Jans von Kapellen

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Die Burg Lichtenfels heute. Sie zählte mit ihrer Herrschaft zu den wichtigsten Erwerbungen, die Jans von Kapellen gelangen.

Jans (I.) von Kapellen (* im 13. Jahrhundert, um 1287/88; † im 14. Jahrhundert, um 1357)[A 1], auch Johann oder Hans von Kapellen beziehungsweise Capellen war ein Adliger des Herzogtums Österreich. Nachdem es seinem Vater Ulrich gelungen war, seine Familie zu einer der bedeutendsten Landherrenfamilien des Herzogtums zu machen, gelang ihm die erfolgreiche Konsolidierung dieser neuen Stellung. Er darf nicht mit seinem gleichnamigen Enkel verwechselt werden.

Herkunft und Familie

Jans (I.) von Kapellen entstammte der Familie der Kapeller, die zunächst "Karriere" als Ministeriale[A 2] unter den Markgrafen von Steier gemacht hatten. Jans von Kapellen entstammte dem "Steyregger" Familienzweig. Er war der Enkel von Pilgrim (I.) von Kapellen († um 1250) und der vermutlich einzige Sohn von Ulrich (II.) von Kapellen, der es als wichtiger Unterstützer von König Rudolf I. († 1291) zum Hauptmann von Steyr und zum Landrichter "ob der Enns"[A 3] gebracht hatte. Seine Mutter dürfte dessen dritte Ehefrau, Margaretha von Falkenberg († um 1322/1345) gewesen sein.[1]

Jans (I.) von Kapellen hatte spätestens um 1307 Kunigunde von Wallsee zu Linz († um / nach 1342), eine Tochter von Eberhard (II.) von Wallsee († 1325), dem Nachfolger seines Vaters als der "Landrichter ob der Enns" seit 1288, geheiratet. Aus dieser Ehe hatte er Kinder:

  • Ulrich (IV.) von Kapellen, urkundlich genannt 1325-1357 ∞ (1. Ehe) mit Katharina von Liechtenstein; ∞ (2. Ehe) mit Margaretha von Kranichberg
  • Eberhard (I.) von Kapellen, urkundlich genannt 1325-1379, um 1356 Hauptmann zu Enns, 1357- 1369 außerdem Pfleger[A 4] von Schärding ∞ mit Jeuta von Pottenstein
  • Elisabeth von Kapellen ∞ (1. Ehe um 1327) mit Heinrich von Welleschin; ∞ (2. Ehe) mit einem Reinprecht von Wallsee[A 5] Für ihre erste Ehe wurden ihr von ihrem Vater 400 Mark Heiratsgut auf die Burg auf dem Kürnberg bei Linz versetzt.[2]

Jans (I.) von Kapellen soll nach 1342 nochmals geheiratet haben, eine Frau mit Namen Agnes, über die bisher jedoch nichts Genaues bekannt ist.[3]

Leben

Anfänge

Da sein Vater Ulrich (II.) unter Herzog Albrecht (I.) von Österreich und Steier († 1308) häufig unterwegs war, ist Jans (I.) von Kapellen, gemeinsam mit seiner Mutter Margaretha, bereits relativ früh mehrfach urkundlich belegt.[4] Nach dessen Tod unterstützte er seit 1303 seine Mutter bei der Stiftung eines Armenspitals und eines Doppelklosters für Frauen und Männer in Pulgarn (heute Teil der Gemeinde Steyregg).[5] In den Jahren danach ist er mehrfach als alleiniger Siegler und als Aussteller von Urkunden belegt.[6] Nach der Ehrenrede von Peter Suchenwirt wurde Jans (I.) von Kapellen vor der Schlacht bei Gammelsdorf (9. November 1313) zum Ritter geschlagen.[7] Zwar soll sich Jans (I.) nach Peter Suchenwirt auch 1316 bei der Belagerung der Reichstadt Esslingen hervorgetan[8] und um 1319-1321 für König Robert von Neapel gekämpft haben[9], doch soll für ihn, im Unterschied zu seinem Vater, welcher sich in der Staatspolitik und in Krieg hervortat, die Konsolidierung der Stellung seiner Familie und durch die Verdichtung der Besitzungen Priorität gehabt haben.[10] Wenn allerdings die Anzahl der kriegerischen Unternehmungen, an denen Jans (I.) von Kapellen nach Peter Suchenwirt teilgenommen hat, zusammenzählt, dürfte er doch nicht so unkriegerisch gewesen sein, wie die neuere Geschichtsforschung behauptet.[11] Falls Jans von Kapellen an der Schlacht bei Mühldorf (28. September 1322) teilgenommen hat, wie Peter Suchenwirt behauptet, hatte er diese überlebt und war nicht in Gefangenschaft geraten, denn bereits im Februar und Mai 1323 ist er als Siegler für Seelgerätsstiftungen und einen Verkauf urkundlich belegt.[12]

