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{{Zitat|Aber alle trüben Gedanken verscheucht der freundliche Anblick der gar malerisch gelegenen Kehillah Kobersdorf. Wer den Begriff "Schutzjudentum" schon durch die Siedlung der Juden, also durch Anschauungsunterricht erklärt haben will, lasse sich durch die jämmerliche Bahnverbindung nicht abschrecken und gönne sich den Tagesausflug hierher. Da ist eine uralte Burg mit mächtigen Festungstürmen, ein Rundbau aus dem [[12. Jahrhundert]], ein untersetzter, stämmiger Kraftkerl, tief eingerammt in die Hügellandschaft. Und jenseits des Burggrabens, auf erhöhtem Geländer der Kranz der Judenhäuser, jedes einzelne mit seiner Front der Burg zugewendet. Das altersgraue, bräuende Mauerwerk im Zentrum und der Ring von Judenhäuschen, überragt von der Synagoge und dem Einkehrgasthaus - hier konnten sich die Urgroßväter sich fühlen, hier hatte man sich (für ein tüchtiges Stück Geld natürlich) unmittelbar unter die Obhut des Herren begeben, hier schwebte schützend die eiserne, bewehrte Ritterfaust überm Judendach.}} | {{Zitat|Aber alle trüben Gedanken verscheucht der freundliche Anblick der gar malerisch gelegenen Kehillah Kobersdorf. Wer den Begriff "Schutzjudentum" schon durch die Siedlung der Juden, also durch Anschauungsunterricht erklärt haben will, lasse sich durch die jämmerliche Bahnverbindung nicht abschrecken und gönne sich den Tagesausflug hierher. Da ist eine uralte Burg mit mächtigen Festungstürmen, ein Rundbau aus dem [[12. Jahrhundert]], ein untersetzter, stämmiger Kraftkerl, tief eingerammt in die Hügellandschaft. Und jenseits des Burggrabens, auf erhöhtem Geländer der Kranz der Judenhäuser, jedes einzelne mit seiner Front der Burg zugewendet. Das altersgraue, bräuende Mauerwerk im Zentrum und der Ring von Judenhäuschen, überragt von der Synagoge und dem Einkehrgasthaus - hier konnten sich die Urgroßväter sich fühlen, hier hatte man sich (für ein tüchtiges Stück Geld natürlich) unmittelbar unter die Obhut des Herren begeben, hier schwebte schützend die eiserne, bewehrte Ritterfaust überm Judendach.}} | ||
{{Zitat|Ich trete bei einem der ältesten Kobersdorfer ein. Die Vergangenheit kam beim Anblick der Burg und der um sie gescharten Judenhäuser so nahe, dass ich mich gar nicht wunderte, wenn mir jetzt der Greis vergilbte Dokumente vorzeigt, die er aus dem Schrank holte und welche etwa so lauten: "Schutzbrief, krafft welches Simon Paß, von Kobersdorf gebürtig, als Schutzjud dieser Herrschaft Kobersdorf anerkannt wird." Es folgt in diesem vom Jahre 1819 datierten Schriftstück die genaue Personalbeschreibung des fürstlichen Schutzjuden. Eine feste Burg und weitreichender Schutz! Wenn der Kobersdorfer Jude verreiste, kriegte er einen Pass mit: "...von der hochfürstlichen Esterhazyschen Herrschaft Lackenbach in Nieder-Ungarn reiset Vorzeiger dieses Passes, ein hiesiger Schutzjud aus dem gesunden und von aller Contagion befreyten in der löblichen Ödenburger Gespannschaft liegenden Orte Kobersdorf mit Bewilligung hoher Grundherrschaft von untengesetztem Tage anfangend auf ein halbes Jahr in Handelsgeschäften in die Erbländer..."