Bruchstabschalter

Ein Bruchstabschalter[1] ist eine Sicherheitsvorrichtung zur Überwachung der Funktion eines Bauteils, meist der Lage eines Förderseiles bei einer Seilbahn bzw. einem Schlepplift (Teil des Seillageüberwachungssystem). Bei einer Fehlfunktion (z. B. Seilentgleisung) wird der Bruchstabschalter abgeschlagen und schaltet die Anlage dauerhaft ab.
Geschichte
Bruchstabshalter sind Teil einer jahrzehntelangen Entwicklung von Sicherheitseinrichtungen zur Überwachung von Betriebszuständen vor allem bei Seilbahnanlagen. Neben Bruchstabschaltern wurden und werden auch z. B. Sicherheitsdrähte[2], Seillageschalter[3], Näherungsschalter, Schalter mit Rollenhebel[4], Magnetschalter, Mikroschalter, Tachogeneratoren, Impulsgeber, Seilüberwachung durch Messungen zur Potentialerde etc. eingesetzt.
Vorläufer der Bruchstabschalter waren die Sicherheitsdrähte. Diese hatten den Nachteil, dass sie aufgrund der geringen Formfestigkeit unter dem Förderseildruck oder dem Hebel, der sie zerschneiden sollte, wegrutschen konnten. Dieses Problem wurde durch die starren Bruchstäbe des Bruchstabschalters gelöst. Bruchstabschalter wurden zu Beginn der 1970er-Jahre von der Firma Doppelmayr entwickelt und patentiert.[5][6][7]
Obwohl der Bruchstabschalter eine relative simple Konstruktion ist und teilweise auch anfällig für Fehlauslösungen, hat sich dieser bis heute etabliert. Der Bruchstabschalter kann bei so gut wie allen Umgebungsbedingungen eingesetzt werden und ist auch für den Seilbahnbetreiber und dessen Mitarbeiter eine Fehlfunktion aufgrund der einfachen Bauweise meist leicht erkennbar.[8]
Technische Funktion
Grundlegendes
Sicherheitseinrichtungen bei Seilbahnen müssen meist weitgehend eigensicher sein. Dies ist z. B. gegeben, wenn ein Schalter aufgrund seines Aufbaus und unter allen vorstellbaren Störfällen - inklusive falscher Anwendung, Missbrauch oder Gewaltanwendung, eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit des Funktionsausfalls hat.
Bei Seilbahnen treten im Laufe eines Betriebsjahres sehr unterschiedliche Betriebs- und Umweltbedingungen auf. Daher müssen in diesem Bereich verwendete Schalter z. B. UV-beständig und dicht (z. B. gegen Wassereintritt) sein, auch bei Vereisung funktionieren, gegen die bei Seilbahnen verwendeten Öle und Fette bestehen, unterschiedliche sich rasch ändernde Temperatur aushalten, gegen verschiedene Arten von Staub und Pollen beständig sein, keine Fehlauslösungen bei Vibrationen verursachen, gegen die teilweise hohen Windeinwirkung bestand haben etc.
In vielen Bereichen der Seilbahnanlage sind daher, um ein ein höheres Maß an Sicherheit zu gewährleisten, zwei oder mehr Schalter in Reihe geschaltet (Redundantes-Sicherheitskonzept). Dem liegt der Gedanke zu Grunde, dass zwei oder mehr sich ergänzende Bauteile in der Regel nicht gleichzeitig ausfallen.[9]
Zur Gewährleistung der korrekten Seillage der bewegten Seile über die Stütze und Überwachung derselben, gibt es aktive und passive mechanische Konstruktionselemente. Um ein seitliches Entgleisen (oder Seilabwurf) aktiv zu verhindern, sind im Normalbetrieb grundsätzlich die Rillen im Rollenfutter (relativ geringen Widerstand gegen eine Seilentgleisung) zuständig. Zusätzlich gibt es zur Stützeninnenseite sogenannte Seilabweiser, die verhindern, dass sich das Förderseil / Zugseil in der Stütze verhängen kann. Auf beide Seiten gesehen verhindern die Rollenborde in beschränktem Maße ein Entgleisen des Seiles (relativ wirksamer Seilentgleisungsschutz). Als passiver Entgleisungsschutz werden z. B. Seilfänger mit Bruchstabschaltern, Schwergewichts-Schaltrollen mit Bruchstabschaltern oder Seillage-Wächter an der Stützenaußenseite eingesetzt.
