Wienerisch: Unterschied zwischen den Versionen

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== Kultur ==
== Kultur ==
=== Lyrik und Prosa ===
=== Lyrik und Prosa ===
1935 brachte [[Josef Weinheber]] seinen erfolgreichen Gedichtband „Wien wörtlich“ heraus, der unter anderem Dialektverse enthält („Der Auflauf“); manches davon fand später auch Eingang in österreichische Schulbücher, nicht zuletzt wegen seiner [[Völkischer Nationalismus|völkisch-nationalen]] Gesinnung. Im gleichen Jahrzehnt verfaßte – unter ganz anderen Vorzeichen – [[Peter Hammerschlag]] seine skurrilen Gedichte, einige davon auf Wienerisch („Pülcherdialog ad infinitum“) oder mit zumindest wienerischem Einschlag; veröffentlicht wurden sie allerdings erst vierzig Jahre später, von [[Friedrich Torberg]]. Nach dem [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] sorgte die [[Wiener Gruppe]] für eine Renaissance der Dialektlyrik: Neben einschlägigen Werken etwa von [[Gerhard Rühm]] oder [[Konrad Bayer]] gilt vor allem das diesbezügliche Œuvre [[H. C. Artmann]]s („med ana schwoazzn dintn“, etc.) bis heute als richtungsweisend. In den 1970ern brachten es die Mundartdichter [[Trude Marzik]] („Aus der Kuchlkredenz“) und [[Anton Krutisch]] („Wiener Lavendel“) zu einer gewissen Popularität.
1935 brachte [[Josef Weinheber]] seinen erfolgreichen Gedichtband „Wien wörtlich“ heraus, der unter anderem Dialektverse enthält („Der Auflauf“); manches davon fand später auch Eingang in österreichische Schulbücher, nicht zuletzt wegen seiner völkisch-nationalen Gesinnung. Im gleichen Jahrzehnt verfaßte – unter ganz anderen Vorzeichen – [[Peter Hammerschlag]] seine skurrilen Gedichte, einige davon auf Wienerisch („Pülcherdialog ad infinitum“) oder mit zumindest wienerischem Einschlag; veröffentlicht wurden sie allerdings erst vierzig Jahre später, von [[Friedrich Torberg]]. Nach dem [[wp-de:Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] sorgte die [[Wiener Gruppe]] für eine Renaissance der Dialektlyrik: Neben einschlägigen Werken etwa von [[Gerhard Rühm]] oder [[Konrad Bayer]] gilt vor allem das diesbezügliche Œuvre [[H. C. Artmann]]s („med ana schwoazzn dintn“, etc.) bis heute als richtungsweisend. In den 1970ern brachten es die Mundartdichter [[Trude Marzik]] („Aus der Kuchlkredenz“) und [[Anton Krutisch]] („Wiener Lavendel“) zu einer gewissen Popularität.


Schon im umfangreichen humoristischen Werk [[Alexander Roda Roda]]s finden sich unter anderem wienerische Dialoge („Wie man dem Wienerherzen wehetut“). 1906 erschien dann der berühmt-berüchtigte, [[Felix Salten]] zugeschriebene Roman „[[Josefine Mutzenbacher]]“: Die pornographische „Geschichte einer Wienerischen Dirne, von ihr selbst erzählt“ bedient sich – milieugemäß – auch des örtlichen Sexualwortschatzes. 1971 veröffentlichte [[Wolfgang Teuschl]] „[[Da Jesus und seine Hawara]]“, eine Übertragung des [[Evangelium (Buch)|Evangeliums]] ins Wienerische, die mittlerweile zum modernen Klassiker avancierte.
Schon im umfangreichen humoristischen Werk [[Alexander Roda Roda]]s finden sich unter anderem wienerische Dialoge („Wie man dem Wienerherzen wehetut“). 1906 erschien dann der berühmt-berüchtigte, [[Felix Salten]] zugeschriebene Roman „[[Josefine Mutzenbacher]]“: Die pornographische „Geschichte einer Wienerischen Dirne, von ihr selbst erzählt“ bedient sich – milieugemäß – auch des örtlichen Sexualwortschatzes. 1971 veröffentlichte [[Wolfgang Teuschl]] „[[Da Jesus und seine Hawara]]“, eine Übertragung des [[wp-de:Evangelium (Buch)|Evangeliums]] ins Wienerische, die mittlerweile zum modernen Klassiker avancierte.


