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(→Nachkriegsgeschichte als ÖGB-Heim: Ergänzung der Zeit ab 1952) |
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== Hugo Kraus == | == Hugo Kraus == | ||
Geboren wurde Hugo Kraus am 8. Juni 1872 in [[Čáslav|Czaslau]] bei [[Pardubice]]/Böhmen. Er stammte aus einer traditionellen jüdischen Akademikerfamilie, sein Vater, Julius Kraus, war praktischer Arzt in Czaslau. Kraus besuchte das Deutsche [[Gymnasien in Prag|Gymnasium in Prag]], es folgte das [[Medizinstudium]] an der [[Karls-Universität|Universität Prag]], wo er 1897 [[Promotion (Doktor)|promovierte]]. Danach war er Aspirant im [[Allgemeines Krankenhaus der Stadt Wien|Allgemeinen Krankenhaus Wien]]. Kraus spezialisierte sich vorerst auf Pädiatrie, später auf [[Lungenheilkunde]] und Kehlkopferkrankungen. Danach wurde er Assistent des Vorstandes der med. Universitätsklinik Wien und Gründers der Lungenheilstätte Alland, [[Leopold Schrötter von Kristelli|Leopold von Schrötter]], in dessen Sanatorium Alland. Um 1900 unternahm der Mediziner ausgedehnte Studienreisen in die Schweiz, mehrmals besuchte er das Basler Sanatorium in Davos Dorf. | Geboren wurde Hugo Kraus am 8. Juni 1872 in [[Čáslav|Czaslau]] bei [[Pardubice]]/Böhmen. Er stammte aus einer traditionellen jüdischen Akademikerfamilie, sein Vater, Julius Kraus, war praktischer Arzt in Czaslau. Kraus besuchte das Deutsche [[Gymnasien in Prag|Gymnasium in Prag]], es folgte das [[Medizinstudium]] an der [[Karls-Universität|Universität Prag]], wo er 1897 [[Promotion (Doktor)|promovierte]]. Danach war er Aspirant im [[Allgemeines Krankenhaus der Stadt Wien|Allgemeinen Krankenhaus Wien]]. Kraus spezialisierte sich vorerst auf Pädiatrie, später auf [[Lungenheilkunde]] und Kehlkopferkrankungen. Danach wurde er Assistent des Vorstandes der med. Universitätsklinik Wien und Gründers der Lungenheilstätte Alland, [[Leopold Schrötter von Kristelli|Leopold von Schrötter]], in dessen Sanatorium Alland. Um 1900 unternahm der Mediziner ausgedehnte Studienreisen in die Schweiz, mehrmals besuchte er das Basler Sanatorium in Davos Dorf. | ||
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== Arthur Baer == | == Arthur Baer == | ||
Arthur Baer wurde am 1. August 1872 als Sohn des jüdischen Maierhofpächters Moritz Bär in Roschowitz/[[Böhmen]] geboren. Wie Kraus besuchte auch er das Deutsche [[Gymnasien in Prag|Gymnasium in Prag]], es folgte das Medizinstudium an der [[Karls-Universität|Universität Prag]], wo er 1897 [[Promotion (Doktor)|promovierte]]. Danach war er ebenfalls Aspirant im Allgemeinen Krankenhaus Wien. Später ging Baer als Assistent in [[Peter Dettweiler (Mediziner)|Peter Dettweilers]] [[Falkenstein Grand|Heilanstalt Falkenstein]] im [[Taunus]]. Dort lernte er auch seine spätere Frau Elisabeth Matwejewa Spitzmacher, eine Moskauer Deutschrussin aus reichem Hause, kennen, deren Vermögen den Grundstein zum Sanatorium Wienerwald bildete. | Arthur Baer wurde am 1. August 1872 als Sohn des jüdischen Maierhofpächters Moritz Bär in Roschowitz/[[Böhmen]] geboren. Wie Kraus besuchte auch er das Deutsche [[Gymnasien in Prag|Gymnasium in Prag]], es folgte das Medizinstudium an der [[Karls-Universität|Universität Prag]], wo er 1897 [[Promotion (Doktor)|promovierte]]. Danach war er ebenfalls Aspirant im Allgemeinen Krankenhaus Wien. Später ging Baer als Assistent in [[Peter Dettweiler (Mediziner)|Peter Dettweilers]] [[Falkenstein Grand|Heilanstalt Falkenstein]] im [[Taunus]]. Dort lernte er auch seine spätere Frau Elisabeth Matwejewa Spitzmacher, eine Moskauer Deutschrussin aus reichem Hause, kennen, deren Vermögen den Grundstein zum Sanatorium Wienerwald bildete. | ||
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== Architektur == | == Architektur == | ||
[[Datei:Sanatorium Wienerwald Plan1.jpg|mini|Planentwurf Bezugsebene (1903)]] | [[Datei:Sanatorium Wienerwald Plan1.jpg|mini|Planentwurf Bezugsebene (1903)]] | ||
