Stauweiher Andelsbuch
Der Stauweiher Andelsbuch (auch: Speicherbecken Andelsbuch) befindet sich oberhalb des Kraftwerks Andelsbuch in der Gemeinde Andelsbuch in Vorarlberg.
Lage
Der Stauweiher Andelsbuch ist südseitig durch den Klausberg begrenzt. Die talseitige Beckeneinfassung ist ein Erdschüttdamm. Nördlich des Norddammes befindet sich die Bregenzerwald Straße (L 200), ein Geh- und Radweg sowie ein Betriebsgebiet. Östlich angrenzend liegt der Fußballplatz der Gemeinde Andelsbuch mit entsprechenden Infrastruktureinrichtungen. Im unmittelbaren und mittelbaren Gefährdungsbereich des Stauweihers Andelsbuch befinden sich weitere Gebäude bzw. Bauwerke.
Die Entfernung des Stauweiher Andelsbuch zum unterhalb des Kraftwerks Andelsbuch liegenden Ausgleichsbecken Ach beträgt lediglich rund 500 Meter Luftlinie.
Geschichte
Leopold Rhomberg aus Dornbirn erstellte 1903 eine Projektstudie für ein Kraftwerk in Andelsbuch und einem Stollen von Bezau durch den Klausberg. Gegen dieses Projekt wurde vor Ort stark polemisiert. Die fertigen Pläne wurde in weiterer Folge von der Fa. Jenny & Schindler gekauft. Am 16. und 17. Jänner 1905 fand die erste und am 28. März 1905 die zweite kommissionelle Verhandlung statt.[1][2]
Ab dem 2.9.1905 wurde eine 10 Tonnen schwere Bohrmaschine im Stollen eingesetzt, nachdem der Stollen schon 110 Meter vorangetrieben war.[3] Die Wehr-, Stollen- und Weiherarbeiten wurden teilweise von Mitarbeitern der Fa. Jenny & Schindler selbst, zum Teil durch die Fa. A. Buß & Co. aus Wien durchgeführt. Die Hochbauten (z. B. das Krafthaus) errichtete das Bauunternehmen Josef Schöch aus Dornbirn. Die Firstfeier beim Krafthaus fand am 20. Oktober 1906 statt. Beim Bau des Stollens ereignete sich wegen der Verwendung offenen Lichtes und der ungenügenden Stollenventilation durch Entzündung explosibler Gase ein Unfall, bei welchem 16 Arbeiter Brandwunden I. bis III. Grades erlitten. Bereits zuvor war die Verwendung von Sicherheitslampen von der Behörde vorgeschrieben, vom Bauunternehmen aber ignoriert worden. Erst durch die verhängte Baueinstellung konnte das Unternehmen zur Einhaltung der erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen gebracht werden.[1] 1906 wurde der Firma Jenny & Schindler (später: Vorarlberger Kraftwerke) auch die wasserrechtliche Bewilligung
- zur Errichtung und zum Betrieb einer Wasserkraftanlage an der Bregenzerach (Kraftwerk Andelsbuch)
- mit einer Wasserentnahme in Bezau und
- der Wasserableitung zum Stauweiher Andelsbuch erteilt.
Am 9. Februar 1907 erfolgte der Durchschlag dieses Stollens[4], am 28. November 1907 erfolgte die behördliche Abnahme der Anlage und am 3. Dezember 1907 wurde der Stollen erstmals mit Wasser aus der Bregenzer Ache geflutet.[5]
Im März 1907 wurde durch Regen und Oberflächenwasser der Rohrstrang des Kraftwerkes stark beschädigt. In der Nacht vom 10. auf den 11. März 1907 stieg das Wasser im Weiher, verstopfte den Auslauf gegen Osten mit Holz wodurch der Damm überflutete wurde und das Wasser sich in den Druckleitungsgraben ergoss. Es entstanden erhebliche Schäden, unter anderem wurden die fertig verlegten Druckleitung geknickt.[1]
Das Kraftwerk wurde am 26.1.1908 in Betrieb genommen und war in der österreichisch-ungarischen Monarchie sodann eines der größten und modernsten Kraftwerke. Da für die hier umgewandelte Energie im Bregenzerwald kein ausreichender Bedarf bestand, bzw. keine wirtschaftlich tragbare Verteilmöglichkeit gegeben waren, wurde die Energie durch eine Hochspannungsleitung (auch heute noch 25 kV) zum Unterwerk Alberschwende und von dort weiter nach Dornbirn und Bregenz-Rieden geleitet (heute auch an den Tannberg und in den Vorderwald). Einzig das Ortsnetz in Andelsbuch war an das Kraftwerk damals direkt angeschlossen.[1][6]
Durch den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 20. Dezember 2002 wurde den Vorarlberger Kraftwerken als Rechtsnachfolgerin von Jenny & Schindler die wasserrechtliche Bewilligung zur Ausnützung der Wasserkräfte der Bregenzer Ach, und zwar von der Wasserfassung Bezau bei GwKm 33,75 in Bezau bis zum Niveau des Krafthauses in Andelsbuch, weiter gestattet (Wiederverleihung). Die Wasserfassung in Bezau ist die erste relevante Ableitung aus der Bregenzer Ach für die Energieumwandlung.
