Erzherzog Leopold (VI.) von Österreich (* 9. Juni 1640, in Wien; † 5. Mai 1705, in Wien) aus dem Haus Österreich (Habsburg), besser bekannt als Kaiser Leopold I., herrschte seit 1657 über Teile des heutigen Österreichs. Aufgrund seiner Bedeutung auch in der Zweiten Türkenbelagerung wurde er auch ugs. als Türkenpoldl benannt.[1]

Vor der Schlacht am Kahlenberg im Jahr 1683 betet Kaiser Leopold zur Muttergottes um den Sieg, Teil eines Glasfensters der Habsburgerkapelle der Pfarrkirche Breitensee in Wien 14
Die Büste von Kaiser Leopold I. in der Kaiserallee der Gedenkstätte Heldenberg

Herkunft und Familie

Erzherzog Leopold (VI.) von Österreich war ein Enkel von Kaiser Ferdinand II. und der Neffe von Erzherzog Leopold (V.) von Österreich, dem Begründer der "jüngeren" Tiroler Linie der Habsburger. Er war ein Sohn von Erzherzog Ferdinand (IV.) von Österreich, besser bekannt als Kaiser Ferdinand III., aus dessen Ehe mit der Infantin Maria Anna († 1646)[2]. Er war ein Urenkel von Kaiser Ferdinand I. und der ältere Bruder von Erzherzog Leopold Wilhelm von Österreich († 1662), einem bedeutenden Kunstsammler und Kunstmäzen, dem das Kunsthistorische Museum in Wien heute wesentliche Teile seiner Sammlungen verdankt.

Leopold war dreimal verheiratet,

∞ in 1. Ehe seit 1666 mit der Infantin Margarita Teresa († 1673), einer Tochter des spanischen Königs Philipp IV..[A 1] Aus dieser Ehe hatte er einige Kinder, darunter:
∞ seit 1685 mit Kurfürst Maximilian II. Emanuel von Baiern[A 2](† 1726)
∞ in 2. Ehe seit 1673 mit der Erzherzogin Claudia Felizitas († 1676), einer Tochter von Erzherzog Ferdinand Karl von Österreich († 1662)[A 3] Aus dieser Ehe hatte er zwei Töchter, die beide noch als Säuglinge verstarben.
∞ in 3. Ehe seit 1676 mit der Gräfin Eleonore Magdalena von Pfalz-Neuburg († 1720), einer Tochter des späteren Kurfürsten Philipp Wilhelm von der Pfalz. Aus der Ehe hatte er weitere Kinder, darunter:
∞ seit 1708 mit dem portugiesischen König König Johann V. († 1750)

Herrschaften

Kaiser Leopold I. herrschte seit über die "Österreichischen Lande", seit 1756 über die Länder der Böhmischen Krone und seit 1657 zunächst über Teile und dann über das gesamte ungarische Königreich (mit seinen Nebenländern). 1565 vereinigte alle bisherige Teilreiche der "österreichischen Habsburger" unter seiner Herrschaft[4]. 1658-1705 war er außerdem Kaiser des Heiligen Römischen Reiches. Leopold zählt zu den Habsburgern mit einer der längsten Herrschaftszeiten. Ursprünglich für eine geistliche Laufbahn bestimmt, gelangte er nach dem Tod seines älteren Bruders Ferdinand († 1654), der zum Zeitpunkt seines Todes bereits zum "römischen" König gekrönt worden war, an die Macht.

Forschungslage bzw. Forschungsprobleme

Als Kaiser wirkte Leopold im Heiligen Römischen Reich ausgleichend, wobei er sich um die Umsetzung der Bestimmungen des Westfälischen Friedens kümmerte.[5] Unter seiner Herrschaft als "Landesfürst" verdichtete sich der von den (österreichischen) Habsburgern beherrschte Länderkomplex zur "Monarchia Austriaca".[6] In der Forschung wird Leopold I. gewöhnlich ambivalent beurteilt, was seiner langen Regierungszeit geschuldet sein dürfte, die von unterschiedlichen Geschehnissen und Strömungen beeinflusst war. Außenpolitisch befand sich Leopold stets im Spannungsfeld zwischen den Problemlagen im Westen (Französisches und Spanisches Königreich) und Südosten (Ungarisches Königreich, Osmanisches Reich) agierte.[5]