Das landesfürstliche Landgericht Machland und anderen Besitzungen

Da die Verpfändung des landesfürstlichen Landgerichtes Machland an seine Familie auch weiterhin nicht gelöst worden war, betätigte sich Jans (I.) von Kapellen als dessen Landrichter, obwohl er erst um 1318 eine Bestätigung dieser Verpfändung von den Herzögen Friedrich (I.) († 1330) und Leopold (I.) von Österreich erreichen konnte.[13] Um seine Position gegenüber den Landesfürsten zu stärken, hatte er sich zuvor um Unterstützung außerhalb der von den Herzögen von Österreich (Habsburgern) beherrschten Gebiete gekümmert. So verbündete er sich mit Peter von Rosenberg und strebte vorübergehend ein Bündnis mit der Familie der Schaunberger an, die um diese Zeit damit begonnen hatte, ihren Besitz als Grafschaft und sich selbst als Grafen zu titulieren.[14] Außerdem war er Vogt und Schirmherr der Klöster von Baumgartenberg und Waldhausen.[10] 1310 erwarb er das Landgericht von Schlierbach.[15] Im Zusammenhang mit der Doppelwahl im Oktober 1314 und dem Kampf um die "römische" Königswürde wurde Jans (I.) das landesfürstliche Burgvogtei von Wels verpfändet.[10] Er profitierte außerdem von dem Umstand, dass um 1315 der "Kürnberger" Familienzweig in männlicher und weiblicher Linie ausgestorben war und er diesem im Wesentlichen beerbte.[16] Bereits 1326 begann er damit, sich seine Ansprüche auf die Falkenberger Erbschaft seines Onkels Rapoto (V.) von Falkenberg († um 1355) zu sichern. So ließ er sich im Juli 1326 am herzoglichen Hof in Wien von den Herzögen Heinrich (1327) und Otto († 1339) von Österreich (Habsburg) mit dem Gericht zu Hadersdorf am Kamp belehnen, welches dieser für den Fall seines erbenloses Todes aufgegeben hatte.[17]

Mehrung des Familienbesitzes

Jans (I.) von Kapellen konnte den umfangreichen Besitz seiner Familie wesentlich mehren. Seit 1290 besaß diese Güter um Schwallenbach (heute Teil von Spitz) und Spitz, seit 1300 auch bei Weiten. 1325 kaufte Jans das Gut Hadersdorf am Kamp von der Familie der Buchberger.[18] 1335 gelang es ihm die gesamte Burg und Herrschaft Lichtenfels von der Familie der Tursen zu erwerben, indem er verschiedenen Familienmitgliedern, darunter Johann von Rauheneck, seiner Ehefrau Katharina und den Erben von Reinprecht von Lichtenfels, ihre Anteile abkaufte und die neu erworbene Herrschaft von den Herzögen Albrecht und Otto von Österreich "zu Lehen" nahm.[19] Von den Tursen übernahmen er und seine Erben auch gute Beziehungen zum Zisterzienserstift Zwettl. Als 1343 der polygonale Umgangschor mit dem Kapellenkranz erbaut wurde, bestifteten die Kapeller eine der 13 Radialkapellen.[20]

Konflikte mit Verwandten

Trotz seiner verwandtschaftlichen Beziehung zu den Passauer Chorherren Albero († 1349) und Weichhart († 1354) von Winkl kam es im Mai 1327 zwischen diesen und Jans (I.) von Kapellen zu einer Auseinandersetzung, deren Ursache in der Geschichtsforschung bisher nicht geklärt werden konnte. Dieser wurde in Tulln durch einen Schiedsspruch mehrerer Landherren im Herzogtum Österreich beigelegt.[17] Auch mit der Familie der Wallseer kam es trotz verwandtschaftlichen Beziehungen um 1335 zwischen Jans (I.) von Kapellen als Besitzer des Amtes Weitersfelden und den Brüdern Reinprecht (I.) († um 1360) und Friedrich (II.) († 1355) von Wallsee zu Enns, die Pfandinhaber der Riedmark waren, zu Grenzstreitigkeiten. Diese konnten erst 1341 durch einen herzoglichen Schiedsspruch geklärt werden.[21]

Kirchliche Schenkung und Errichtung der Schlosskapelle auf Burg Mitterberg

Im Jänner 1354 stiftete Jans (I.) von Kapellen, gemeinsam mit seinen Söhnen Ulrich (IV.) und Eberhard (I.) die Kirche in Gumpendorf mit ihren Pertinenzen als ewiges Seelgerät dem Stift von Baumgartenberg, wofür sich dieses verpflichtete dort zwei Priester zu unterhalten und am Grab von Ulrich (II.) täglich zwei Messen zu lesen. Jans (I.) behielt jedoch die Erbvogtei über Gumpendorf (heute Teil des 6. Wiener Gemeindebezirks). Diese Schenkung wurde von Herzog Albrecht (II.) von Österreich († 1358) am 27. März 1354 und von Papst Innozenz VI. bestätigt.[22]

