Sophia von Steier (* im 11. oder 12. Jahrhundert; † im 12. Jahrhundert, um / vor 1147, am 10. oder 12. Juli, in Admont[A 1]), besser bekannt als Sophia von Bayern[A 2] oder "Sofia marchionessa", war durch ihre zweite Heirat eine Markgräfin von Steier und führte als Witwe ungefähr zehn Jahre lang die Regentschaft für ihren noch minderjährigen Sohn, den steirischen Markgrafen Otakar (III.).

Stifterbild der Markgräfin Sophia von Steier aus dem Weingartener Stifterbüchlein, Württembergische Landesbibliothek Stuttgart, Cod.hist.qt.584, fol. 31r,, ca. 1510

Herkunft und Familie

Sophia von Steier entstammte väterlicherseits der mächtigen und einflussreichen Familie der Welfen, die heute als das "älteste europäische Adelssgeschlecht" gilt. Sie war eine Tochter von Herzog Heinrich (IX.) von Baiern ("Heinrich dem Schwarzen") († 1126). Ihre Mutter Wulfhild war eine der beiden Erbtöchter des sächsischen Herzogs Magnus († 1106) aus der ebenfalls einflussreichen Familie der Billunger.[1] Über die Ehen ihrer drei Brüder und ihrer vier Schwestern war Sophia von Steier mit den wichtigsten Hochadelsfamilien im Heiligen Römischen Reich verwandt und zudem in ein weitverzweigtes hochadliges Verwandtschaftsnetz mit europäischen Dimensionen eingebunden.[2] Einer ihrer Brüder war Herzog Heinrich von Bayern und Sachsen ("Heinrich der Stolze") († 1139), ein weiterer Bruder war Herzog Welf von Spoleto († 1191). Sie war eine Tante von Kaiser Friedrich I. "Barbarossa" († 1190) und von Herzog Heinrich "dem Löwen" († 1195). Eine ihrer Nichten war Gräfin Elisabeth von Bregenz († 1216), die spätere Pfalzgräfin von Tübingen und "Stammmutter" der für die Geschichte des Bundeslandes Vorarlberg bedeutenden Adelsfamilien der Montforter und der Werdenberger.

Sophia war zweimal verheiratet,

∞ in 1. Ehe mit Herzog Berthold (III.) von Zähringen († um 1122)[2][A 3]
∞ in 2. Ehe mit Markgraf Leopold (I.) von Steier († 1129).

Die erste Ehe blieb kinderlos.[2] Aus der zweiten Ehe hatte sie zwei Töchter und einen Sohn, den späteren Markgrafen Markgraf Otakar (III.) von Steier († um 1164).[3] Mit der ersten Ehe ihrer Tochter Elisabeth mit Markgraf Rudolf von der Nordmark († 1144) und der Ehe ihres Sohnes Otakar mit Kunigunde von Vohburg († 1184) wurden das "Verwandtschaftsgeflecht" von Sophia weiter ausgebaut.[4]

Leben

Sophias politische Bedeutung ergab sich aus den Herkunftsfamilien ihrer Eltern, wie genealogischen Familienaufzeichnungen der Zähringer und der Otakare belegen. Während ihre zweite Ehe zum Beispiel in der "Genealogia Zaringorum" genannt ist, findet ihre erste Ehe in der "Genealogia marchionum de Stire" keine Erwähnung.[5] In beiden Geschichtsquellen wird dagegen Sophias Herkunftsfamilie hervorgehoben.[6] Über Sophias erste Ehe sind nur zwei Schenkungen überliefert, welche sie gemeinsam mit ihrem Ehemann Berthold vornahm. Nach der Chronik von Berthold von Zwiefalten ließ sie zusammen mit ihrem ersten Ehemann dem Kloster Zwiefalten, dessen Vogt bis 1131/32 ihr Bruder Heinrich war, eine Schenkung zukommen, welche aus Gütern bestand, die sie aus der "Achalmer Erbschaft" der Welfen in diese Ehe eingebracht hatte. Eine weitere Schenkung machten sie und Berthold gemeinsam dem Kloster St. Peter auf dem Schwarzwald, dessen Vogt er war. St. Peter war das Hauskloster seiner Familie und ihre Grablege, wo er ebenfalls beigesetzt wurde.[7] Ihre zweite Ehe schloss sie bereits 1123, kurz nach dem Tod ihres ersten Ehemanns.[8] Für den steirischen Markgrafen Leopold, dessen Familie und verwandtschaftliche Beziehungen sich bisher weitgehend auf den "kärntnerisch-österreichischen" Raum beschränkt hatten, dürfte sie vor allem aufgrund ihrer Herkunftsfamilie und ihrer ersten Ehe eine prestigeträchtige Partie gewesen sein.[9] Als Angehörige der Familie der Welfen verfügte die Markgräfin über verwandtschaftliche Verbindungen zu den wichtigsten Familien im Reich (Staufer, Zähringer, Babenberger etc.), wovon nicht nur ihr Ehemann, sondern auch ihr Sohn später profitieren sollten.[10] Sophias zweite Ehe dauerte etwa 7 Jahren. Während dieser Zeitspanne ist sie nur in einer einzigen Urkunde genannt, nämlich jener Schenkungsurkunde, die Markgraf Leopold um 1128 in Graz ausstellen ließ. Es handelt sich dabei aber um die einzige Urkunde, welche der Markgraf selbst ausgestellt hat.[11]

