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Für die Gründung der jüdischen Gemeinde [[w:Mattersburg|Mattersburg]] zum Ende des 15. Jahrhunderts sollen sechs sephardische Brüder, welche aus Spanien fliehen mussten, zuständig gewesen sein. Im Jahre 1622 wurde die Verwaltung der damals so genannten Gemeinde Mattersdorf von den [[w:Esterházy|Esterházys]] übernommen. Dies führte zu einer positiven Wende im Leben der Jüdinnen und Juden der kleinen Gemeinde. Als 1671 [[w:Leopold_I._(Österreich)|Leopold I.]] alle Juden aus seiner Machtsphäre vertreiben ließ, mussten die Esterházys Mattersburg zwar verlassen, die meisten von ihnen warteten aber in [[w:Mähren|mährischen]] Gemeinden auf die Möglichkeit einer Rückkehr. Das Exil dauerte bis 1675 an, also knapp vier Jahre. | Für die Gründung der jüdischen Gemeinde [[w:Mattersburg|Mattersburg]] zum Ende des 15. Jahrhunderts sollen sechs sephardische Brüder, welche aus Spanien fliehen mussten, zuständig gewesen sein. Im Jahre 1622 wurde die Verwaltung der damals so genannten Gemeinde Mattersdorf von den [[w:Esterházy|Esterházys]] übernommen. Dies führte zu einer positiven Wende im Leben der Jüdinnen und Juden der kleinen Gemeinde. Als 1671 [[w:Leopold_I._(Österreich)|Leopold I.]] alle Juden aus seiner Machtsphäre vertreiben ließ, mussten die Esterházys Mattersburg zwar verlassen, die meisten von ihnen warteten aber in [[w:Mähren|mährischen]] Gemeinden auf die Möglichkeit einer Rückkehr. Das Exil dauerte bis 1675 an, also knapp vier Jahre. | ||
Im Jahre 1694 stellte Paul Esterházy dann endlich den lang ersehnten [[w:Schutzbrief|Schutzbrief]] aus, der im Laufe der Zeit auch immer wieder verlängert wurde. Diese rechtliche Sicherheit sorgte für die Weiterentwicklung der Gemeinde. Der Schutzbrief verlieh den Juden eine Art politische Autonomie, sodass sie selbst ihre Vertretungsorgane wählen durften. <ref>Christof Habres / Reis Elisabeth: ''Jüdisches Burgenland: Entdeckungsreisen'', Metroverlag, Wien 2012, S. | Im Jahre 1694 stellte Paul Esterházy dann endlich den lang ersehnten [[w:Schutzbrief|Schutzbrief]] aus, der im Laufe der Zeit auch immer wieder verlängert wurde. Diese rechtliche Sicherheit sorgte für die Weiterentwicklung der Gemeinde. Der Schutzbrief verlieh den Juden eine Art politische Autonomie, sodass sie selbst ihre Vertretungsorgane wählen durften. <ref name="Entreisen">Christof Habres / Reis Elisabeth: ''Jüdisches Burgenland: Entdeckungsreisen'', Metroverlag, Wien 2012, S.61ff </ref> | ||
Die jüdische Bevölkerung stieg im Laufe des 18. Jahrhunderts rasant an. Im Jahre 1785 zählte man bereits 767 Mitglieder. Zu Mitte des 19. Jahrhunderts waren es fast 1500 Mitglieder, dann allerdings war ein deutlicher Rückgang zu erkennen. <ref | Die jüdische Bevölkerung stieg im Laufe des 18. Jahrhunderts rasant an. Im Jahre 1785 zählte man bereits 767 Mitglieder. Zu Mitte des 19. Jahrhunderts waren es fast 1500 Mitglieder, dann allerdings war ein deutlicher Rückgang zu erkennen. <ref name="Entreisen"/> | ||
=== Das Leben der Juden === | === Das Leben der Juden === | ||
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Der Mittelpunkt des [[w:Judentum|jüdischen]] Lebens spielte sich sehr lange in einem Siedlungskern in direkter Nähe des [[w:Wulka|Wulkabaches]] ab. Aufgrund des ständigen Wachstums der Gemeinde und der fehlenden Erlaubnis eines Landzukaufs kam es oftmals zu prekären Lebensumständen. Die Juden durften ihre Wohnungen und Häuser zwar aufstocken und mit anderen teilen, diese Enge führte jedoch manchmal zu raschen Verbreitungen von Seuchen und ansteckenden Krankheiten. Auch die Gefahr eines Brandes war oft gegeben. Die Juden waren hauptsächlich im Handel und Gewerbe tätig, da es ihnen nicht erlaubt war, über landwirtschaftlichen Besitz zu verfügen. Der Lebensmittelmarkt des Ortes wurde bis 1859 in der berühmten [[w:Judengasse|Judengasse]] abgehalten. Diese war über einen langen Zeitraum das Geschäftszentrum von Mattersdorf. | Der Mittelpunkt des [[w:Judentum|jüdischen]] Lebens spielte sich sehr lange in einem Siedlungskern in direkter Nähe des [[w:Wulka|Wulkabaches]] ab. Aufgrund des ständigen Wachstums der Gemeinde und der fehlenden Erlaubnis eines Landzukaufs kam es oftmals zu prekären Lebensumständen. Die Juden durften ihre Wohnungen und Häuser zwar aufstocken und mit anderen teilen, diese Enge führte jedoch manchmal zu raschen Verbreitungen von Seuchen und ansteckenden Krankheiten. Auch die Gefahr eines Brandes war oft gegeben. Die Juden waren hauptsächlich im Handel und Gewerbe tätig, da es ihnen nicht erlaubt war, über landwirtschaftlichen Besitz zu verfügen. Der Lebensmittelmarkt des Ortes wurde bis 1859 in der berühmten [[w:Judengasse|Judengasse]] abgehalten. Diese war über einen langen Zeitraum das Geschäftszentrum von Mattersdorf. | ||
Aufgrund der ihnen zugesicherten Selbstverwaltung verfügten die Juden über eine eigenständige Tradition, Kultur und Identität. <ref | Aufgrund der ihnen zugesicherten Selbstverwaltung verfügten die Juden über eine eigenständige Tradition, Kultur und Identität. <ref name="Entreisen"/> | ||
=== Das Ende der jüdischen Gemeinde Mattersdorf === | === Das Ende der jüdischen Gemeinde Mattersdorf === |