Jans (I.) von Kapellen erreichte noch, dass ihm der Abt von Melk erlaubte, auf seinem Sitz in Mitterberg (heute Teil der Gemeinde Perg) eine Schlosskirche erbauen zu lassen und für diese einen eigenen Kaplans anzustellen, unter der Auflage, dass dieser nur für die ständigen dortigen Bewohnerinnen und Bewohner einen Gottesdienst abhalten dürfe. Die Urkunde dazu wurde jedoch erst, nachdem Jans (I.) gestorben war, ausgestellt und die Durchführung übernahmen um 1358 dessen Sohn Eberhard (II.) und Enkel Jans (II.)[22]

Literatur

  • Heribert Raidl: Die Herren von Kapellen. (Ungedruckte) Dissertation, Universität Wien, 2002

Einzelnachweise

  1. vgl. Heribert Raidl: Die Herren von Kapellen, 2002, S. 104. Zu den Für- und Gegenargumenten, dass Jans (I.) aus der dritten Ehe seines Vaters war, vgl. S. 104ff.
  2. vgl. Heribert Raidl: Die Herren von Kapellen, 2002, S. 112, mit Fußnote 692
  3. vgl. Heribert Raidl: Die Herren von Kapellen, 2002, S. 72
  4. vgl. Heribert Raidl: Die Herren von Kapellen, 2002, S. 106f.
  5. vgl. Heribert Raidl: Die Herren von Kapellen, 2002, S. 107f.
  6. vgl. Heribert Raidl: Die Herren von Kapellen, 2002, S. 108
  7. vgl. Heribert Raidl: Die Herren von Kapellen, 2002, S. 105
  8. vgl. Heribert Raidl: Die Herren von Kapellen, 2002, S. 110
  9. vgl. Heribert Raidl: Die Herren von Kapellen, 2002, S. 113
  10. 10,0 10,1 10,2 vgl. Heribert Raidl: Die Herren von Kapellen, 2002, S. 106
  11. vgl. Heribert Raidl: Die Herren von Kapellen, 2002, , S. 105, S. 110, S. 113 und S. 118f.
  12. vgl. Heribert Raidl: Die Herren von Kapellen, 2002, S. 114
  13. vgl. Heribert Raidl: Die Herren von Kapellen, 2002, S. 106 und S. 110
  14. vgl. Heribert Raidl: Die Herren von Kapellen, 2002, S. 111
  15. vgl. Heribert Raidl: Die Herren von Kapellen, 2002, S. 109
  16. vgl. Heribert Raidl: Die Herren von Kapellen, 2002, S. 107
  17. 17,0 17,1 vgl. Heribert Raidl: Die Herren von Kapellen, 2002, S. 115
  18. Anna Maria Sigmund: Die Tursen von Lichtenfels. Geschichte und Genealogie eines niederösterreichischen Ministerialengeschleches. (Ungedruckte) Dissertation, Wien, 1981, S. 148, Fußnote 11
  19. Anna Maria Sigmund: Die Tursen von Lichtenfels. Geschichte und Genealogie eines niederösterreichischen Ministerialengeschleches. (Ungedruckte) Dissertation, Wien, 1981, S. 148f.
  20. Anna Maria Sigmund: Die Tursen von Lichtenfels. Geschichte und Genealogie eines niederösterreichischen Ministerialengeschleches. (Ungedruckte) Dissertation, Wien, 1981, S. 148
  21. vgl. Heribert Raidl: Die Herren von Kapellen, 2002, S. 112
  22. 22,0 22,1 vgl. Heribert Raidl: Die Herren von Kapellen, 2002, S. 121

Anmerkungen

  1. Ungefähre Lebensdaten nach Hinweisen bei Heribert Raidl. Vgl. Heribert Raidl: Die Herren von Kapellen, 2002, S. 104 und S. 121
  2. Die Ministerialen, auch als "Dienstadel" bezeichnet, bildeten im Mittelalter innerhalb des "niederen" Adels eine eigene Gruppe. Ursprünglich "Unfreie", waren sie durch ein Dienst- oder Lehnsverhältnis in den "niederen" Adel aufgestiegen, im Unterschied zu den "edelfreien" oder "hochfreien" Adelsfamilien.
  3. Der Landrichter ob der Enns gilt als ein Vorläufer der späteren Landeshauptleute des Bundeslandes Niederösterreich.
  4. Die mittelalterliche Bezeichnung "Pflege" in Bezug auf Burgen bedeutet die Verwaltung einer Burg. Der Burgpfleger war für diese Burg und die dazugehörige Herrschaft, zuständig, er hatte aber, im Unterschied zu einer Belehnung oder Verpfändung, keine Besitzrechte an dieser.
  5. Die Ehe zwischen einer Elisabeth von Kapellen und einem Reinprecht von Wallsee findet sich nicht bei Max Doblinger und lässt sich nicht so recht in dem von ihm konstruierten Stammbaum unterbringen. Vielleicht liegt hier eine Verwechslung mit der Ehe zwischen einer Anna von Kapellen mit Reinprecht von Wallsee-Enns († 1422) vor. Vgl. Heribert Raidl: Die Herren von Kapellen, 2002, S. 74