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== Interieur == | == Interieur == | ||
[[Datei:Sanatorium Wienerwald, Speisesaal.jpg|mini|Sanatorium Wienerwald Speisesaal um 1904]] | [[Datei:Sanatorium Wienerwald, Speisesaal.jpg|mini|Sanatorium Wienerwald Speisesaal um 1904]] | ||
So nobel zurückhaltend und konservativ das Sanatorium Wienerwald auch in seinem äußeren Erscheinungsbild durchgeplant war, so fortschrittlich und modern präsentierte es sich in seinem Inneren. Streng nach aseptischen Kautelen achteten die Sanatoriumsgründer darauf, dass die hygienischen Anforderungen durch den Einsatz modernster Materialien gewährleistet waren. Die Böden wurden, sofern sie nicht – wie in den Ordinations- und Sanitärräumen – gekachelt waren, durchgehend mit [[Linoleum]] belegt, an den Wänden befanden sich Tapeten aus [[Lincrusta]], einem linoleumähnlichen Material. Alles sollte leicht wasch- bzw. abwaschbar, glatt, impermeabel und nach Möglichkeit desinfizierbar bzw. sterilisierbar sein. | So nobel zurückhaltend und konservativ das Sanatorium Wienerwald auch in seinem äußeren Erscheinungsbild durchgeplant war, so fortschrittlich und modern präsentierte es sich in seinem Inneren. Streng nach aseptischen Kautelen achteten die Sanatoriumsgründer darauf, dass die hygienischen Anforderungen durch den Einsatz modernster Materialien gewährleistet waren. Die Böden wurden, sofern sie nicht – wie in den Ordinations- und Sanitärräumen – gekachelt waren, durchgehend mit [[Linoleum]] belegt, an den Wänden befanden sich Tapeten aus [[Lincrusta]], einem linoleumähnlichen Material. Alles sollte leicht wasch- bzw. abwaschbar, glatt, impermeabel und nach Möglichkeit desinfizierbar bzw. sterilisierbar sein. | ||
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== Kriegerheilstätte == | == Kriegerheilstätte == | ||
Die 1915/16 inmitten des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieges]] gebaute Kriegerheilstätte, ein 25-achsiger, längsgestreckter Bau wurde bereits im Winter 1920 ein Raub der Flammen. Sie verfügte über ein gemauertes [[Erdgeschoß]] und ein hölzernes offenes Obergeschoß, in dem die Liegeflächen untergebracht waren. Das Gebäude bot Platz für etwa sechzig Patienten. Gegliedert wurde die schlichte Anlage lediglich durch einen deutlich vorspringenden dreiachsigen Mittelrisalit, den ein kleines Türmchen krönte. | Die 1915/16 inmitten des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieges]] gebaute Kriegerheilstätte, ein 25-achsiger, längsgestreckter Bau wurde bereits im Winter 1920 ein Raub der Flammen. Sie verfügte über ein gemauertes [[Erdgeschoß]] und ein hölzernes offenes Obergeschoß, in dem die Liegeflächen untergebracht waren. Das Gebäude bot Platz für etwa sechzig Patienten. Gegliedert wurde die schlichte Anlage lediglich durch einen deutlich vorspringenden dreiachsigen Mittelrisalit, den ein kleines Türmchen krönte. | ||
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== Arisierung und Lebensborn == | == Arisierung und Lebensborn == | ||
Im April 1938 wurde das Sanatorium im Zuge des [[Anschluss Österreichs|Anschlusses Österreichs]] an [[Deutsches Reich 1933 bis 1945|NS-Deutschland]] [[Arisierung|„arisiert“]]. Hugo Kraus beging dabei Suizid, sein Kollege Baer wurde verhaftet und gezwungen das Sanatorium dem Verein [[Lebensborn]] zu überschreiben. Er verstarb 1941 verarmt in [[Pardubice]]. | Im April 1938 wurde das Sanatorium im Zuge des [[Anschluss Österreichs|Anschlusses Österreichs]] an [[Deutsches Reich 1933 bis 1945|NS-Deutschland]] [[Arisierung|„arisiert“]]. Hugo Kraus beging dabei Suizid, sein Kollege Baer wurde verhaftet und gezwungen das Sanatorium dem Verein [[Lebensborn]] zu überschreiben. Er verstarb 1941 verarmt in [[Pardubice]]. | ||