=== Theater und Kabarett ===
=== Theater und Kabarett ===
Das [[Alt-Wiener Volkstheater]] des 18. und 19. Jahrhunderts hatte die „einfachen“ Gesellschaftsschichten als Zielpublikum und bediente sich auch deren Sprache. Neben Autoren wie [[Josef Alois Gleich]], [[Karl Meisl]] oder [[Adolf Bäuerle]] zählen vor allem [[Ferdinand Raimund]] und [[Johann Nepomuk Nestroy]] zu den prominentesten Vertretern.
Das [[Alt-Wiener Volkstheater]] des 18. und 19. Jahrhunderts hatte die „einfachen“ Gesellschaftsschichten als Zielpublikum und bediente sich auch deren Sprache. Neben Autoren wie [[Josef Alois Gleich]], [[Karl Meisl]] oder [[Adolf Bäuerle]] zählen vor allem [[Ferdinand Raimund]] und [[Johann Nepomuk Nestroy]] zu den prominentesten Vertretern.


Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde die Tradition des [[Volksstück]]es u.a. von [[Jura Soyfer]] („Der Lechner Edi schaut ins Paradies“) und [[Ödön von Horváth]] („[[Geschichten aus dem Wiener Wald]]“) fortgeführt. Vor dem zeitgeschichtlichen Hintergrund floß zunehmend Gesellschaftskritik in die komödiantische Form ein. In [[Karl Kraus]]' zwischen 1915 und 1922 verfasstem [[Satire|satirischen]] [[Erster Weltkrieg|Erster-Weltkrieg]]-Drama „[[Die letzten Tage der Menschheit]]“ illustrieren die Sprachgewohnheiten der Protagonisten den kriegshetzerischen Irrwitz jener Zeit.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde die Tradition des [[wp-de:Volksstück|Volksstückes u.a. von [[Jura Soyfer]] („Der Lechner Edi schaut ins Paradies“) und [[Ödön von Horváth]] („[[Geschichten aus dem Wiener Wald]]“) fortgeführt. Vor dem zeitgeschichtlichen Hintergrund floß zunehmend Gesellschaftskritik in die komödiantische Form ein. In [[Karl Kraus]]' zwischen 1915 und 1922 verfasstem [[wp-de:Satire|satirischen]] [[wp-de:Erster Weltkrieg|Erster-Weltkrieg]]-Drama „[[Die letzten Tage der Menschheit]]“ illustrieren die Sprachgewohnheiten der Protagonisten den kriegshetzerischen Irrwitz jener Zeit.


In den 1960er Jahren dominierten zwei Bühnen die [[Geschichte des Kabaretts in Österreich|Wiener Kabarettszene]]. Das [[Simpl (Wien)|Simpl]] war schon 1912 gegründet worden; in der [[Zwischenkriegszeit]] hatte hier [[Fritz Grünbaum]] die [[Doppelconférence]] weiterentwickelt. Unter der künstlerischen Leitung von [[Karl Farkas]] wurde es zur Legende. Er selbst sprach in den Programmen meist Wiener Hochdeutsch, leicht jiddisch eingefärbt – der Dialektpart blieb eher [[Ernst Waldbrunn]] vorbehalten, seinem berühmtesten Bühnenpartner. Die „Konkurrenz“ residierte im [[stadtTheater walfischgasse|Neuen Theater am Kärntnertor]]. 1959 von [[Gerhard Bronner]] eröffnet, entstanden hier – in Zusammenarbeit mit Größen wie [[Georg Kreisler]] oder [[Carl Merz]] – unter anderem Klassiker wie der „Travnicek“ und „[[Der Herr Karl]]“ (beide mit [[Helmut Qualtinger]]).
In den 1960er Jahren dominierten zwei Bühnen die [[Wiener Kabarettszene]]. Das [[Simpl]] war schon 1912 gegründet worden; in der Zwischenkriegszeit hatte hier [[Fritz Grünbaum]] die [[wp-de:Doppelconférence|Doppelconférence]] weiterentwickelt. Unter der künstlerischen Leitung von [[Karl Farkas]] wurde es zur Legende. Er selbst sprach in den Programmen meist Wiener Hochdeutsch, leicht jiddisch eingefärbt – der Dialektpart blieb eher [[Ernst Waldbrunn]] vorbehalten, seinem berühmtesten Bühnenpartner. Die „Konkurrenz“ residierte im [[stadtTheater walfischgasse|Neuen Theater am Kärntnertor]]. 1959 von [[Gerhard Bronner]] eröffnet, entstanden hier – in Zusammenarbeit mit Größen wie [[Georg Kreisler]] oder [[Carl Merz]] – unter anderem Klassiker wie der „Travnicek“ und „[[Der Herr Karl]]“ (beide mit [[Helmut Qualtinger]]).


