Herren von Kapellen

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Die Herren von Kapellen oder Capellen, oft auch nur als die Kapeller bezeichnet, waren eine im Spätmittelalter bedeutende Adelsfamilie, die besonders im heutigen Bundesland Oberösterreich Spuren hinterlassen haben. Ihr Aufstieg in die "Oberliga" unter den Landadel im Herzogtum Österreich begann unter König Rudolf I. († 1291). 1406 starb die Familie in "männlicher" Linie aus. Zentrum ihrer Herrschaft im heutigen Bundesland Oberösterreich war das Machland.

Anfänge

Die Anfänge der Familie von Kapellen sind bisher nicht eindeutig gesichert, in der Forschung finden sich dazu unterschiedliche Theorien.[1] Einer Legende nach, welche von einigen bedeutenden Geschichtsschreibern vor 1800 überliefert wird, waren sie Nachfahren von Azzo von Gobatsburg († um 1100), der als Ahnherr der Familie der Kuenringer gilt, doch gibt es keine zuverlässigen Belege dafür. Dass offensichtlich wichtige Urkunden, die auf Schloss Steyregg aufbewahrt waren, 1770 einem Brand zum Opfer gefallen sein sollen, lässt jedenfalls Raum für die Spekulation, ob die Geschichtsschreibung vor 1800 für ihre Ideen auf verlorene Urkunden zurückgreifen konnte. Gesichert ist bisher nur, dass die Familie von Kapellen um die Mitte des 13. Jahrhunderts zu den angesehensten Familien im Herzogtum Österreich zählte.[2] Als Herkunftsort der Familie gilt das Dorf Kappling (heute Teil der Gemeinde Gunskirchen), das im 13. Jahrhundert urkundlich als Chapellen genannt ist und noch im 17. Jahrhundert den Namen Kapellen hatte.[3] Die Herren von Kapellen waren ursprünglich eine edelfreie Familie[A 1], die in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts Ministeriale[A 2] der der Familie der Traungauer wurden.[4]

Die "älteren" Kapeller

Vor dem Februar 1138 wurden aus der ursprünglich edelfreien Familie der Kapeller, als deren Leitname Beringer (Pernger, Berengar) urkundlich belegt ist, Ministeriale der steirischen Markgrafen (Otakare).[5] Als solche erlebten sie 1180 die Erhebung ihres Markgrafen Otakar (IV.) († 1192) zum Herzog von Steier und dürften auch an der Beurkundung der "Georgenberger Handfeste" (17. August 1186) teilgenommen haben.[6] In der Folge waren sie Ministeriale der österreichischen Herzöge (Babenberger). 1215 sind sie letztmals mit Degenrat von Kapellen genannt. Nach 1215 scheinen sie bis ca. 1241 nicht mehr urkundlich auf.[7] Ob die drei Brüder Pilgrim (I.) von Kapellen, Ulrich (I.) von Kapellen und Konrad von Altenburg tatsächlich Söhne von diesem Degenrat waren, ist in der neueren Forschung umstritten. Die Nachkommen von Pilgrim (I.) und Ulrich (I.) werden gewöhnlich als die "jüngeren Kapeller" bezeichnet.[8]

Die "jüngeren" Kapeller

Die Besitzungen der Brüder Pilgrim (I.), Ulrich (I.) und Konrad dürften sich um 1241 zum Teil im Traungau und zum Teil nördlich der Donau im heutigen Mühlviertel befunden haben. Zu dieser Zeit zählten sie bereits neben den Familien der Schaunberger, Polheimer, Volkensdorfer und Starhemberger zu den wichtigeren Ministerialen des Herzogtums Österreich. Im Konflikt zwischen Herzog Friedrich (II.) "dem Streitbaren" († 1246) mit Kaiser Friedrich II. standen sie auf Seiten des Herzogs.[9] Seit den 1250er-Jahren sind sie in Urkunden immer wieder als "Ministerialen von Österreich" ("ministeriales Austrie") genannt.[10] Dass den Kapellern unter der Herrschaft des "Böhmenkönigs" Ottokar II. († 1278) nicht der "Sprung" in die oberste Gruppe von dessen politisch handlungsfähigen Adligen gelang, dürfte der Grund gewesen sein, dass sich Ulrich (II.) von Kapellen nach der Wahl des Grafen Rudolf von Habsburg († 1291) zum "römischen" König (1273) sehr bald diesem anschloss.[11] Dass er nicht durch eine zu große Nähe zu König Ottokar "vorbelastet" könnte dabei vielleicht ein Vorteil gewesen sein.[10]

