Wienerisch: Unterschied zwischen den Versionen

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== Psychologische Eigenheiten ==
== Psychologische Eigenheiten ==
=== Der „Wiener Schmäh“ ===
=== Der „Wiener Schmäh“ ===
Zentrales Element des Wienerischen ist die (selbst-) [[Ironie|ironische]] Doppelbödigkeit. Die Grenzen zwischen Ernst und Witz sind dabei fließend. Diese Form der Kommunikation spiegelt eine Lebenshaltung wider, die sich stets ein gewisses Augenzwinkern bewahrt.
Zentrales Element des Wienerischen ist die (selbst-)ironische Doppelbödigkeit. Die Grenzen zwischen Ernst und Witz sind dabei fließend. Diese Form der Kommunikation spiegelt eine Lebenshaltung wider, die sich stets ein gewisses Augenzwinkern bewahrt.


Der [[Duden]] übersetzt das Wort [[Wiener Schmäh|Schmäh]] mit „Trick“,<ref>''Duden. Die deutsche Rechtschreibung''. 20.Auflage, 1991; S. 634</ref> was jedoch an der Sache vorbeigeht. Es hat auch nichts mit „schmähen“ zu tun (ahd.: ''smahen'' = verächtlich machen), sondern leitet sich vom jiddischen ''schemá'' her (''Erzählung, Gehörtes''). Ortsfremden, insbesondere Deutschen, ist es meist unmöglich, die feinen [[Nuance]]n zu erkennen; da auch [[Mimik]] und Tonfall in das hintersinnige Wechselspiel eingebunden sind, wird Ironisches oft ernstgenommen oder Freundlich-Scherzhaftes als [[Spott]] mißverstanden.
Der [[wp-de:Duden|Duden]] übersetzt das Wort [[Wiener Schmäh|Schmäh]] mit „Trick“,<ref>''Duden. Die deutsche Rechtschreibung''. 20.Auflage, 1991; S. 634</ref> was jedoch an der Sache vorbeigeht. Es hat auch nichts mit „schmähen“ zu tun (ahd.: ''smahen'' = verächtlich machen), sondern leitet sich vom jiddischen ''schemá'' her (''Erzählung, Gehörtes''). Ortsfremden, insbesondere Deutschen, ist es meist unmöglich, die feinen [[wp-de:Nuance|Nouancen]] zu erkennen; da auch [[wp-de:Mimik|Mimik]] und Tonfall in das hintersinnige Wechselspiel eingebunden sind, wird Ironisches oft ernstgenommen oder Freundlich-Scherzhaftes als Spott mißverstanden.


=== Übertreibung und Bildhaftigkeit ===
=== Übertreibung und Bildhaftigkeit ===
Sachverhalte werden selten in trockener, realistischer Form dargelegt. Formale [[Untertreibung|Unter]]- und [[Übertreibung]]en sind fixer Bestandteil von Schilderungen, wobei sie seitens des Angesprochenen durchaus [[Semantik|semantisch]] exakt „entschlüsselt“ werden. Eine Distanzbeschreibung wie ''„do brauchst ned ewig und drei tog umahatschn, do foist dreimoi um und bist scho duat“'' versteht der Wiener etwa als –&nbsp;positive&nbsp;– Mitteilung, daß das gemeinte Ziel zu Fuß in weniger als zehn Minuten erreichbar ist. (Hdt. ungefähr: „Man muß nicht eine Ewigkeit plus drei Tage lang gehen, da die Entfernung nur drei Körperlängen beträgt“.)
Sachverhalte werden selten in trockener, realistischer Form dargelegt. Formale Unter- und Übertreibungen sind fixer Bestandteil von Schilderungen, wobei sie seitens des Angesprochenen durchaus [[wp-de:Semantik|semantisch]] exakt „entschlüsselt“ werden. Eine Distanzbeschreibung wie ''„do brauchst ned ewig und drei tog umahatschn, do foist dreimoi um und bist scho duat“'' versteht der Wiener etwa als –&nbsp;positive&nbsp;– Mitteilung, daß das gemeinte Ziel zu Fuß in weniger als zehn Minuten erreichbar ist. (Hdt. ungefähr: „Man muß nicht eine Ewigkeit plus drei Tage lang gehen, da die Entfernung nur drei Körperlängen beträgt“.)


Ein weiteres Merkmal ist der häufige Einsatz von [[Gleichnis]]sen, die ebenso [[Abstraktion|abstrakt]] wie bildhaft sein können: ''„schiach wia da zins“'' („häßlich wie die Mietzahlung“), ''„ågschitt wia a hydrant“'' („angeschüttet“ = betrunken), und so fort.
Ein weiteres Merkmal ist der häufige Einsatz von [[wp-de:Gleichnis|Gleichnissen]], die ebenso [[wp-de:Abstraktion|abstrakt]] wie bildhaft sein können: ''„schiach wia da zins“'' („häßlich wie die Mietzahlung“), ''„ågschitt wia a hydrant“'' („angeschüttet“ = betrunken), und so fort.


=== Das Ordinäre ===
=== Das Ordinäre ===
Wie fast alle Dialekte weist auch das Wienerische ein breites [[Repertoire]] an Schimpfwörtern, [[Vulgarismus (Sprache)|Fäkal]]- und Sexualausdrücken auf; allein die Bezeichnungen für [[Menschliche Geschlechtsunterschiede|Geschlechtsmerkmale]] (etwa der weiblichen<ref>[http://www.evolver.at/kolumnen/Sprachpflege_26_11_2009/ ''„Cherchez la femme“'']: Weibliche Geschlechtsmerkmale im Wienerischen</ref>) übertreffen zahlenmäßig bei weitem die Ausdrucksvarianten der Hochsprache -&nbsp;und ermöglichen dadurch, nebenbei, deutlich differenziertere Beschreibungen. Im Bereich der [[Fluchwort|Kraftausdrücke]] und Drohungen zeigt sich die örtliche Mundart besonders farbenfroh und plastisch. Auf das [[Schwäbischer Gruß|Götzzitat]] zum Beispiel kann ein Wiener antworten: ''„Ii beiß da a gwind in oasch daßd schraufm scheißt“'' (''&nbsp;„gwind“'' = Gewinde, ''„schraufm“'' = Schrauben).
Wie fast alle Dialekte weist auch das Wienerische ein breites [[wp-de:Repertoire|Repertoire]] an Schimpfwörtern, Fäkal- und Sexualausdrücken auf; allein die Bezeichnungen für Geschlechtsmerkmale (etwa der weiblichen<ref>[http://www.evolver.at/kolumnen/Sprachpflege_26_11_2009/ ''„Cherchez la femme“'']: Weibliche Geschlechtsmerkmale im Wienerischen</ref>) übertreffen zahlenmäßig bei weitem die Ausdrucksvarianten der Hochsprache -&nbsp;und ermöglichen dadurch, nebenbei, deutlich differenziertere Beschreibungen. Im Bereich der Kraftausdrücke und Drohungen zeigt sich die örtliche Mundart besonders farbenfroh und plastisch. Auf das [[wp-de:Schwäbischer Gruß|Götzzitat]] zum Beispiel kann ein Wiener antworten: ''„Ii beiß da a gwind in oasch daßd schraufm scheißt“'' (''&nbsp;„gwind“'' = Gewinde, ''„schraufm“'' = Schrauben).
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== Kultur ==
== Kultur ==
=== Lyrik und Prosa ===
=== Lyrik und Prosa ===
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