Der Reichstag hatte zuvor in Pressburg die Rückkehr der Grafschaft Hornstein zum Königreich Ungarn beschlossen. Nádasdy vertrieb daraufhin mit seinen Söldnern den Reichsfreiherrn Rudolf von Stotzingen. 1648 wurde Nádasdy vom einem ungarischen Gericht gegen eine Zahlung von 150.000 Gulden an Rudolf von Stotzingen die Herrschaft zugesprochen.

Bereits 1647/1648 dürften auf dem Neufelder Hotter 3 Häuser gestanden sein: Denn so ist zwischen Hornstain und Ebenfurth ein Dorf gestanden, so man aniezo im Werkh wieder zu stiften, gestalten dass bereiths 3 Heüser wider erbauet worden[3]

Der neue Hornsteiner Grundherr Graf Franz III. Nádasdy legte die heutige Siedlung Neufeld in einem Bereich seiner Herrschaft Hornstein an, in dem es eine Siedlung namens Ungerdorf gegeben hatte, die zu einer Wüstung verkommen war. Dieses frühe Neufeld bestand aus einem Kastell, das Nádasdy errichten ließ, einem bäuerlichen Teil und einem Judenstadtl und war als schmales Angerdorf ausgeführt. 1708 erfolgte eine Schätzung des Verkehrswertes der Herrschaft Hornstein. Der dabei angefertigten Aufstellung kann man entnehmen, dass dieses Judenstadtl ein Ghetto war, das sich, von einer Mauer umgeben, in unmittelbarer Nähe zum Kastell befand.[4]

Neufeld grenzt unmittelbar an das niederösterreichische Ebenfurth, das laut Urbar von 1644 die Heimat vieler Juden war, welche insgesamt 25 Häuser bewohnten. Ebenfurth und in weiterer Folge auch der neue Ort Neufeld lagen an einer wichtigen Handelstraße, die von Ödenburg nach Wien führte. Aus dem Hornsteiner Grundbuch von 1656 ist ersichtlich, dass 1653 und 1655 eine Übergabe von Häusern des Judenstadtls an Juden erfolgte. Diese Häuser waren von der Grundherrschaft errichtet worden und wurden nun von jeweils zwei Judenparteien bewohnt. Der Verkaufspreis lag bei 130 Gulden und musste jährlich mit 10 Gulden "Hausgeld" abgestattet werden. Dazu waren noch jährlich weitere 10 Gulden "Schutzgeld" zu entrichten. 1665 waren fünf, 1667 ein sechstes Haus abbezahlt. Weitere fünf Häuser folgten in den nächsten Jahren. Außerdem wohnten außerhalb des "Judenstadtls", also außerhalb der Ghettomauern, portugiesische Juden. Darunter dürfte sich auch der Kaufmann David Marcady befunden haben, der allem Anschein nach der "Hofjude" von Graf Franz III. Nádasdy war und daher im Kastell wohnen durfte. Marcady hatte Beziehungen nach Vendig und Leipzig, später auch nach Prag und Amsterdam. Es wird vermutet, dass er auch die treibende Kraft dahinter war, ausgerechnet gegenüber von Ebenfurth eine Siedlung zu errichten. Durch den grenzüberschreitenden Handel ergaben sich an dieser Stelle günstige ökonomische Bedingungen, sodass in weiterer Folge sich auch jüdische Kleinhändler ansiedelten. So geht aus einer Eingabe von Neufelder Bauern aus dem Jahre 1673 hervor, dass ursprünglich die Absicht bestanden hatte, den neuen Ort "mit mehr Juden als Christen" zu besiedeln. Von diesem Vorhaben war man in weiterer Folge aber wieder abgekommen.[1]

In dem Judenstadtl wurde auch eine Synagoge eingerichtet, die sich beim "Hornsteiner Tor", dem Ausgang des Ghettos in Richtung Hornstein, befand.

