Erhard Glötzl

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Erhard Glötzl

Erhard Glötzl (* 21. März 1948 in Wels) ist ein österreichischer Mathematiker, Chemiker und Ökonom sowie ehemaliger Vorstandsdirektor der Linz AG i.R. und war als Leiter des Linzer Umweltamts wesentlich an der Umweltsanierung der Stadt Linz beteiligt. Er ist Lektor für Finanzwirtschaft an der Donau-Universität Krems. Aktuell gilt sein Forschungsinteresse der Ökonomie, insbesondere der Problematik der gesamtwirtschaftlichen Verschuldung und der „Ohnmacht der Schuldner“.[1] Die Ursache der Eurokrise sieht er in der ungleichen Entwicklung der Inflationsraten innerhalb der Eurozone, weil sich die Löhne in den einzelnen Ländern anders als die Produktivität entwickeln. [2]

Lebenslauf

Nach dem Studium der Chemie und Physik an der Universität Wien und dem Studium der Technischen Mathematik an der JKU in Linz habilitierte sich Erhard Glötzl 1981 mit einem Thema über Gibbs'sche Punktprozesse in Technischer Mathematik. In den Jahren von 1981 bis 1992 war er als Leiter des Linzer Umweltamts maßgeblich an der Umweltsanierung der Linzer Großindustrie verantwortlich. Ab 1992 war er bis zu seiner Pensionierung als Vorstandsdirektor in den Stadtbetrieben Linz und der Linz AG tätig.

Seit 1994 beschäftigt sich Erhard Glötzl intensiv mit ökonomischen Fragestellungen, insbesondere der Stabilität des kapitalistischen Geld- und Wirtschaftssystems. Seit dieser Zeit ist er auch Lektor für Finanzwirtschaft an der Donau-Universität Krems und in vielen Arbeitskreisen engagiert, die sich mit Grundsatzfragen der Ökonomie auseinandersetzen, wie dem Wiener Wirtschaftskreis[3], dem Föhrenbergkreis[4], dem Linzer Kreis[5] und dem Arbeitskreis Dr. Benedikt Kautsky.

Vor der Lehrtätigkeit an der Donau-Universität Krems, unterrichtete er durch viele Jahre hindurch auch als Lektor an der JKU Linz (Mathematik und Betriebliche Umwelt-Informationssysteme) sowie an der Pädagogischen Akademie Linz (Chemie), an der er heute als Hochschulrat tätig ist. Nebenberuflich trieb er die Forschung im Bereich der photovoltaischen Stromgewinnung durch eine Organische Solarzelle maßgeblich voran durch die Gründung und als Geschäftsführer der QSEL – Quantum Solar Energy Linz, heute Konarka Austria Forschungs- und Entwicklungs gmbH.[6]

Er war auch im Vorstand zahlreicher internationaler und nationaler Vereinigungen tätig: EUREAU[7], ÖWAV, ÖVGW, OÖIAV, RTF OÖ.

Ökonomische Grundpositionen

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Das Problem alternder Volkswirtschaften

Seine Kapitalismuskritik beruht grundsätzlich darauf, dass durch die Kapitaleinkommen (Gewinne und Zinsen) eine positive Rückkopplung entsteht. Diese führt zu (exponentiell) wachsenden Verteilungsungleichheiten, die durch ökonomisch-institutionelle Machtverhältnisse noch verstärkt werden. Im Gegensatz dazu wächst die Wirtschaft wegen zunehmender Sättigungstendenzen generell nur annähernd linear (abnehmende Wachstumsraten). Um die Selbstzerstörung des kapitalistischen Wirtschaftssystems zu vermeiden, ist daher eine negative Rückkopplung in Form von Kapitalsteuern und die Regulierung der Machtverhältnisse unabdingbar. Für das Verständnis der Entstehung der Ungleichheiten von grundsätzlicher Bedeutung sind darüber hinaus noch folgende ökonomische Prinzipien, die in allen Ökonomien gelten, in denen Kredite in Form von Geld vergeben werden:

1. Der 1. Hauptsatz der Volkswirtschaftslehre

„In einer abgeschlossenen Volkswirtschaft ist die Summe aller Schulden stets gleich hoch wie die Summe aller Guthaben.“[8]

Die wesentliche sachliche und politische Konsequenz, die er daraus zieht ist, dass:

  1. Schuldenabbau in Summe immer nur dann möglich ist, wenn auch gleichzeitig Guthaben entsprechend abgebaut werden
  2. Schuldenabbau in Teilsystemen (z. B. Staat) immer nur dann möglich ist, wenn entweder gleichzeitig Guthaben abgebaut werden oder andere Teilsysteme (z. B. private Haushalte oder Unternehmen oder das Ausland) ihre Schulden entsprechend erhöhen.
  3. jeder, der einen Abbau der Staatsschulden fordert, gleichzeitig sich dazu bekennen muss, welche Guthaben abgebaut werden sollen oder von wem diese Schulden übernommen werden sollen.

2. Das Fundamentalparadoxon der Geldwirtschaft: Die Ohnmacht der Schuldner

„Die Gesamtheit der durch Zinseszins entstandenen Schulden kann (ohne Änderung der Kassenhaltungen und ohne Abschreibung von uneinbringlichen Forderungen der Gläubiger im Konkursfall und ohne Eingriffe des Staates), nur in dem Ausmaß abgebaut werden, in dem die Gesamtheit der Gläubiger bereit ist, ihre durch Zinseszins entstandenen Guthaben dadurch abzubauen,dass die Gläubiger mit ihren Guthaben Waren oder Dienstleistungen der Schuldner kaufen.“[1]

Die wesentliche Schlussfolgerung, die er daraus ableitet, ist, dass Geld kein „Schleier“ ist, also dass Geld nicht neutral ist (Neutralität des Geldes). In einer Wirtschaft, in der Kredite in Form von Waren gegeben werden, gilt dieses Paradoxon nämlich nicht: Die Schuldner haben bei Warenkrediten die Möglichkeit (durch Fleiß) einen Überschuss an Waren zu produzieren und damit die Zinsen (und die Tilgungen) in Form von Waren zu begleichen. Bei Geldkrediten sind sie dagegen (in Summe) darauf angewiesen, dass die Gläubiger ihnen diese Waren abkaufen, da sie Geld eben nicht selbst produzieren können. Durch eine Geldwirtschaft werden also die Machtverhältnisse, die die Entwicklung von Schulden und Guthaben bestimmen, umgedreht.

3. Das Interesse der Gläubiger

„Das Interesse der Gläubiger am Wachstum der Guthaben durch Zinseinahmen (Fremdkapitalrenditen) ist im Durchschnitt größer als ihr Interesse die Zinseinnahmen für Konsum oder Investitionen mit Eigenkapital zu verwenden.“

4. Das Interesse der Eigentümer

„Das Interesse der Eigentümer am Wachstum von Eigentum durch Reinvestition von realwirtschaftlichen Gewinnen (Eigenkapitalrenditen) ist im Durchschnitt größer als ihr Interesse Gewinne für Konsum zu verwenden.“

Abgeleitete Krisenszenarien

Die folgenden wichtigen Verteilungskrisen sind im Wesentlichen unabhängig voneinander zu betrachten:

Generelle Verteilungskrise in reifen Volkswirtschaften (2. Hauptsatz der Volkswirtschaftslehre)

Aus den ersten 3 der genannten Prinzipien folgt unmittelbar der 2. Hauptsatz der Volkswirtschaftslehre: „In einer geschlossenen Volkswirtschaft wachsen die Summe aller Guthaben und die Summe aller Schulden ohne Staatseingriffe (!) oder geordnete Insolvenzen annähernd exponentiell. Sie können nur durch unerwünschte Ausnahmezustände wie Finanzkrise, Wirtschaftskrise, Hyperinflation, Währungsreform oder Krieg abgebaut werden.[8][9] Wichtige geeignete staatliche Maßnahmen, um dies zu verhindern sind u. a.:

  1. Kapitalsteuern in derjenigen Höhe, dass die Summe der Kapitaleinkommen nicht rascher wächst als das BIP
  2. direkte staatliche Geldschöpfung: z. B. Monetative[10]
  3. produktive Geldschöpfung (produktive Kreditschöpfung[11]) durch die Notenbanken; d. h., dass frisches Geld nicht über alle Geschäftsbanken eingebracht wird, sondern nur über staatliche Investitionsbanken, um sicherzustellen, dass das frische Geld in die Realwirtschaft und nicht in die Finanzmärkte fließt.
  4. Trennbankensystem (Glass-Steagall Act)

Eurokrise

Die wahre Ursache der derzeitigen Eurokrise liegt im Missverständnis über das Wesen einer Währungsunion. Eine Währungsunion erfordert für die Stabilität zwingend die gleiche Inflationsrate für alle Teilnehmer, was kurzfristig nur über eine koordinierte, an der Produktivität orientierten europäischen Lohnpolitik zu erreichen ist. (Heiner Flassbeck).

Internationale Verschuldungsungleichgewichte

Zur Vermeidung der internationalen Ungleichgewichte müssten die Vorschläge von Keynes umgesetzt werden, die er bereits 1944 bei der Bretton Woods Konferenz eingebracht hat, die aber nicht umgesetzt wurden (Bancor).

Überproduktionskrise

Eine Überproduktionskrise im marxistischen Sinn ergibt sich aus dem 4. oben genannten Prinzip: Durch die Reinvestition der Gewinne steigt die Produktivität und damit bei gleicher Beschäftigung die Produktionskapazität. Wenn die Löhne und damit der Konsum auf Dauer nicht im gleichen Ausmaß steigen wie die Produktivität, fällt die gesamte Nachfrage ab einem gewissen Zeitpunkt hinter das Angebot zurück, weil Konsumnachfrage nicht auf Dauer durch Investitionsnachfrage substituiert werden kann. Eine Überproduktionskrise ist in einer geschlossenen Volkswirtschaft daher bei zu niedrigen Löhnen auf Dauer nur folgendermaßen zu vermeiden: Entweder durch Anpassung der niedrigeren Löhne an die höhere Produktivität durch eine entsprechende Lohnpolitik oder durch eine in der Regel nicht erwünschte Anpassung der zu hohen Produktionskapazität an die niedrigeren Löhne durch Besteuerung der Gewinne oder durch Wirtschaftskrisen. In einer offenen Volkswirtschaft kann eine fehlende Inlandsnachfrage zwar durch Exportnachfrage ersetzt werden, was aber auf Dauer zu internationalen Verschuldungsungleichgewichten (siehe oben) führen muss.

Wichtige Arbeiten

Mathematik

  • Gloetzl, Erhard: Konstruktion der bedingten Energie eines Punktprozesses. Serdica 7, 217–233 (1981).
  • Gloetzl, Erhard: Time reversible and Gibbsian point processes. I: Markovian spatial birth and death processes on a general phase space. Math. Nachr. 102, 217–222 (1981).
  • Gloetzl, Erhard: Time reversible and Gibbsian point processes. II: Markovian particle jump processes on a general phase space. Math. Nachr. 106, 63–71 (1982).

Umwelt

  • 1985 Kompetenz-Wirr-Warr im Umweltschutz / Die Luft in einer Industrieregion am Beispiel Linz
  • 1988–1993 Linzer Umweltberichte (Projektkoordinierung)
  • 1995 Umweltschutz gestern – heute – morgen (Linz aktiv)

Ökonomie

  • 1997 Arbeitslosigkeit – Über die kapitalismusbedingte Arbeitslosigkeit in alternden Volkswirtschaften und warum Keynes recht hatte und doch irrte (INWO International, Zukunftsfähige Gesellschaft – Globalisierung und Geldreform) und (Strukturen des Aufbruchs, Hg. Vladimir Svitak); Google Docs; Liste; PDF; HTML
  • 2004 Die Geldfalle – oder warum eine höhere Besteuerung von Kapital so dringend notwendig is (Zwischen Zeiten & Unzeiten, HG. Gerhard Senft); PDF

Einzelnachweise

Weblinks