Ulrich (I.) von Kapellen ("Ulrich der Ältere") († 1270) und sein Sohn Konrad (II.) von Kapellen begründeten die "Kürnberger Linie", die bereits mit seinen Enkeln in "männlicher" Linie ausstarb. Sein Bruder Pilgrim (I.) von Kapellen († um / nach 1250) und dessen Sohn Ulrich (II.) von Kapellen ("Ulrich der Lange") († 1301) begründete die Steyregger Linie, welche bis Anfang des 15. Jahrhunderts Bestand hatte und die "Kürnberger Linie" beerbte.[12]

Dem "Steyregger" Familienzweig der Kapeller war bis zum Aussterben der Familie in "männlicher" Linie das bedeutende Landgericht Machland verpfändet. Sie stellten mit Ulrich (II.) von Kapellen († 1301) und Eberhard (I.) von Kapellen († um 1379) außerdem zwei Landrichter beziehungsweise Hauptleute "ob der Enns"[A 3].

Wichtige verwandtschaftliche Beziehungen zu anderen Adelsfamilien

Spätestens seit Mitte des 13. Jahrhunderts sind für die Familie von Kapellen Eheschließungen mit anderen besonders bedeutenden Familien des Herzogtums Österreich belegt. Unter diesen finden sich die Familien der Zelkinger, der Viehofer, der Volkenstorfer, der Liechtensteiner, Starhemberger, der Kuenringer, der Falkenberger und der Feldsberger. Ebenfalls belegt sind Ehen mit der Familie der Wallseer, die sich Ende des 13. Jahrhunderts in den Herzogtümern Österreich und Steier niedergelassen hatte.[2]

Wichtige Mitglieder der Familie

Stammbaum nach Heribert Raidl

  1. Beringer / Pernger (I.) von Kapellen, um ca. 1100
    1. Beringer / Pernger (II.) von Kapellen
      1. Beringer / Pernger (III.) von Kapellen, um ca. 1200
      2. Deinrat / Degenrat von Kapellen, Anfang des 13. Jahrhunderts
        1. Hademar / Konrad (I.) von Kapellen (Konrad von Altenburg), er konnte zwischen dem Kürnberg und dem Fluss Traun eine kleine eigene Herrschaft errichten[13]
        2. Ulrich (I.) von Kapellen († um 1270, urkundlich genannt zwischen 1241 und 1270) ---> Begründer der Kürnberger Linie der Kapeller, siehe unten
        3. Pilgrim (I.) von Kapellen († nach 1250, urkundlich genannt zwischen 1241 und 1250) ---> Begründer der Steyregger Linie der Kapeller, siehe unten
      3. Afra von Kapellen ∞ mit Ulrich von Grünberg (Vlric de Grunenberc)
      4. Agatha von Kapellen ∞ mit Albero von Pollheim (Albero de Pollenheim) (1168 und 1180 urkundlich genannt)
      5. Anna von Kapellen, genannt bei Jans Enenkel[A 4]

Kürnberger Linie der Kapeller

Ulrich (I.) von Kapellen († um 1270, urkundlich genannt zwischen 1241 und 1270) ∞ Elisabeth von Zelking

  1. Pilgrim (II.) von Kapellen, Chorherr von Passau, urkundlich genannt zwischen 1267 und 1309
  2. Christoph von Kapellen
  3. Ulrich (III.) von Kapellen ("Ulrich der Jüngere"), Burggraf von Ebelsberg, urkundlich erstmals genannt 1268[14], weitere urkundlichen Nennungen zwischen 1272 und 1287, ∞ Elisabeth, vermutlich eine Verwandte von Fürstbischof Otto von Passau († 1265)
    1. Konrad (III.) von Kapellen, unverheiratet verstorben
    2. Pilgrim (III.) von Kapellen, unverheiratet verstorben
    3. Agnes von Kapellen († um 1318) ∞ mit Albero (VII.) von Kuenring(-Seefeld) († um 1342), Sohn von Heinrich (IV.) von Kuenring († 1293) aus dessen Ehe mit Kunigunde von Dobra
  4. Konrad (II.) von Kapellen († um 1315), Landrichter im unteren Donautal, urkundlich genannt zwischen 1267-1311 ∞ mit Minzla von Volkensdorf
  5. Margaretha von Kapellen ∞ mit Heinrich von Volkensdorf

Steyregger Linie der Kapeller

Pilgrim (I.) von Kapellen († nach 1250, urkundlich genannt zwischen 1241 und 1250) ∞ Geisel (Gisela) von Viehofen