}} | {{Zitat|Ich trete bei einem der ältesten Kobersdorfer ein. Die Vergangenheit kam beim Anblick der Burg und der um sie gescharten Judenhäuser so nahe, dass ich mich gar nicht wunderte, wenn mir jetzt der Greis vergilbte Dokumente vorzeigt, die er aus dem Schrank holte und welche etwa so lauten: "Schutzbrief, krafft welches Simon Paß, von Kobersdorf gebürtig, als Schutzjud dieser Herrschaft Kobersdorf anerkannt wird." Es folgt in diesem vom Jahre 1819 datierten Schriftstück die genaue Personalbeschreibung des fürstlichen Schutzjuden. Eine feste Burg und weitreichender Schutz! Wenn der Kobersdorfer Jude verreiste, kriegte er einen Pass mit: "...von der hochfürstlichen Esterhazyschen Herrschaft Lackenbach in Nieder-Ungarn reiset Vorzeiger dieses Passes, ein hiesiger Schutzjud aus dem gesunden und von aller Contagion befreyten in der löblichen Ödenburger Gespannschaft liegenden Orte Kobersdorf mit Bewilligung hoher Grundherrschaft von untengesetztem Tage anfangend auf ein halbes Jahr in Handelsgeschäften in die Erbländer..."}} | ||
{{Zitat|Es spinnt sich eine Konversation über die Verhältnisse von einst an, soweit sie auf den greisen Hausherrn durch mündliche Überlieferung überkommen ist, wird aber plötzlich unterbrochen, weil ein lange ersehnter Brief des geliebten jüngsten Kindes soeben einlangte. Aus [[w:Haifa|Haifa]]! Wie das nahe [[Jüdische Gemeinde Lackenbach|Lackenbach]]hat auch Kobersdorf seinen ersten Chaluz (Anmerkung: Hebräisch für "Der Pionier") für [[w:Eretz Israel|Erez Israel]] beigestellt und seine Gattin, eine junge Ödenburger [[w:Zionismus|Zionistin]], hat ihn dorthin begleitet. Ein froher Brief. Sie schreiben von der herrlichen [[w:Bucht von Haifa|Bucht von Akko]] und berichten nachhause von den jüdischen Bauern im Emek. Der alte Mann ist beglückt. Anders als in anderen der sieben Gemeinden wirkt hier der Geist der Vergangenheit zionsfreundlich. Denn von Kobersdorf ist vor vielen Jahren [[w:Rabbi|Rabbi]] Abraham Zwebner nach Palästina gezogen. Seine Erinnerung wird in hohen Ehren gehalten und er hat sich in Kobersdorf mit der von ihm vor seiner Übersiedling nach Erez Israel erbauten Synagoge ein Denkmal gesetzt.}} | |||
{{Zitat|Als jüngst der gestrenge Rabbi von [[Deutschkreutz]]([[Jüdische Gemeinde Deutschkreutz|Zelem]]) in Kobersdorf weilte, stellt er entrüstet aus, das Gitter der Frauenabteilung in der neuen Schul' sei nicht undurchsichtig genug und forderte die Balbattim (Anmerkung: Hausbesitzer) auf, ein so dichtes Drahtnetz anzubringen, wie es in Zelem die Frauen vor den Blicken der Männer einwandfrei bewahre. Er kam bei den Kobersdorfer nicht gut an. Sie meinten, wenn dieses Holzgitter ihrem großen Rabbi Abraham Zewbner genügt habe, der in palästinensischer Erde begraben ist, so sei die Absonderung der Frauengalerie durch ein Drahtnetz bestimmt nicht erforderlich. Sie sind einfache Leute, die Kobersdorfer. Eine Khille "prosterer" Juden, meist Viehhändler und [[w:Hausierer|Hausierer]], die tagsüber auswärts sind oder gar erst vor Sabbateingang (Anmerkung: Freitagabend) nach Hause kommen und wenig Zeit, auch nicht besondere Neigung zum "Lernen" haben. Sie sind fromm und treu, aber lassen sich durch noch frömmere oder gar fanatische von auswärts nicht [[w:Bockshorn (Redensart)|ins Bockshorn jagen]]. So wird denn vermutlich die Drohung des Zelemer Rebben, nie wieder nach Kobersdorf zu kommen, wenn man nicht das Holzgitter der Frauenschul' durch ein dichtmaschiges Drahtsieb verstärkt, von ihm erfüllt werden müssen. Die Kobersdorfer dürften kam die gewünschte Änderung in ihrer Synagoge vornehmen, so sehr sie sich auch sonst um jüdische Gäste, insbesondere um Sommergäste bemühen. Das rühmliche Kobersdorfer Sauerwasser, die herrliche würzige Waldluft, die weiten Spaziergänge in die Berge locken nämlich zahlreiche Sommerfrischler hierher, die Bauernhäuser und die jüdischen Wirtsleute sind auf sie eingerichtet, Kobersdorf ist der Kurort unter den "Schewe Khilles".}} | |||
=== Zerstörung der Gemeinde 1938 === | === Zerstörung der Gemeinde 1938 === |