Aufgrund der Gefährlichkeit der Anlagen und im Interesse der allgemeinen Sicherheit wurde vom Landeshauptmann von Vorarlberg mit Bescheid vom 29. September 2016 ein Talsperrenverantwortlicher für einige Stauanlagen Vorarlberger Kraftwerke vorgeschrieben, unter anderem auch für den Stauweiher Andelsbuch.
Wasserzuleitung zum und vom Kraftwerk Andelsbuch
Bei Bezau wird das Wasser der Bregenzer Ache mit einem rund 300 Meter langen Stauwehr aus Beton gefasst und über einen 1,6 km lange ausbetonierte Freispiegelstollen mit einem Querschnitt von 250 x 200 cm und einem Gefälle von 2,2 % zum Stauweiher Andelsbuch geleitet. Heute besteht ein weiterer paralleler Stollen zur Wasserzuleitung.
Von der Westseite des Stauweiher Andelsbuch (Wasserschloss) fließt das Wasser über eine Fallhöhe von 62 m durch eine 220 m lange, zweisträngige Druckrohrleitung auf die Francis-Turbinen des Krafthauses Andelsbuch. Dort wird das Wasser über fünf Maschinensätze abgearbeitet und in das Ausgleichsbecken Ach abgeleitet.[1][6]
Kraftwerk Andelsbuch
Das Kraftwerk Andelsbuch wurde 1906 wurde der Firma Jenny & Schindler gebaut und 1908 mit vier Turbinen und Generatoren in Betrieb genommen. Der fünfte Maschinensatz wurde 1969/70 eingebaut.1993 - 1995 wurden die ursprünglichen Maschinen des Kraftwerks erneuert.
Technische Daten
- Maschinen: Fünf Maschinengruppen, davon vier horizontalachsige und eine vertikalachsige Maschinengruppe mit je einer Francisturbine und einem Generator;
- Fallhöhe: 62 Meter;
- Drehzahl: 500 Umdrehungen/Minute;
- Nennspannung:
- Maschinengruppe 1 bis 4: je 5,5 kV,
- Maschinengruppe 5: 10,5 kV;
- Generator-Nennleistung:
- Maschinengruppe 1-4: je 3 MVA,
- Maschinengruppe 5: 8 MVA;
- Inbetriebnahme:
- Maschinengruppe 1-4: 1908,
- Maschinengruppe 5: 1970.[7]
Technische Daten Ausgleichsbecken
Der Stauweiher Andelsbuch liegt auf rund 619 m ü. A. in der Molassezone, die dem Großteil des Bregenzerwaldes zur Grunde liegt. Das Ausgleichsbecken hat eine maximale Länge von rund 400 Meter und größte Breite von rund 120 Meter. Es hat die Form eines unregelmäßige, polygonen Rechtecks. Die Konstruktion des Stauweiher Andelsbuch ist südseitig durch den Klausberg begrenzt. Talseitige (Norden) ist die Beckeneinfassung ein Erdschüttdamm mit einem Lehmdichtkern, die maximale Dammhöhe über Gründungssohle beträgt rund 7 Meter. Das Nettovolumen des Ausgleichsbeckens beträgt etwa 120.000 m³. Ursprünglich betrug der Nutzinhalt rund 185.000 m³, dieses Volumen wurde jedoch im Laufe der Jahrzehnte durch Verladung verringert. Mit einer Nassbaggeranlage wird der Feststoffeintrag (Wasser-Schlammgemisch) zur Verhinderung weiterer Verladungen entnommen und in die Bregenzer Ache abgeleitet.[8]
Zur Entleerung verfügt der Stauweiher über einen Grundablass und bei Hochwasser über eine Hochwasserentlastung, die für eine Wassermenge von 32 m³/s ausgelegt ist.