  1. Euphemia (Offmei) von Kapellen ∞ Gundakar (I.) von Starhemberg
    1. Berta von Starhemberg ∞ mit Konrad von Sumerau, vermutlich ein gleichnamiger Sohn von Konrad von Sumerau († um 1297/98), dem Burghauptmann zu Enns
    2. Mechthild von Starhemberg ∞ mit Gottschalk (IV.) von Neitberg († nach 1291)
  2. Kunigund von Kapellen ∞ mit Otakar von Lengenbach
  3. Ulrich (II.) von Kapellen († 1301) ∞ (1. Ehe) mit Gertrud von Losenstein († um 1376/77); ∞ (2. Ehe) mit Elisabeth von Zelking († um 1384/87); ∞ (3. Ehe) mit Margaretha von Falkenberg († um 1345)
    1. (1. Ehe) Liutgard (Leukardia (Leutgard) von Kapellen ∞ mit Otto (I.) von Zelking († 1318)
    2. (2. Ehe) Sophia von Kapellen ∞ mit Marquart von Mistelbach
    3. (2. Ehe) Petrissa von Kapellen ∞ Heinrich von Stubenberg
    4. (3. Ehe) Jans (I.) von Kapellen († um 1357) ∞ (1. Ehe) mit Kunigunde von Wallsee-Linz († um 1342), Tochter von Eberhard (II.) von Wallsee († 1325); ∞ (2. Ehe) mit Agnes
      1. Ulrich (IV.) von Kapellen, urkundlich genannt 1325-1327 ∞ (1. Ehe) mit Katharina von Liechtenstein; ∞ (2. Ehe) mit Margaretha von Kranichberg
        1. (1. Ehe) Kunigunde von Kapellen († 22. Jänner 1368) ∞ mit Chadold (IV.) von Eckartsau († nach 1368)
        2. Eberhard II. von Kapellen († 1406) ∞ (1. Ehe) mit Siguna von Dachsberg; ∞ (2. Ehe) mit Anna von Tybein (Duino)
          1. Bernhard (Eberhard) von Kapellen
          2. Wilbirg von Kapellen ∞ mit einem Dachsberger
          3. Dorothea von Kapellen ∞ mit einem Liechtensteiner
          4. Anna von Kapellen[A 5]
          5. Margarethe von Kapellen
        3. Jans (II.) von Kapellen, urkundlich genannt 1358-1363 ∞ mit Dorothea von Wirand
        4. Anna von Kapellen, Meisterin von Pulgarn (ehemaliges Kloster, heute Teil von Steyregg)
      2. Eberhard (I.) von Kapellen, urkundlich genannt 1325-1379 ∞ mit Jeuta von Pottenstein
        1. Peter von Kapellen
        2. Stephan von Kapellen
          1. Jakob von Kapellen
          2. Hartung von Kapellen
          3. Friedrich von Kapellen
          4. Elisabeth von Kapellen
        3. Anna von Kapellen ∞ mit Reinprecht von Wallsee[A 6]
        4. Wenzel von Kapellen
      3. Elisabeth von Kapellen ∞ (1. Ehe) mit Heinrich von Welleschin; ∞ (2. Ehe) mit Reinprecht von Wallsee[A 7]

Erinnerungen an die Familie von Kapellen im heutigen Österreich

Oberösterreich

  • Schwertberg: Aus Teilen der früheren Pfarren Münzbach und Naarn gründete ein Eberhard von Kapellen im 14. Jahrhundert die Pfarre in Schwertberg.[15]
  • Steyregg: Das Burg Steyregg war einer der Hauptsitze der Familie von Kapellen. In der Schlosskapelle sind Fresken aus dem Spätmittelalter erhalten, als deren Auftraggeber die Familie von Kapellen gilt. Das frühere Kloster von Pulgarn (heute Teil der Gemeinde Steyregg) war eine Stiftung der Familie von Kapellen. In der Klosterkirche haben sich Fresken aus dem Spätmittelalter erhalten, auf ihnen befindet sich auch das Wappen der Kapeller als Stifterfamilie.[16]

Die Familie von Kapellen in zeitgenössischen Quellen

Eine schriftliche Quelle ganz besonderer Art ist das Lehensbuch von Jans von Kapellen, mit dessen Anlegung vermutlich noch vor 1300 begonnen wurde. Es gilt heute als eines der ältesten Urbare im deutschen Sprachraum.[16]

Literatur

  • Heribert Raidl: Die Herren von Kapellen. (Ungedruckte) Dissertation, Universität Wien, 2002