Heute ist die Mundart auf [[Kabarett|Kleinkunstbühnen]] beispielsweise von [[Lukas Resetarits]], [[Andreas Vitásek]], [[Alfred Dorfer]], [[Josef Hader]], [[Günther Paal]] oder [[Thomas Maurer]] zu hören. Der einzige Kabarettist, der seine Programme in unverfälschtem Wienerisch spricht, ist jedoch [[Roland Düringer]].
Heute ist die Mundart auf Kleinkunstbühnen beispielsweise von [[Lukas Resetarits]], [[Andreas Vitásek]], [[Alfred Dorfer]], [[Josef Hader]], [[Günther Paal]] oder [[Thomas Maurer]] zu hören. Der einzige Kabarettist, der seine Programme in unverfälschtem Wienerisch spricht, ist jedoch [[Roland Düringer]].


=== Musik ===
=== Musik ===
Das alteingesessene [[Wienerlied]] konserviert gleichsam den Wortschatz und die Redensarten seiner Entstehungszeit. Seine Hochblüte erlebte es in der Zeit zwischen 1880 und 1930. Das Spektrum reicht dabei vom „[[Marx Augustin|Lieben Augustin]]“ bis zu den Aufnahmen etwa von [[Maly Nagl]] („I brauch’ ka schöne Leich“). Neben den Werken berühmter Autoren wie [[Wilhelm Wiesberg]] („D’ Hausherrn-Söhnln“), [[Carl Lorens]] („Jetzt trink ma no a Flascherl Wein“) oder [[Ludwig Gruber (Komponist)|Ludwig Gruber]] („Mei Muatterl war a Weanarin“) stehen vor allem die [[Schrammelmusik|Schrammeln]] für weinselige Heurigengemütlichkeit.
Das alteingesessene [[Wienerlied]] konserviert gleichsam den Wortschatz und die Redensarten seiner Entstehungszeit. Seine Hochblüte erlebte es in der Zeit zwischen 1880 und 1930. Das Spektrum reicht dabei vom „[[Marx Augustin|Lieben Augustin]]“ bis zu den Aufnahmen etwa von [[Maly Nagl]] („I brauch’ ka schöne Leich“). Neben den Werken berühmter Autoren wie [[Wilhelm Wiesberg]] („D’ Hausherrn-Söhnln“), [[Carl Lorens]] („Jetzt trink ma no a Flascherl Wein“) oder [[Ludwig Gruber (Komponist)|Ludwig Gruber]] („Mei Muatterl war a Weanarin“) stehen vor allem die [[Schrammelmusik|Schrammeln]] für weinselige Heurigengemütlichkeit.