Orte mit Bezug zu Kaiser Leopold im EU-Land Österreich

Wien

Die Stadt Wien war unter Leopold I., wie bereits unter seinem Vater und Großvater, Hauptsitz der Habsburger und damit auch so etwas wie eine Hauptstadt des Heiligen Römischen Reiches geworden. Unter der Herrschaft von Kaiser Leopold I., der sich für Musik interessierte und selbst als Komponist tätig war, erlebte das Kulturleben hier eine Blütezeit. Leopold gilt als Schöpfer des "barocken Wiens".[7]

Erinnerungsstätten an Kaiser Leopold I. im EU-Land Österreich

Niederösterreich

Tirol

  • Innsbruck: Unter Leopold wurde die Innsbrucker Universität gegründet.[5]

Literatur

  • Brigitte Hamann (Hrsg.): Die Habsburger. Ein biographisches Lexikon. Verlag Carl Ueberreuter, Wien, 1988, S. 252-255[A 4]

Einzelnachweise

  1. Leopold I., genannt "Türkenpoldl" auf habsburger.net abgerufen am 24. Oktober 2021
  2. vgl. Felix Czeike (Hrsg.): Ferdinand III.. In: Historisches Lexikon Wien. Band 2, Kremayr & Scheriau, Wien 1993, ISBN 3-218-00544-2, S. 281. digital
  3. vgl. Brigitte Hamann (Hrsg.): Die Habsburger, 1988, S. 319
  4. vgl. Arno Strohmeyer: Die Habsburger Reiche 1555-1740: Herrschaft - Gesellschaft - Politik. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt, 2012. ISBN 978-3-534-18757-7. S. 1
  5. 5,0 5,1 5,2 vgl. Arno Strohmeyer: Die Habsburger Reiche 1555-1740: Herrschaft - Gesellschaft - Politik. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt, 2012. ISBN 978-3-534-18757-7. S. 32
  6. vgl. Arno Strohmeyer: Die Habsburger Reiche 1555-1740: Herrschaft - Gesellschaft - Politik. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt, 2012. ISBN 978-3-534-18757-7. S. 31
  7. vgl. Arno Strohmeyer: Die Habsburger Reiche 1555-1740: Herrschaft - Gesellschaft - Politik. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt, 2012. ISBN 978-3-534-18757-7. S. 31 und S. 32

Weblinks

  Leopold I. – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien auf Wikimedia Commons

Wikisource: Leopold I. – Quellen und Volltexte

Anmerkungen

  1. Ihre Mutter war Erzherzogin Maria Anna von Österreich († 1696), eine Schwester von Kaiser Leopold, sodass Margarita Teresa zugleich seine Cousine 1. Grades und seine Nichte war.
  2. Die Schreibweise des Landes Bayern mit y wurde erst einige Jahre nach dem Wiener Kongress im 19. Jahrhundert durch einen gesetzlichen Beschluss des damaligen Königs eingeführt. Da es um die Wittelsbacher bzw. um die frühe Neuzeit geht, wird in diesem Artikel die Schreibung mit i verwendet.
  3. Der Vater von Erzherzog Ferdinand Karl, Erzherzog Leopold, hatte mit der "jüngere Tiroler Linie" eine Nebenlinie der Habsburger begründet. Er war der jüngere Bruder von Kaiser Ferdinand II., dem Großvater von Kaiser Leopold I. Claudia Felizitas war somit eine Cousine 2. Grades von Leopold.
  4. In Details nicht mehr ganz aktuell, aber als Einführung und Erstinformation noch immer gut geeignet. Eine weitere und spätere, inhaltlich aber nicht aktualisierte Ausgabe ist 2001 bei Amalthea Signum erschienen: Brigitte Hamann (Hrsg.): Die Habsburger. Ein biographisches Lexikon. Verlag Amalthea Signum, Wien, 2001. ISBN 978-3850024457. Neuere aktualisierte Auflagen existieren nur als EBook.
VorgängerAmtNachfolger
Ferdinand (IV.)Herrscher über die "Österreichischen Lande"
1657–1705
Joseph (I.)
VorgängerAmtNachfolger
Ferdinand III.Kaiser des Heiligen Römischen Reiches
1658–1705
Joseph I.
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