Hinrichtung von Franz III. Nádasdy

Nach der siegreichen Schlacht bei Mogersdorf 1664 kam es zum Frieden von Eisenburg, bei dem der österreichische Kaiser Leopold I. den Osmanen große Zugeständnisse machte. Die von dieser Entwicklung enttäuschten ungarischen und kroatischen Adeligen zettelten daraufhin in der Zeit zwischen 1664/1666 bis 1670/1671 die sogenannte Magnatenverschwörung an. Auch Franz III. Nádasdy schloss sich 1666 dieser Vorschwörung an. Als man 1670 schließlich den militärischen Aufstand wagte, wurde dieser sehr schnell niedergeschlagen und die Verschwörer verhaftet. Nádasdy bezahlte seine Beteiligung an der Magnatenverschwörung mit seinem Leben und wurde am 30. April 1671 in Wien enthauptet.

Der jüdische Kaufmann David Marcady war in der Zwischenzeit schon nach Leipzig gegangen und von dort, als er von Nádasdys Verhaftung erfuhr, weiter nach Prag und Amsterdam. Aber auch alle anderen Juden hatten zu dieser Zeit bereits Neufeld verlassen. In die ehemaligen Judenhäuser waren Christen eingezogen und auch die Synagoge war umgewidmet worden. Als Kaiser Leopold I. 1671 alle Juden aus den österreichischen und ungarischen Landen ausweisen ließ, befand sich somit in Neufeld kein einziger Jude mehr.[1]

Neugründung der Gemeinde

Während diese Vertreibung in den kaiserlichen Landen nur wenige Monate dauerte, kamen die Neufelder Juden nicht sofort zurück. Erst 1686 gab es wieder drei Judenhäuser, 1691 elf Häuser in den Juden wohnten. Das Kastell beherbergte um 1700 sogar zwanzig Judenfamilien. Die Judenhäuser Anfang des 18. Jahrhunderts waren nicht mehr identisch mit jenen aus der Zeit der Gründung der Siedlung. Die alten Behausungen wurden vermutlich vor 1671 von ihren Besitzern an christliche Familien verkauft.[1]

Konskription von 1735

Aus dem Jahr 1735 ist eine Konskription erhalten geblieben, die Auskunft über die jüdische Bevölkerung von Neufeld gibt. Demnach lebten damals 113 Juden in der Gemeinde. Es gab 28 männliche und 2 weibliche Haushaltsvorstände sowie 27 verheiratete Frauen. Von 49 Kindern galten 7 als erwachsen, der Rest als minderjährig. Außerdem wohnten noch ein Lehrer, drei Diener und drei Dienstboten in der Siedlung. Die Herkunft der Juden kann aus diesen Dokument nicht abgelesen werden. Lediglich bei drei Familien war ersichtlich, dass sie aus Mähren zugezogen waren, und eine weitere stammte von einer Grundherrschaft der Familie Batthyány in Ungarn ab. Die anderen lebten schon hier oder waren von anderen Herrschaften der Familie Esterházy zugezogen. Die jüdische Gemeinde musste ein Schutzgeld von 250 Gulden bezahlen. Die Menschen arbeiteten als Kaufleute, Händler, Gewerbetreibende und Dienstnehmer, drei von ihnen sogar in Wien. Der größte Teil der männlichen Bevölkerung verdiente den Lebensunterhalt als Hausierer mit Kleidern, Stoffen, Riemen, Gürteln und diversen Kleinigkeiten. Einige übten das Schneider- bzw. Fleischhauerhandwerk aus, einzig ein gewisser Marx Aron hatte eine gehobener Stellung. Er handelte mit Häuten und Leder, war der einzige jüdische Pferdehalter und beschäftigte in seinem Haushalt einen Lehrer, einen Diener und einen Dienstboten.[5]