In der Nachkriegszeit vom aufkommenden Schlager verwässert, wurde das Genre in den 1970ern u.a. von [[Horst Chmela]] („Ana hot immer des Bummerl“) und [[Karl Hodina]] („Herrgott aus Sta“) wiederbelebt. [[Roland Neuwirth]], der sich als Erneuerer des Wienerlieds versteht, zeigte mit seinen [[Extremschrammeln]] auch, daß [[Blues]] und der Wiener Dialekt sehr gut zusammenpassen. Die Tradition [[Volksmusik|volksmusikalischer]] Einflüsse durch [[Migrant|Zuwanderer]] ist etwa bei der [[Wiener Tschuschenkapelle]] zu hören („Erst wann’s aus wird sein“). Auch Berühmtheiten von Oper und Bühne würdigten (und würdigen) das Wienerlied mit ihren Vorträgen, unter anderem [[Alexander Girardi]], [[Hans Moser]], [[Paul Hörbiger]], [[Fritz Imhoff]], [[Erich Kunz]], [[Heinz Holecek]] oder [[Walter Berry]].
In der Nachkriegszeit vom aufkommenden Schlager verwässert, wurde das Genre in den 1970ern u.a. von [[Horst Chmela]] („Ana hot immer des Bummerl“) und [[Karl Hodina]] („Herrgott aus Sta“) wiederbelebt. [[Roland Neuwirth]], der sich als Erneuerer des Wienerlieds versteht, zeigte mit seinen [[Extremschrammeln]] auch, daß [[wp-de:Blues|Blues]] und der Wiener Dialekt sehr gut zusammenpassen. Die Tradition volksmusikalischer Einflüsse durch Zuwanderer ist etwa bei der [[Wiener Tschuschenkapelle]] zu hören („Erst wann’s aus wird sein“). Auch Berühmtheiten von Oper und Bühne würdigten (und würdigen) das Wienerlied mit ihren Vorträgen, unter anderem [[Alexander Girardi]], [[Hans Moser]], [[Paul Hörbiger]], [[Fritz Imhoff]], [[Erich Kunz]], [[Heinz Holecek]] oder [[Walter Berry]].


Der von der Zeit des Ersten Weltkriegs bis zu seinem Tod in den späten 1950ern wohl populärste Vortragskünstler [[Hermann Leopoldi]] („In der Barnabitengassn“, „Schnucki, ach Schnucki“) stand mehr in der Tradition der Bar- und [[Varieté]]-Szene; während seiner [[Auswanderung|Emigration]] in der [[Zeit des Nationalsozialismus|Nazizeit]] paßte er sein Repertoire an die Gegebenheiten der deutschsprachigen New Yorker Exilcafés an. In den 1950/60er Jahren spiegelten hierzulande die kabarettistischen Lieder von [[Pirron und Knapp]] („Tröpferlbad“, „Hausmastarock“) die Wiener Lebensweise wider und waren so gut wie jedem bekannt.
Der von der Zeit des Ersten Weltkriegs bis zu seinem Tod in den späten 1950ern wohl populärste Vortragskünstler [[Hermann Leopoldi]] („In der Barnabitengassn“, „Schnucki, ach Schnucki“) stand mehr in der Tradition der Bar- und [[wp-de:Varieté|Varieté]]-Szene; während seiner Emigration in der [[wp-de:Zeit des Nationalsozialismus|Nazizeit]] paßte er sein Repertoire an die Gegebenheiten der deutschsprachigen New Yorker Exilcafés an. In den 1950/60er Jahren spiegelten hierzulande die kabarettistischen Lieder von [[Pirron und Knapp]] („Tröpferlbad“, „Hausmastarock“) die Wiener Lebensweise wider und waren so gut wie jedem bekannt.


Die Kabarettszene um das „Neue Theater am Kärntnertor“ (s.o.) persiflierte die bislang textlich vorherrschende gute Laune. Mit [[Zynismus]] und Treffsicherheit thematisierten [[Gerhard Bronner]] („Die alte Engelmacherin“) oder [[Georg Kreisler]] („Tauberl vergiften“) die dunkle Seite der Wienerseele. Ein besonderes Beispiel für die Abgründigkeit wienerischen Humors ist die 1966 produzierte Platte „Helmut Qualtinger singt Schwarze Lieder“, mit Texten von [[H. C. Artmann]] und [[Gerhard Rühm]] (Musik: [[Ernst Kölz]]).
Die Kabarettszene um das „Neue Theater am Kärntnertor“ (s.o.) persiflierte die bislang textlich vorherrschende gute Laune. Mit [[wp-de:Zynismus|Zynismus]] und Treffsicherheit thematisierten [[Gerhard Bronner]] („Die alte Engelmacherin“) oder [[Georg Kreisler]] („Tauberl vergiften“) die dunkle Seite der Wienerseele. Ein besonderes Beispiel für die Abgründigkeit wienerischen Humors ist die 1966 produzierte Platte „Helmut Qualtinger singt Schwarze Lieder“, mit Texten von [[H. C. Artmann]] und [[Gerhard Rühm]] (Musik: [[Ernst Kölz]]).