Anordnung und Betätigung von Bruchstabschaltern
Das Förderseil bzw. Zugseil einer Seilbahnanlage läuft im Normalbetrieb in der Rollenrille (Futterrille) der Gummirollen auf den Stützen. Diese nehmen die horizontalen Kräfte, die auf das Förderseil bzw. Zugseil wirken auf (z. B. Windkraft, Abweichungen in der Streckengeometrie etc.).
Bei einer Entgleisung des Förderseils bzw. Zugseils aus den Rollen, kann ein Bruchstabschalter:
- direkt betätigt, oder
- indirekt durch eine Schaltwippe
betätigt werden.
Direkte Betätigung des Bruchstabschalters
Bei der direkten Betätigung des Bruchstabschalters soll der Bruchstab direkt durch das Förderseil bei einer Seilentgleisung abgeschlagen werden und schaltet dann die Seilbahnanlage ab. Der Nachteil dieses Systems ist, dass es in der Vergangenheit zu Fehlfunktionen kam, weil das Förderseil zwar entgleiste, aber den Bruchstabschalter nicht berührte und so die Seilbahnanlage trotz Seilentgleisung bzw. Seilabwurf nicht abschaltete.
Indirekte Betätigung des Bruchstabschalters
Bei der Seilentgleisung rutscht das Förderseil / Zugseil aus den Seilrollen. Es fällt in den Seilfänger oder an der Stütze herab. Dadurch, dass die Seilrolle bei der Seilentgleisung kein Gewicht des Förderseils mehr aufliegen hat, kann diese z. B. zur Betätigung eines Bruchstabsachalters genutzt werden. Dazu werden die Seilrollen in einem hierarchischen Wippensystem angeordnet, bei dem jedenfalls ein Bruchstabschalter auslösen sollte. Bei einem hierarchischen Wippensystem (Schaltwippensystem) sind jeweils in der Regel zwei Rollen zu einer Wippe zusammengefasst und eine dieser Rollen ist schwerer als die andere. Dies ist in der Regel zumindest einlaufseitig die erste und auslaufseitig letzte Seilrolle. Durch das Ungleichgewicht kippt die Wippe zum Bruchstabschalter hin und bricht diesen ab und die Anlage wird ausgeschaltet.[10]
Der Vorteil dieses Systems ist, dass es nicht erforderlich ist, dass das Förderseil / Zugseil zuerst in den Seilfänger und den Bruchstabschalter fallen muss, sondern z. B. auch sofort an der Stütze herabfallen kann (z. B. bei böigem Wind) und dennoch eine Abschaltung erfolgt.[11] Ein Nachteil des Systems ist, dass die Funktion der Schaltwippe nur geprüft werden kann, wenn das Förderseil von den Seilrollen auf der Stütze abgehoben wird, was wiederum ein größerer Aufwand darstellt.
Bauweise von Bruchstabschaltergehäusen
Die Bauweise von Bruchstabschaltergehäusen (Aufnahmevorrichtung) ist unterschiedlich jedoch durchwegs aus Isolierstoff. In der Praxis hat sich bewährt, dass solche Bruchstabschaltergehäuse verwendet werden, die beidseitig mittels Fixierschrauben (Klemmschrauben) den Bügel des Bruchstabschalters fest an die Kontakthülse anpressen, um dadurch eine Fehlfunktion, z. B Wackelkontakt, zu vermeiden.
Sicherheitsstromkreis
Bruchstabschalter werden in den Sicherheitsstromkreis der Steuerung der Seilbahnanlage in Serie eingeschleift, so dass jeder Schalter bei einer Auslösung die Seilbahnanlage stillsetzen kann. Hat ein Bruchstabschalter ausgelöst, so darf ein Wiedereinschalten der Anlage nicht möglich sein, bis der Fehler vor Ort behoben ist.