Mit geodätischen Kontrollmessungen werde die Lage und Höhe des Erdschüttdammes sowie des Einlaufbauwerkes in regelmäßigen Intervallen beobachtet. Im Dammvorland befinden sich Drainageleitungen, in denen die Schüttung kontinuierlich gemessen und aufgezeichnet wird.[8]
Talsperrenverantwortlicher
Bei einem Dammbruch des Stauweihers Andelsbuch wäre mit einer Flutwelle zu rechnen, wodurch Personen im Bereich des besiedelten Gebiets von Andelsbuch sowie das Kraftwerk Andelsbuch und der Ausgleichsspeicher Ach selbst gefährdet wären und auch die Bregenzer Ach sowie viele unterliegenden am Fluss befindlichen Bauten bzw. sich hier aufhaltenden Personen. Deswegen wurde der Stauweiher von der Vorarlberger Landesregierung als Stauanlage mit erheblichem Gefahrenpotential eingestuft.
Mit Bescheid des Landeshauptmanns von Vorarlberg vom 29. September 2016 wurde gemäß § 134 Abs. 7 Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) die Anwendung des § 23a WRG 1959 betreffend Talsperrenverantwortliche auf die Stauanlagen:
- Stauweiher Andelsbuch (Kraftwerk Andelsbuch)
- Speicher Alberschwende/Ausgleichsbecken Ach (Kraftwerk Alberschwende)
- Ausgleichsbecken Alberschwende/Seitenspeicher Bozenau (Kraftwerk Alberschwende).
vorgeschrieben, weil diese Anlagen als gefährliche Anlagen eingestuft wurden und im Interesse der allgemeinen Sicherheit es notwendig war, einen speziellen Verantwortlichen zu berufen.[9]
Talsperrenverantwortliche haben nach § 23a WRG 1959 unter anderem die Aufgaben,
- im Interesse der Talsperrensicherheit erforderliche Maßnahmen zu veranlassen,
- in angemessener Frist leicht erreichbar zu sein,
- festgestellte Mängel abzustellen,
- den Wasserberechtigten hierüber unverzüglich zu informieren und
- besondere Vorkommnisse unter anderem der Wasserrechtsbehörde unverzüglich mitzuteilen.
Durch die Tätigkeit der Talsperrenverantwortliche und durch laufende Überprüfungen und entsprechende Anordnungen sollen Gefährdungen im Vorhinein gar nicht entstehen können.[8]
Jährlich erfolgt eine Begehung der Stauanlage durch das Talsperrenaufsichtsorgan des Landes Vorarlberg im Beisein des Talsperrenverantwortlichen, des Beckenwärters sowie des betroffenen Betriebspersonals der illwerke vkw.[8]
Weblinks
Stauweiher Andelsbuch – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien auf Wikimedia Commons
Kraftwerk Andelsbuch – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien auf Wikimedia Commons- Beschreibung des Kraftwerks auf der Webseite der VKW.
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 Klaus Riezler: Pioniere der Wasserkraft, Webseite: archiv-blog.com vom 19. September 2022.
- ↑ Vorarlberger Landeszeitung 18. Jänner 1905 und Vorarlberger Landeszeitung 31. März 1905.
- ↑ Innsbrucker Nachrichten 7.9.1905
- ↑ Vorarlberger Landeszeitung 9. Februar 1907. Heuet bestehen zwei Stollen.
- ↑ Innsbrucker Nachrichten 3. Dezember 1907.
- ↑ 6,0 6,1 Aus der Geschichte des Andelsbucher Kraftwerks in Vorarlberger Nachrichten vom 16. Oktober 1971.
- ↑ Angaben lt. Kraftwerk Andelsbuch, Webseite: illwerkevkw.at.
- ↑ 8,0 8,1 8,2 8,3 Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 28.02.2019, Geschäftszahl: Ra 2017/07/0071.
- ↑ Gemäß § 23a Abs. 1 WRG 1959 für Talsperren und Speicher, Flusskraftwerke ausgenommen, deren Höhe über Gründungssohle 15 m übersteigt oder durch die eine zusätzliche Wassermenge von mehr als 500.000 m3 zurückgehalten wird, vom Wasserberechtigten in jedem Fall ein fachlich qualifizierter, verlässlicher und mit der Anlage vertrauter Talsperrenverantwortlicher sowie eine entsprechende Stellvertretung schriftlich zu bestellen und der Bezirksverwaltungsbehörde, der Gewässeraufsicht sowie dem BMLFUW bekanntzugeben. Bei Talsperren und Speicher unter 15 Meter über der Gründungssohle kann ein solcher Talsperrenverantwortlicher vorgeschrieben werden, wenn dies im Interesse der allgemeinen Sicherheit notwendig erscheint.
47.4018279.880792Koordinaten: 47° 24′ 7″ N, 9° 52′ 51″ O