Beeinflußt von US-amerikanischen Musikstilen – und gefördert durch die Verbreitung des [[Rundfunk]]s – entwickelte sich ab den 1960ern der sogenannte [[Austropop]]. Zu den bekanntesten Vertretern zählen [[Wolfgang Ambros]] („[[Da Hofa]]“; Text: [[Joesi Prokopetz]]), [[Georg Danzer]] („[[Jö schau]]“) und [[Rainhard Fendrich]] („Oben ohne“). Bei Letzterem ist der hiesige Dialekt bereits oft durch Poidihuabarisch und Schönbrunnerdeutsch abgeschwächt. Im Laufe der Jahrzehnte setzten viele andere Repräsentanten auf eine künstlichen Pseudo-Mundart, um ihre Platten auch im deutschsprachigen Ausland verkaufen zu können; Tiefpunkt dieser Entwicklung stellen heute einheimische Schlagersternchen dar, die klares [[Piefke|Piefkinesisch]] singen. Unter den in neuerer Zeit erfolgreichen Musikern bedient sich (der kroatischstämmige) [[Willi Resetarits]] – besser bekannt als [[Kurt Ostbahn|Ostbahn-Kurti]] („Nochtschicht“; Text: [[Günter Brödl]]) – wieder eines bodenständigen Wienerisch.
Beeinflußt von US-amerikanischen Musikstilen – und gefördert durch die Verbreitung des [[wp-de:Rundfunk|Rundfunks]] – entwickelte sich ab den 1960ern der sogenannte [[Austropop]]. Zu den bekanntesten Vertretern zählen [[Wolfgang Ambros]] („[[Da Hofa]]“; Text: [[Joesi Prokopetz]]), [[Georg Danzer]] („[[Jö schau]]“) und [[Rainhard Fendrich]] („Oben ohne“). Bei Letzterem ist der hiesige Dialekt bereits oft durch Poidihuabarisch und Schönbrunnerdeutsch abgeschwächt. Im Laufe der Jahrzehnte setzten viele andere Repräsentanten auf eine künstlichen Pseudo-Mundart, um ihre Platten auch im deutschsprachigen Ausland verkaufen zu können; Tiefpunkt dieser Entwicklung stellen heute einheimische Schlagersternchen dar, die klares [[Piefke|Piefkinesisch]] singen. Unter den in neuerer Zeit erfolgreichen Musikern bedient sich (der kroatischstämmige) [[Willi Resetarits]] – besser bekannt als [[Kurt Ostbahn|Ostbahn-Kurti]] („Nochtschicht“; Text: [[Günter Brödl]]) – wieder eines bodenständigen Wienerisch.


=== Film und Fernsehen ===
=== Film und Fernsehen ===
Das ausgestrahlte Bild war noch [[Schwarz-weiß]], als der ehemalige Simpl-Conférencier [[Heinz Conrads]] in den späten 1950er Jahren das Fernsehpublikum erstmals mit den Worten ''„Küß' die Hand die Damen, guten Abend meine Herrn; seawas die Madln, griaß eich die Buam!“'' begrüßte. Die wöchentliche Sendung „Guten Abend am Samstag“ – ein harmloses Unterhaltungsprogramm, vornehmlich für ältere Zuseher – wurde für fast drei Jahrzehnte zum Fixpunkt im [[Österreichischer Rundfunk|ORF]], mit unerreichten [[Einschaltquote]]n. Wienerischer Dialekt blieb im hiesigen TV für lange Zeit bieder-atmosphärische Verzierung.
Das ausgestrahlte Bild war noch Schwarz-Weiß, als der ehemalige Simpl-Conférencier [[Heinz Conrads]] in den späten 1950er Jahren das Fernsehpublikum erstmals mit den Worten ''„Küß' die Hand die Damen, guten Abend meine Herrn; seawas die Madln, griaß eich die Buam!“'' begrüßte. Die wöchentliche Sendung „Guten Abend am Samstag“ – ein harmloses Unterhaltungsprogramm, vornehmlich für ältere Zuseher – wurde für fast drei Jahrzehnte zum Fixpunkt im [[Österreichischer Rundfunk|ORF]], mit unerreichten Einschaltquoten. Wienerischer Dialekt blieb im hiesigen TV für lange Zeit bieder-atmosphärische Verzierung.