Haushaltsvorstand Erwachsene Kinder Angestellte Grundherr Herkunft Beruf
Aron Marx
2
1
7
Anton Esterházy Leder- und Häutehändler
Anton Lebl
2
4
1
Anton Esterházy Leder- und Häutehändler, Schwiegersohn von Marx
Abraham Marx
2
3
Anton Esterházy Hausierer (Leinen, Stoffe)
Salamon Schmol
2
3
Anton Esterházy Fleischhauer (Schafe, Ziegen)
Jakob Aron
2
Anton Esterházy Hochschüler
Isaak Lebl
2
1
1
Anton Esterházy Metzger
Jakob Borech
2
3
Anton Esterházy Diener bei Oppenheimer in Wien
Leb Mayr
2
4
Ludwig Batthyány Hausierer (Stoffe)
Mandl Borech
2
1
Anton Esterházy Hausierer (Stoffe)
Schemerl Perl
2
1
Graf Althann/Mähren Hausierer (Kleider, Stoffe)
Samuel Leb
2
2
Anton Esterházy Kindererzieher
Simon Sulam
2
2
Anton Esterházy Fleischhauer
Simon Mayr
2
2
Anton Esterházy Fleischhauer
David Leszer
2
2
Anton Esterházy Kürschner
Aron Elias
2
2
Anton Esterházy Pferdehändler
Salamon Moyses
1
Anton Esterházy Hausierer (Stoffe, Riemen und Gürteln)
Josue Mayr
2
Graf Kaunitz/Mähren Schneider
Marx Perl
2
1
Anton Esterházy Totengräber
Abraham Perl
2
1
1
Anton Esterházy Fleischhauer
Tole Lebl
2
2
Anton Esterházy Schneider
Israel Hirschl
2
2
Anton Esterházy Fleischhauer
Aron Lebl
2
1
Anton Esterházy Hausierer (Leinen, Stoffe)
Jude Hirschl
2
Graf Kaunitz/Mähren Schneider
David Frankfurter
2
1
Anton Esterházy Diener in Wien
Fragmon Moyses
2
2
Anton Esterházy Witzerzähler auf Hochzeiten
Abraham Schmol
2
2
Anton Esterházy Hausierer (Stoffe)
Joseph Lebl
2
1
Anton Esterházy Schneider
Jakob Benedic
2
1
Anton Esterházy handelt mit div. Kleinigkeiten
Sara Rubin (Witwe) Anton Esterházy
Schlesinger
1
3
Anton Esterházy fertigt Fransen
Malche Moysis (Witwe) Anton Esterházy
Koszmanes
1
3
Anton Esterházy Mehlverschleißer

Endgültige Auflassung der Gemeinde 1739

1739 ließ der Grundherr Paul II. Anton Esterházy die jüdische Gemeinde Neufeld endgültig auflösen. Die Gründe für diese Entscheidung konnten aus den zur Verfügung stehenden historischen Dokumenten nicht ermittelt werden. Die meisten jüdischen Bewohner von Neufeld zogen zu ihren Glaubensbrüdern nach Mattersburg. Eine Neugründung der Gemeinde erfolgte später nicht mehr.[1]

Literatur

  • Harald Prickler: Beiträge zur Geschichte der Burgenländischen Judensiedlungen, 1993, Eisenstadt, in Wissenschaftliche Arbeiten aus dem Burgenland, Heft 92 (PDF auf ZOBODAT.at.)
  • Peter Krajasich: Die jüdische Bevölkerung von Eisenstadt und Neufeld im Jahr 1735, 1985, Eisenstadt, in Wissenschaftliche Arbeiten aus dem Burgenland Heft 71 (PDF auf ZOBODAT.at.)

Weblinks

  • Neufeld aus der Geschichte der jüdischen Gescichte im deutschen Sprachraum

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 Harald Prickler: BEITRÄGE ZUR GESCHICHTE DER BURGENLÄNDISCHEN JUDENSIEDLUNGEN, Wissenschaftliche Arbeiten aus dem Burgenland Heft 92, Seite 78 bis 81, Eisenstadt 1993
  2. Familienarchiv Esterházy, Prot. 683, Hornsteiner Grundbuch von 1624, Folio 399.
  3. Ungarisches Staatsarchiv, Familienarchiv Esterházy, Fürstliche Linie, Rep. 11, Fasc. A Nr. 6, Uet, C87/25
  4. Peter KRAJASICH - DIE JÜDISCHE BEVÖLKERUNG VON EISENSTADT UND NEUFELD IM JAHRE 1735, Webseite www.zobodat.at, abgerufen am 17. Februar 2016
  5. Peter Krajasich: DIE JÜDISCHE BEVÖLKERUNG VON EISENSTADT UND NEUFELD IM JAHRE 1735, Wissenschaftliche Arbeiten aus dem Burgenland Heft 71, Seite 241 bis 248, Eisenstadt 1985