Die Bruchstabschalter sind aus einem gut elektrisch leitenden Material (Federstahldraht), teilweise Oberflächenveredelt, um den Umweltbedingungen besser widerstehen zu können. Die Bruchstabschalter stecken in einem elektrisch gegen Erde isolierten Gehäuse, in dem sich meist Messingkontakte befinden. Das Isoliergehäuse des Bruchstabschalters ist dauerhaft an der Stütze bzw. an der Rollenwippe befestigt.
Der Bruchstab hat zwei Sollbruchstellen. Bei einer Belastung von etwa 60 bis 70 Newton bricht dieser ab. Die Meldung der Funktionsfähigkeit bzw. der Störung auf der Strecke erfolgt über eine elektrische Verbindungsleitung (Steuerleitung), die von der Berg- bis zur Talstation führt. In jeder Abzweigdose, in welcher ein Bruchstabschalter geklemmt ist, befindet sich ein Widerstand. Dadurch ist es möglich an einem Anzeigegerät (Streckenüberwachung) abzulesen, wo ein Bruchstabschalter ausgelöst hat (z. B. an welcher Stütze).[5] Ebenfalls abgeschaltet wird die Anlage, wenn ein ausreichend großer elektrischer Strom unzulässigerweise gegen Erde abfließt.[6]
Um Fehlfunktionen im Sicherheitsstromkreis zu vermeiden, sollten Bruchstäbe und Bruchstabhalter zumindest jährlich auf ihre Funktionstüchtigkeit überprüft werden. Dies geschieht durch Herausziehen des Bruchstabes und nachfolgendes Wiedereinsetzen des Bruchstabes in den Schalter und Kontrolle der Werte am Anzeigegerät.
In der Praxis häufige Fehlerquellen bei Bruchstabschaltern sind Korrosion bei den Anschlussleitungen und Haarrisse im Bruchstab selbst. Dadurch kommt es zu ungewollten und am Anzeigegerät oft nicht erkennbaren Abschaltungen.
Weitere Einsatzgebiete von Bruchstabschaltern
Bruchstabschalter können auch zur Funktionsprüfung von betrieblich lösbaren Seilklemmen eingesetzt werden (bei kuppelbaren Bahnen)[12] sowie zur Überwachung der Lage von Tragseilen.[13]
Montagewerkezug
Um Bruchstäbe leicht und gefahrlos entfernen und einsetzen zu können, wurde ein Werkzeug dazu erfunden und patentiert.[14] Dieses hat in der Praxis keine weite Verbreitung gefunden.
Weblinks
Bruchstabschalter – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien auf Wikimedia Commons
Einzelnachweise
- ↑ Engl.: Brittle Bar oder Breaking-rod switch, franz.: Interrupteur à barrete de rupture.
- ↑ Sicherheitsdrähte müssen durch das Förderseil selbst zerbrochen bzw. niedergedrückt und geerdet werden.
- ↑ Ähnliche Grundfunktionsweise wie Bruchstabschalter, jedoch nach dem Auslösen wieder verwendbar.
- ↑ Entgleist das Förderseil, fällt diese Rolle nach unten und der mit dem Hebel verbundene Schalter unterbricht den Sicherheitsstromkreis
- ↑ 5,0 5,1 Internationale Seilbahn-Rundschau 1/1975, S. 9 f.
- ↑ 6,0 6,1 Internationale Seilbahn-Rundschau 1/1978, S. 36.
- ↑ Seillageüberwachung, Webseite: skilift-info.de vom 31. August 2007.
- ↑ Internationale Seilbahn-Rundschau 2/1987, S. 67 ff.
- ↑ Internationale Seilbahn-Rundschau 2/1987, S. 67 ff.
- ↑ Artur Doppelmayr: Denkanstösse zur Funktionserfüllung von Einseilumlaufbahnen, Dopelmayr, Wolfurt 1997, S. 41 f.
- ↑ Internationale Seilbahn-Rundschau 2/1983, S. 67 f.
- ↑ Artur Doppelmayr: Denkanstösse zur Funktionserfüllung von Einseilumlaufbahnen, Dopelmayr, Wolfurt 1997, S. 79 f.
- ↑ Vorrichtung zum Erkennen einer Fehllage eines Tragseils einer Seilbahn, Webseite: patents.google.com, abgerufen am 19. Mai 2025.
- ↑ Pat. Nr. PCT/AT2016/000061 (WO 2017/024327).