Noch 1938 wurde das Haus nach den Richtlinien der [[NS-Architektur|Reichsarchitektur]] umgebaut, das heißt vereinfacht, die Liegehalle wurde in ein zweigeschoßiges festes Gebäude umgewandelt. Dabei verlor der Bau die typischen Merkmale des Heimatstils, wie etwa die drei prägenden Türmchen in der Dachlandschaft und das [[Fachwerkhaus|Fachwerk]]. | Noch 1938 wurde das Haus nach den Richtlinien der [[NS-Architektur|Reichsarchitektur]] umgebaut, das heißt vereinfacht, die Liegehalle wurde in ein zweigeschoßiges festes Gebäude umgewandelt. Dabei verlor der Bau die typischen Merkmale des Heimatstils, wie etwa die drei prägenden Türmchen in der Dachlandschaft und das [[Fachwerkhaus|Fachwerk]]. | ||
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In den Jahren 1979 und 1980 wurde nordseitig ein zu großes [[Hallenbad]] angefügt, welches den Betrieb des Hauses schließlich unrentabel machte. Es beinhaltete neben der eigentlichen Badehalle unter anderem Sauna, Tischtennisräume und eine automatische Kegelbahn. Nachdem sich im Laufe der Jahrzehnte auch die Urlaubsgewohnheiten der Bevölkerung geändert hatten, aber es auch zu einer zunehmend besseren Wirtschaftslage gekommen war, kamen immer weniger Urlaubsgäste nach Feichtenbach, was dazu führte, dass die Gewerkschaft das Hotel schloss und nach langwierigen Verhandlungen am 16. Oktober 1989 an die ''Hotel Feichtenbach Betriebsgesellschaft'' (''Tribis Beteiligungsgesellschaft'') verkaufte. | In den Jahren 1979 und 1980 wurde nordseitig ein zu großes [[Hallenbad]] angefügt, welches den Betrieb des Hauses schließlich unrentabel machte. Es beinhaltete neben der eigentlichen Badehalle unter anderem Sauna, Tischtennisräume und eine automatische Kegelbahn. Nachdem sich im Laufe der Jahrzehnte auch die Urlaubsgewohnheiten der Bevölkerung geändert hatten, aber es auch zu einer zunehmend besseren Wirtschaftslage gekommen war, kamen immer weniger Urlaubsgäste nach Feichtenbach, was dazu führte, dass die Gewerkschaft das Hotel schloss und nach langwierigen Verhandlungen am 16. Oktober 1989 an die ''Hotel Feichtenbach Betriebsgesellschaft'' (''Tribis Beteiligungsgesellschaft'') verkaufte. | ||
== Nutzung als Erholungs- und Rehabilitationszentrum und kurzzeitig als Hotel == | |||
Ab 1990 diente das Haus als Erholungs- und Rehabilitationszentrum für Patienten der [[Wiener Gebietskrankenkasse]]. In dieser Zeit wurden zirka 22.000 Patienten, die nach schweren Erkrankungen Erholung oder einer Rehabilitation bedurften, mit verschiedensten therapeutischen Maßnahmen unterstützt, im häuslichen Umfeld ihre Kompetenzen wieder zu erlangen. Nach mehreren Jahren scheiterte jedoch auch dieses Erholungs- und Rehabilitationszentrum, woraufhin der Komplex geschlossen wurde. Eine kurzzeitige Nutzung als ''Hotel Feichtenbach'' scheiterte binnen weniger Monate, sodass das Hauptgebäude mitsamt den kleineren Nebengebäuden seit 2002 ungenutzt ist. Bis in die späten 2000er Jahre wurde sich noch um den Erhalt des Gebäudes sowie der umliegenden Parkanlage gekümmert, bis auch dies eingestellt wurde. | Ab 1990 diente das Haus als Erholungs- und Rehabilitationszentrum für Patienten der [[Wiener Gebietskrankenkasse]]. In dieser Zeit wurden zirka 22.000 Patienten, die nach schweren Erkrankungen Erholung oder einer Rehabilitation bedurften, mit verschiedensten therapeutischen Maßnahmen unterstützt, im häuslichen Umfeld ihre Kompetenzen wieder zu erlangen. Nach mehreren Jahren scheiterte jedoch auch dieses Erholungs- und Rehabilitationszentrum, woraufhin der Komplex geschlossen wurde. Eine kurzzeitige Nutzung als ''Hotel Feichtenbach'' scheiterte binnen weniger Monate, sodass das Hauptgebäude mitsamt den kleineren Nebengebäuden seit 2002 ungenutzt ist. Bis in die späten 2000er Jahre wurde sich noch um den Erhalt des Gebäudes sowie der umliegenden Parkanlage gekümmert, bis auch dies eingestellt wurde. | ||
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