Nach dem frühen Tod von Markgraf Leopold im Jahr 1129 übernahm Sophia die Vormundschaft für ihren ca. vierjährigen und somit noch unmündigen Sohn und Erben und war ca. zehn Jahre lang bis etwa 1139/40 Regentin der Markgrafschaft Steier. In der Geschichtsforschung ist bisher nicht eindeutig geklärt, ob es auch weitere Vormunde für den späteren Markgrafen Otakar (III.) gab. Am häufigsten wurde für diese Rolle Graf Bernhard von Trixen († um 1147), der Ehemann einer Schwester von Markgraf Leopold, favorisiert. Aufgrund der bisherigen Quellenlage hat sich bisher keine wie auch immer geartete Vormundschaft für den Markgrafen Otakar (III.) nachweisen lassen. Gesichert scheint nur, dass er Sophia wohl unterstützt hat, was auch für den Ehemann der anderen Schwester von Markgraf Leopold, Graf Ekbert von Vornbach-Pitten († um 1144) der Fall gewesen sein dürfte.[12] Als Regentin von Steier kümmerte sich Sophia um die erfolgreiche Realisierung der Errichtung von Stift Rein und setzte weitere, noch von ihrem Ehemann begonnene Aktivitäten fort.[10] Beeinflusst wurde ihre Regentschaft sicherlich von den Auswirkungen des Investiturstreites, der erst 1122 mit dem "Wormser Konkordat" beendet worden war. Da die Markgrafschaft Steier weitgehend zum Bistum Salzburg gehörte, war sie wohl auch die Auseinandersetzungen zwischen dem Salzburger Erzstift, den Herzögen von Kärnten und Sophias Schwager Bernhard von Trixen verwickelt.[12]

Sophia dürfte lebenslang ihrer Herkunftsfamilie verbunden geblieben sein.[13] 1129, erst kurz nach dem sie Witwe geworden war, unterstützte sie ihren Bruder Heinrich mit eigenen Truppen bei der Eroberung der Burg Falkenstein gegen die Grafen von Bogen.[14] Nach der Welfenchronik soll sie auch in den Folgejahren ihren Bruder und seinen Schwiegervater, Kaiser Lothar († 1137), tatkräftig unterstützt haben.[13] Ihre letzten Lebensjahre verbrachte die Markgräfin, vermutlich als Nonne, in Stift Admont, dem 1121 ein Frauenkloster angeschlossen worden war. Hier starb sie vor 1147. Beigesetzt wurde sie im Stift Weingarten (heute Teil der gleichnamigen Stadt), der Grablege ihrer welfischen Herkunftsfamilie.[15]

Sophias Beurteilung als Herrscherin über die Markgrafschaft Steier

 
Stift Admont heute. In dem nicht erhaltenen früheren Frauenkloster verbrachte die steirische Markgräfin ihre letzten Lebensjahre.