Das änderte sich erst 1975 mit „[[Ein echter Wiener geht nicht unter]]“. Die Serie um den Arbeiter Edmund „Mundl“ Sackbauer (kongenial dargestellt von [[Karl Merkatz]]) zeigte – komödiantisch zugespitzt – in 24 Folgen den Alltag einer typischen Wiener Familie aus einfachen Verhältnissen. Obwohl auch hier die Dialoge meist einer fernsehgerechten Kunstdiktion folgen, finden sich viele echte Sprachpretiosen. Der Autor [[Ernst Hinterberger]] konnte in den 1990er Jahren an seinen Erfolg mit dem inhaltlich ähnlich gelagerten „[[Kaisermühlen Blues]]“ (64 Folgen) anschließen.
Das änderte sich erst 1975 mit „[[Ein echter Wiener geht nicht unter]]“. Die Serie um den Arbeiter Edmund „Mundl“ Sackbauer (kongenial dargestellt von [[Karl Merkatz]]) zeigte – komödiantisch zugespitzt – in 24 Folgen den Alltag einer typischen Wiener Familie aus einfachen Verhältnissen. Obwohl auch hier die Dialoge meist einer fernsehgerechten Kunstdiktion folgen, finden sich viele echte Sprachpretiosen. Der Autor [[Ernst Hinterberger]] konnte in den 1990er Jahren an seinen Erfolg mit dem inhaltlich ähnlich gelagerten „[[Kaisermühlen Blues]]“ (64 Folgen) anschließen.


Vergleichbar war nur [[Helmut Zenker]]s (zunächst als [[Hörspiel]] ausgestrahlte) Kriminalgeschichte um den fiktiven Wiener Polizeimajor Adolf Kottan. „[[Kottan ermittelt]]“ (Regie: [[Peter Patzak]]), 1976-1983 entstanden, erfreute sich als [[Satire]] auf gängige Kriminalserien großer Beliebtheit. Neben Darstellern wie [[Kurt Weinzierl]] oder [[Gusti Wolf]] war es vor allem der Kabarettist [[Lukas Resetarits]] (Bruder von Willi Restartis, s.o.), der die Serie prägte. Epigonen wie „[[Kommissar Rex]]“ oder „[[Stockinger]]“ fehlte es später am anarchistischen Humor.
Vergleichbar war nur [[Helmut Zenker]]s (zunächst als Hörspiel ausgestrahlte) Kriminalgeschichte um den fiktiven Wiener Polizeimajor Adolf Kottan. „[[Kottan ermittelt]]“ (Regie: [[Peter Patzak]]), 1976-1983 entstanden, erfreute sich als [[wp-de:Satire|Satire]] auf gängige Kriminalserien großer Beliebtheit. Neben Darstellern wie [[Kurt Weinzierl]] oder [[Gusti Wolf]] war es vor allem der Kabarettist [[Lukas Resetarits]] (Bruder von Willi Restartis, s.o.), der die Serie prägte. Epigonen wie „[[Kommissar Rex]]“ oder „[[Stockinger]]“ fehlte es später am anarchistischen Humor.


1998 kam „[[MA 2412]]“ heraus: Eine [[Sitcom|Situationskomödie]] in 34 Folgen, die das österreichische Bürokratentum anhand eines fiktiven „Wiener Amtes für Weihnachtsdekoration“ zum Inhalt hatte; Protagonisten waren [[Roland Düringer]] und [[Alfred Dorfer]]. Die nie ausgestorbene Verklärung der [[Österreich-Ungarn|k&k-Monarchie]] wiederum wurde 2007-2010 in der satirischen Talkshow „[[Wir sind Kaiser]]“ (mit [[Robert Palfrader]] als „Kaiser Robert Heinrich I.“) ironisiert.
1998 kam „[[MA 2412]]“ heraus: Eine [[wp-de:Sitcom|Situationskomödie]] in 34 Folgen, die das österreichische Bürokratentum anhand eines fiktiven „Wiener Amtes für Weihnachtsdekoration“ zum Inhalt hatte; Protagonisten waren [[Roland Düringer]] und [[Alfred Dorfer]]. Die nie ausgestorbene Verklärung der [[Österreich-Ungarn|k&k-Monarchie]] wiederum wurde 2007-2010 in der satirischen Talkshow „[[Wir sind Kaiser]]“ (mit [[Robert Palfrader]] als „Kaiser Robert Heinrich I.“) ironisiert.