Einzelnachweise

  1. vgl. Heribert Raidl: Die Herren von Kapellen, 2002, S. 19f.
  2. 2,0 2,1 vgl. Heribert Raidl: Die Herren von Kapellen, 2002, S. 14
  3. vgl. Heribert Raidl: Die Herren von Kapellen, 2002, S. 17
  4. vgl. Heribert Raidl: Die Herren von Kapellen, 2002, S. 22
  5. vgl. Heribert Raidl: Die Herren von Kapellen, 2002, S. 27
  6. vgl. Heribert Raidl: Die Herren von Kapellen, 2002, S. 33
  7. vgl. Heribert Raidl: Die Herren von Kapellen, 2002, S. 35
  8. vgl. Heribert Raidl: Die Herren von Kapellen, 2002, S. 39f.
  9. vgl. Heribert Raidl: Die Herren von Kapellen, 2002, S.49
  10. 10,0 10,1 vgl. Heribert Raidl: Die Herren von Kapellen, 2002, S. 73
  11. vgl. Heribert Raidl: Die Herren von Kapellen, 2002, S. 54
  12. vgl. Heribert Raidl: Die Herren von Kapellen, 2002, S. 57
  13. vgl. Heribert Raidl: Die Herren von Kapellen, 2002, S. 50
  14. vgl. Heribert Raidl: Die Herren von Kapellen, 2002, S. 56
  15. vgl. Heribert Raidl: Die Herren von Kapellen, 2002, S. 42
  16. 16,0 16,1 16,2 16,3 vgl. Heribert Raidl: Die Herren von Kapellen, 2002, S. 13

Anmerkungen

  1. Die Edelfreien waren innerhalb des Adels ein eigener landrechtlicher Stand. Als Edelfreie galten im Mittelalter Personen, die eine dynastische Herkunft aufweisen konnten und ihren Besitz als "freies Eigen" besaßen. Die Edel- und Hochfreien waren dem fürstenmäßigen hohen Adel gleichgestellt, rechtlich hatten sie eine Zwischenstellung zwischen den Personen, welche im Besitz der "wirklichen" alten Gaugrafschaften und Stammesherzogtümern waren und den nur ritterbürtigen Mittelfreien. Im Unterschied zu den Ministerialen verdankten sie ihren Adel nicht einem Dienst- oder Lehnsverhältnisses und waren somit keiner anderen Dynastien untergeordnet. Sie unterstanden nur dem König beziehungsweise dem Kaiser. Seit dem 11. Jahrhundert galten ihre Territorien daher als "reichsfrei", "königsfrei" oder "reichsunmittelbar". Sie führten gewöhnlich den Titel Herr oder Freiherr, im Spätmittelalter oder in der frühen Neuzeit gelang einigen der Aufstieg in den Grafenstand, während sich die meisten, nicht immer gegen ihren Willen, in die Lehensabhängigkeit mächtigerer Adelsfamilien gerieten.
  2. Die Ministerialen, auch als "Dienstadel" bezeichnet, bildeten im Mittelalter innerhalb des "niederen" Adels eine eigene Gruppe. Ursprünglich "Unfreie", waren sie durch ein Dienst- oder Lehnsverhältnis in den "niederen" Adel aufgestiegen, im Unterschied zu den "edelfreien" oder "hochfreien" Adelsfamilien.
  3. Der Landrichter ob der Enns gilt als ein Vorläufer der späteren Landeshauptleute des Bundeslandes Oberösterreich.
  4. Die Information zu dem Schwestern Afra, Agatha und Anna wird auf Jans Enenkel zurückgeführt, konnte aber bisher nicht belegt werden. Sie gilt in der Forschung daher als ungesichert. Vgl. Heribert Raidl: Die Herren von Kapellen, 2002, S. 34
  5. Nach Max Doblinger war es diese Anna von Kapellen, die mit Reinprecht von Wallsee († 1422) verheiratet war. Vgl. Max Doblinger: Die Herren von Walsee, 1906, S. 74
  6. Nach Max Doblinger war Reinprecht von Wallsee († 1422) mit einer Anna von Kapellen verheiratet, wobei es bei ihm aber eine Tochter von Eberhard (II.) von Kapellen aus dessen Ehe mit Anna von Tybein (Duino) ist. Vgl. Max Doblinger: Die Herren von Walsee, 1906, S. 74
  7. Max Doblinger kennt nur die Ehe von Reinprecht (II.) von Wallsee mit einer Anna von Kapellen. Die ist bei ihm aber eine Tochter von Eberhard (II.) von Kapellen aus dessen Ehe mit Anna von Tybein (Duino). Vgl. Max Doblinger: Die Herren von Walsee, 1906, S. 74
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