In der landesgeschichtlichen Forschung wurde Sophias Regentschaft bisher als weitgehend erfolgreich eingestuft, dies allerdings unterschiedlich begründet. Einerseits wird dafür Sophias Persönlichkeit geltend gemacht, andererseits aber davon ausgegangen, dass die Herrschaft der Otakare beim Tod von Markgraf Leopold bereits soweit gefestigt war, dass die vormundschaftliche Regierung für den noch unmündigen Erben letztlich keinen ernsthaften Rückschritt zur Folge hatte.[16] Ein gewisses Problem bei der Beurteilung von Sophias Regentschaft bedeutet die zu dieser Zeit eher schlechte Quellenlage für das spätere Bundesland Steiermark. Eine eigenständige Geschichtsschreibung hatte sich dort zu diesem Zeitpunkt noch nicht ausgebildet, die Quellenproduktion der zuständigen Bistümer Passau und Salzburg ist in diesen Jahren jedoch äußerst spärlich.[17]

Literatur

  • Heinz Dopsch - Karl Brunner - Maximilian Weltin (Hrsg.): Österreichische Geschichte 1122–1278. Die Länder und das Reich. Der Ostalpenraum im Hochmittelalter. Verlag Ueberreuter, Wien, 1999. ISBN 3-8000-3525-1
  • Bettina Elpers: Sophia von Bayern († vor 1147). Erziehen, Regieren, Bewahren. Eine Welfin in der Steiermark. In: Bettina Elpers: Regieren, Erziehen, Bewahren. Mütterliche Regentschaften im Hochmittelalter (= Studien zur Europäischen Rechtsgeschichte. Veröffentlichungen des Marx-Planck-Instituts für europäische Rechtsgeschichte Frankfurt am Main. Bd. 166). Verlag Vittorio Klostermann, Frankfurt am Main, 2003. ISBN 3-465-03274-8. S. 58-78

Weblinks

  Sophia von Steier – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien auf Wikimedia Commons

Einzelnachweise

  1. Bettina Elpers: Sophia von Bayern († vor 1147), 2003, S. 58
  2. 2,0 2,1 2,2 Bettina Elpers: Sophia von Bayern († vor 1147), 2003, S. 61
  3. vgl. Heinz Dopsch - Karl Brunner - Maximilian Weltin (Hrsg.): Österreichische Geschichte 1122–1278, 1999, S. 272 (Stammtafel)
  4. Bettina Elpers: Sophia von Bayern († vor 1147), 2003, S. 69
  5. Bettina Elpers: Sophia von Bayern († vor 1147), 2003, S. 66
  6. Bettina Elpers: Sophia von Bayern († vor 1147), 2003, S. 67
  7. Bettina Elpers: Sophia von Bayern († vor 1147), 2003, S. 62f.
  8. Bettina Elpers: Sophia von Bayern († vor 1147), 2003, S. 63
  9. Bettina Elpers: Sophia von Bayern († vor 1147), 2003, S. 64
  10. 10,0 10,1 vgl. Heinz Dopsch - Karl Brunner - Maximilian Weltin (Hrsg.): Österreichische Geschichte 1122–1278, 1999, S. 280
  11. Bettina Elpers: Sophia von Bayern († vor 1147), 2003, S. 68
  12. 12,0 12,1 Bettina Elpers: Sophia von Bayern († vor 1147), 2003, S. 77
  13. 13,0 13,1 Bettina Elpers: Sophia von Bayern († vor 1147), 2003, S. 78
  14. Bettina Elpers: Sophia von Bayern († vor 1147), 2003, S. 58 und S. 72ff.
  15. Bettina Elpers: Sophia von Bayern († vor 1147), 2003, S. 58 und S. 78
  16. Bettina Elpers: Sophia von Bayern († vor 1147), 2003, S. 70f.
  17. Bettina Elpers: Sophia von Bayern († vor 1147), 2003, S. 74

Anmerkungen

  1. Sterbedaten nach Bettina Elpers: Sophia von Bayern († vor 1147), 2003, S. 58 und S. 78
  2. Die Schreibweise des Landes Bayern mit y wurde erst einige Jahre nach dem Wiener Kongress im 19. Jahrhundert durch einen gesetzlichen Beschluss des damaligen Königs eingeführt. Da es um die Wittelsbacher bzw. um das Mittelalter geht, wird in diesem Artikel die Schreibung mit i verwendet.
  3. Clementia von Zähringen († um 1167/1173), die erste Ehefrau von Sophias Neffen, Herzog Heinrich "dem Löwen", war eine Tochter von Bertholds Bruder und Nachfolger Konrad († um 1152). Vgl. Bettina Elpers: Sophia von Bayern († vor 1147), 2003, S. 61f.
Zu diesem Artikel gibt es in den folgenden Sprachversionen der Wikipedia weitere Informationen:
BulgarischTschechischGriechischEnglischItalienischNiederländisch