Bei Kinofilmen wurde immer schon darauf geachtet, den Dialekt nicht zu stark einzusetzen, um möglichst den gesamten deutschsprachigen Raum als Absatzmarkt zur Verfügung zu haben. Einige Filme, in denen zumindest teilweise Wienerisch gesprochen wird, sind:
Bei Kinofilmen wurde immer schon darauf geachtet, den Dialekt nicht zu stark einzusetzen, um möglichst den gesamten deutschsprachigen Raum als Absatzmarkt zur Verfügung zu haben. Einige Filme, in denen zumindest teilweise Wienerisch gesprochen wird, sind:


* „Exit ... nur keine Panik“<ref>[http://www.imdb.com/title/tt0080705/ ''„Exit ... nur keine Panik“'']: Der Film auf der [[Internet Movie Database|IMDb]]</ref>  (Ö/D 1980; R: [[Franz Novotny]]; mit [[Hanno Pöschl]], [[Paulus Manker]], [[Isolde Barth]])
* „Exit ... nur keine Panik“<ref>[http://www.imdb.com/title/tt0080705/ ''„Exit ... nur keine Panik“'']: Der Film auf der [[wp-de:Internet Movie Database|IMDb]]</ref>  (Ö/D 1980; R: [[Franz Novotny]]; mit [[Hanno Pöschl]], [[Paulus Manker]], [[wp-de:Isolde Barth|Isolde Barth]])
* „[[Der Bockerer (Film)|Der Bockerer]]“  (D/Ö 1981; R: [[Franz Antel]]; mit [[Karl Merkatz]], [[Ida Krottendorf]], [[Georg Schuchter]])
* „[[Der Bockerer (Film)|Der Bockerer]]“  (D/Ö 1981; R: [[Franz Antel]]; mit [[Karl Merkatz]], [[Ida Krottendorf]], [[Georg Schuchter]])
* „[[Café Malaria|Malaria]]“  (Ö 1982; R: [[Niki List]]; mit [[Christian Schmidt (Schauspieler, 1958)|Christian Schmidt]], [[Andreas Vitásek]], Sabine Platzer)
* „[[Café Malaria|Malaria]]“  (Ö 1982; R: [[Niki List]]; mit [[Christian Schmidt (Schauspieler, 1958)|Christian Schmidt]], [[Andreas Vitásek]], Sabine Platzer)
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=== Comics ===
=== Comics ===
Von einzelnen [[Cartoon]]s –&nbsp;etwa in regionalen [[Tageszeitung]]en&nbsp;– abgesehen, ist das Wienerische auf diesem Sektor wenig präsent. Eine Ausnahme bildet die [[Liste der Mundart-Ausgaben von Asterix|Mundart-Reihe]] der [[Comic]]serie „''[[Asterix]] ''“, in der bislang drei einschlägige Bände erschienen:
Von einzelnen [[wp-de:Cartoon|Cartoons]] –&nbsp;etwa in regionalen Tageszeitungen&nbsp;– abgesehen, ist das Wienerische auf diesem Sektor wenig präsent. Eine Ausnahme bildet die [[wp-de:Liste der Mundart-Ausgaben von Asterix|Mundart-Reihe]] der [[wp-de:Comic|Comicserie]] „''[[wp-de:Asterix|Asterix]]''“, in der bislang drei einschlägige Bände erschienen:
* ''Da große Grobn'' (1997, [[Günter Brödl]]; deutscher Titel: „[[Der große Graben]]“)
* ''Da große Grobn'' (1997, [[Günter Brödl]]; deutscher Titel: „[[wp-de:Der große Graben|Der große Graben]]“)
* ''Da Woasoga'' (1998, [[Günter Brödl]]; deutscher Titel: „[[Der Seher]]“)
* ''Da Woasoga'' (1998, [[Günter Brödl]]; deutscher Titel: „[[wp-de:Der Seher|Der Seher]]“)
* ''Asterix oes Legionäa'' (1999, [[H. C. Artmann]]; deutscher Titel: „[[Asterix als Legionär]]“)
* ''Asterix oes Legionäa'' (1999, [[H. C. Artmann]]; deutscher Titel: „[[wp-de:Asterix als Legionär|Asterix als Legionär]]“)
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