Paulinenhof
Der Paulinenhof bezeichnet eine Liegenschaft in der Hinterbrühl. Heute ist den meisten nur die in den 1960er Jahren errichtete Wohnhausanlage mit diesem Namen bekannt. Diese stellt allerdings nur einen Teil des wesentlich größeren Areals dar, dessen Geschichte auf die Mitte des 19. Jahrhunderts zurückgeht und danach eine wechselhafte Verwendung aufweist.
Lage
Das Gebiet des ehemaligen Paulinenhofs erstreckt sich beidseitig der Gießhüblerstraße und reicht talseitig der Straße über den Naturlehrpfad beim Alten Bad bis zur Badgasse.
Geschichte
Die Gemeinde Hinterbrühl erwarb von Fürst Johann von Liechtenstein eine Konzession für die Wasserfallwiese um eine Badeanstalt zu errichten, übertrug diese im Jahr 1879 an Baron Julius Bechade-Rochepine (1833?-1893[1]). Der in Wien wohnende Reichsfreiherr, der in der Hinterbrühl bereits auch andere Liegenschaften besaß, errichtete einen Wirtschaftshof mit Meierei an der Stelle der heutigen Wohnhausanlage (Gießhüblerstraße 21), den er nach seiner Gattin Clara Friedländer Clarahof benannte. Neben dem Ausbau der Gießhüblerstraße errichtete er ein Freibad westlich der heutigen Badgasse.
Das Inselbad verpachtete er bereits ein Jahr später an Philipp Jiratschek, der das Bad 1882 auch kauft. Im Jahr 1886 erwarb er auch den Clarahof und baut daneben das Hotel Paulinenhof, benannt nach Jiratscheks Gattin. Das Hotel besaß 60 Zimmer und einen Festsaal. Der Komfort war allerdings noch bescheiden, da die Hinterbrühl weder über ein Wasserleitungsnetz (erst ab 1932) noch eine Stromversorgung (ab 1924) verfügte.
Die Errichtung fiel in eine Zeit, als der Fremdenverkehr aus der Großstadt Wien stetig stieg und die Lage Hinterbrühls sehr beliebt wurde. Auch der Bau der Straßenbahn in die Hinterbrühl begünstigte den Tourismus. Aus der Politik unterstützte die Gemeinde unter dem Bürgermeister Franz von Grutsch, der allerdings bereits 1882 starb, die Entwicklung mit einem Verchönerungsverein, Theatervorstellungen und Konzerten.
1886 erwarb der Arzt Isidor Samuely (1851-1924) den nördlichen Teil der Liegenschaft und baute dort eine Kaltwasser-Heilanstalt, später als Sanatorium Hinterbrühl bezeichnet, wo die Kurgäste unter anderem auch im Hotel Paulinenhof wohnten.[2]
Im Jahr 1904 übernahm der Schwiegersohn Jiratscheks Paul Ludwig die Leitung. Unter ihm wurde das Inselbad, das ausschließlich mit Quellwasser gespeist wurde, mit einem 33 Meter langen Sportbecken, Kabinen und Terrassen ausgestattet.
Nach dem Ersten Weltkrieg scheinen zahlreiche Besitzer der einzelnen Teile des Areals auf. So wurde das Hotel 1918 von der Familie Ludwig an Max Tauber verkauft. Auch das Sanatorium, das im Mai 1919 nach stark Einschränkungen durch den Krieg, wiedereröffnet wurde[3], wechselte nach Samuely mehrmals den Besitzer.
Beim Hotel scheinen Nikolaus Malzer (von 1922) und Julius Kun (ab 1928) als Besitzer auf.
Das Hotel wurde 1933, obwohl die Hinterbrühl in diesem Jahr von über 5.000 Sommergästen besucht wurde, 1934 stillgelegt. Grund war unter anderem auch die Stilllegung der Straßenbahn. So wandelten sich auch die Verwendungszwecke. 1934 war noch ein Kinderferienheim der Israelitischen Kultusgemeinde. Im Jahr 1937 wurde das Militär am Gelände samt Pferden und Fuhrwerken einquartiert, während das Hotel selbst verfiel.
Nach dem Anschluss im Jahr 1938 wurde das Areal arisiert und das Panzerregiment 3 der Wehrmacht einquartiert.
Das Bombardement am 24. Mai 1944 beschädigt das Bad stark.
In den Jahren 1945 bis 1950 werden die arisierten Grundstücke wieder rückerstattet.
Im Jahr 1956 erwirbt die Gemeinde das Areal, wo 195/1966 die Wohnhausanlage erbaut wird, und 1966 das Inselbad-Areal mit einer Fläche von 22.000 Quadratmeter. Auf diesem wird 2001 der Kindergarten II errichtet und am Badgelände selbst 2008 ein Biotop mit Naturlehrpfad angelegt.
Die verbliebenen Teile des ehemaligen Hotels Paulinenhof wurden von den privaten Eigentümern restauriert und generalsaniert.
Der Initiator des Paulinenhofes wurde noch zu Lebzeiten geehrt. So wurde Bechade von Rochepine der erste Ehrenbürger der Gemeinde Hinterbrühl. Nach seinem Tod wurde der Bechadeweg ins Hagenauertal nach ihm benannt.
Literatur
- Hans Kretz, Ferdinand Szuppin, Elfriede Huber (Hrsg.) Paulinenhof-Geschichte einer Hinterbrühler Institution, 2017
Einzelnachweise
- ↑ Wallfahrtskirche Maria Schnee Kaltenberg im Pfarrblatt Lichtenegg von November 2014 abgerufen am 25. April 2017
- ↑ Inserat: Hotel, Wasserheilanstalt Hinterbrühl-Paulinenhof. In: Neue Freie Presse, 1. Juni 1887, S. 12 (online bei ANNO).
- ↑ Inserat: Anfang Mai Wiederöffnung.... In: Der Morgen. Wiener Montagblatt, 21. April 1919, S. 4 (online bei ANNO).