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== Josef Winiger == | |||
{{Zitat|Die Interpellation, die Ständerat Winiger mit 14 Mitunterzeichnern einbrachte, hieß: | |||
„Die Unterzeichneten wünschen vom Bundesrat zu vernehmen, was bisher geschehen sei, und noch geschehen | |||
werde, um der Bevölkerung von Vorarlberg in ihrer derzeitigen Notlage Hilfe zu leisten. Sie wünschen in Hinsicht auf die Bestrebungen des Landes Vorarlberg zum Anschluss an die Schweiz | |||
erneut Aufschluss zu erhalten.“ Neben der Volkspetition und den zwei Interpellationen erfolgte aber | |||
noch eine dritte Aktion. 101 Mitglieder der Bundesversammlung (86 Nationalräte und 15 Ständeräte) richteten eine Eingabe an den Bundesrat, in der sie der Meinung Ausdruck gaben, daß die | |||
letzten politischen und wirtschaftlichen Vorgänge in Vorarlberg die schweizerischen Interessen | |||
berührten, die nicht ohne Schutz gelassen werden dürften. Das Vorarlberger Volk scheine in der | |||
Ausübung der Selbstbestimmung behindert zu sein. Es ergebe sich die Frage, ob die Schweiz auf | |||
Grund des Hilferufes des Vorarlberger Volkes vom 10. August 1919 nicht als Fürsprecherin die | |||
Angelegenheit vor den Völkerbund bringen sollte. Die Sache sei umso ernster, als von dritter Seite | |||
Bemühungen eingesetzt hätten, Vorarlberg wirtschaftlich und politisch in den Machtbereich eines | |||
Großstaates zu ziehen, dem es nicht anzugehören wünsche. Man brauche nicht gleich an die Aufnahme eines neuen Kantons zu denken, aber eine sichere, politische und wirtschaftliche Anlehnung | |||
an die Schweiz sei für Vorarlberg nötig. | |||
Die schlechten Geldverhältnisse Österreichs hatten es Vorarlberg unmöglich gemacht, mit der | |||
Schweiz weiter in wirtschaftlicher Verbindung zu bleiben und die Versorgung von Deutschland her | |||
wurde in die Wege geleitet. Die Schweizer fürchteten nun, dass der wirtschaftlichen Anlehnung an | |||
Deutschland die politische folgen könnte und mit der Angst vor einer Konkurrenz, besonders auch | |||
in der Ausbeutung der Vorarlberger Wasserkräfte, verstärkte sich das Interesse an Vorarlberg. Alle | |||
Aufforderungen der Schweizer Anschlussfreunde, die den Bundesrat aus seiner passiven Haltung | |||
herauslocken wollten, wurden durch die Rede Calonders vom 21.11.1919, in der er im Ständerat die | |||
Interpellation Winigers beantwortete, befriedigt. In dieser Rede strich Calonder, im Gegensatz zu | |||
seiner Rede vom 28. Juni 1919, besonders die materiellen Vorteile eines Anschlusses heraus und | |||
nahm überhaupt einen Kurswechsel vor. Bis jetzt hatte er die Anerkennung des Vorarlberger | |||
Selbstbestimmungsrechtes durch Wien zur Voraussetzung von Verhandlungen gemacht, nun | |||
betonte er nur mehr die Nichteinmischung in österreichische Verhältnisse und die Absicht, | |||
Vorarlberg bei der Erringung seiner Selbstbestimmung beim Völkerbunde aktiv zu unterstützen. 33) | |||
„Der Bundesrat hält dafür, der entscheidende Moment sei gekommen, um so oder anders Stellung | |||
zu nehmen. Nach seiner Überzeugung bedeutet der eventuelle Anschluss des tüchtigen Vorarlberger | |||
Volkes an die Schweiz eine Stärkung unserer Volkskraft. Es liegt in der natürlichen Entwicklung | |||
unseres Staates, diese Bevölkerung nicht von uns zu stoßen, sondern durch freundliche Hilfe sie zu | |||
uns zu ziehen.“ Besonders nachdrücklich betonte Bundesrat Calonder das große Interesse, das die | |||
Schweiz an einem Nichtzustandekommen des Anschlusses Vorarlbergs an Deutschland habe. Die | |||
Schweiz fürchte den deutschen Einfluss. Am meisten Aufsehen verursachten die folgenden Sätze | |||
seiner Rede: | |||
„Unter allen Umständen entspricht es der Auffassung des Schweizer Volkes, wenn | |||
das Vorarlberg, falls es sich von Österreich loslösen will, vorläufig als selbständiger kleiner Staat | |||
sich konstituiert und auf dieser Grundlage in ein enges politisches und wirtschaftliches Verhältnis | |||
zur Schweiz tritt. Wir werden dem Vorarlberger Volk gegebenenfalls in jeder Beziehung behilflich | |||
sein, seine staatliche Selbständigkeit zu erlangen. Wir werden den Vorarlbergern, wenn sie sich | |||
neuerdings an uns wenden, erklären, dass wir sie gegebenenfalls wirtschaftlich und politisch unterstützen. Der Völkerbund würde sicher das Selbstbestimmungsrecht anerkennen, Kompensationsforderungen von Italien seien nicht zu befürchten. Namens des Bundesrates gelangte Calonder zu | |||
folgender Konklusion: | |||
„Die Schweiz mischt sich in keiner Weise in die inneren Verhältnisse | |||
zwischen dem Vorarlberg und Österreich ein. Für den Fall aber, dass die Loslösung des Vorarlbergs | |||
von Österreich in Frage kommen sollte, würde der Bundesrat auf Wunsch des Vorarlbergs mit | |||
ganzer Kraft dessen Bestrebungen zur Verwirklichung seines Selbstbestimmungsrechtes, sei es | |||
beim Völkerbund, sei es bei der Pariser Konferenz, unterstützen. Der Bundesrat ist ferner bereit, | |||
dem Vorarlberg angemessene wirtschaftliche Unterstützung angedeihen zu lassen, namentlich in | |||
der Form von Kreditgewährung und Lieferung von Lebensmitteln.“ – Vorarlberg sollte also in ein | |||
ähnliches Verhältnis zur Schweiz treten wie Liechtenstein. Damit hätte die Schweiz zwei Fliegen | |||
auf einen Schlag gehabt. Durch eine bloße Schutzstellung über Vorarlberg hätte sie den Vorwurf | |||
des Imperialismus vermieden und ihre Neutralität in keiner Weise verletzt, und durch die Selbständigkeitserklärung Vorarlbergs wäre verhindert worden, dass bei einem etwaigen Anschlusse Österreichs an Deutschland, das Ländle mitgerissen worden wäre. Außerdem entsprach es ja durchaus | |||
dem eidgenössischen Staatsgedanken, keine Provinzen zu annektieren, sondern nur solche Gebiete | |||
in den Bund aufzunehmen, die sich vorher als selbständige Staaten konstituiert und ein Aufnahmebegehren gestellt hatten. | |||
|Elfriede Auguste Zuderell}} | |||
*Zuderell S 23ff | |||
== Felix Louis Calonder == | == Felix Louis Calonder == | ||
{{Zitat|[...] in Anlehnung an die zweite Fassung von | {{Zitat|[...] in Anlehnung an die zweite Fassung von |
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