Jüdische Gemeinde Gattendorf: Unterschied zwischen den Versionen

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Die '''Jüdische Gemeinde Gattendorf''' gehörte als ''Gräflich'' Esterházysche Gemeinde zwar nicht zu den ''Fürstlich''
Esterházyschen Gemeinden'', den berühmten [[w:Siebengemeinden (Burgenland)|Siebengemeinden]] auf dem Gebiet des heutigen Burgenlandes.  
Esterházyschen Gemeinden, den berühmten [[w:Siebengemeinden (Burgenland)|Siebengemeinden]] auf dem Gebiet des heutigen Burgenlandes, sie wurde aber [[1885]] durch den Anschluss an die größere [[Jüdische Gemeinde Kittsee|jüdische Gemeinde Kittsee]] ein Teil von ihnen.<ref name="vhsgattendorf">[http://www.vhs-burgenland.at/home/Geschichte_und_Zeitgeschichte_files/03gattendorf.pdf VHS Burgenland - Gattendorf], Webseite regiowiki.at, abgerufen am 23. September 2015</ref>


siehe auch: [[Geschichte der Juden im Burgenland]]
siehe auch: [[Geschichte der Juden im Burgenland]]
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== Geschichte der jüdischen Gemeinde ==
== Geschichte der jüdischen Gemeinde ==
=== Von der Entstehung der Gemeinde bis zur Gründung des Burgenlandes 1921 ===
=== Von der Entstehung der Gemeinde bis zur Gründung des Burgenlandes 1921 ===
Für die Ansiedlung der Juden in Kobersdorf war die Niederlage der Ungarn gegen die [[w:Osmanen|Osmanen]] verantwortlich, die als nationales Trauma in die Geschichte Ungarns einging und in deren Folge die Juden aus Städten und Festungen vertrieben wurden.
Die Gründung der jüdischen Gemeinde Gattendorf wird je nach Quelle zwischen [[1704]]<ref name="vhsgattendorf"></ref> bis [[1726]]<ref name="davidkultur">[http://www.davidkultur.at/ausgabe.php?ausg=89&artikel=246 Evelyn Adunka: ''Die jüdische Gemeinde von Gattendorf''], Webseite www.davidkultur.at, abgerufen am 23. September 2015</ref> angegeben. [[1764]] wohnten im ehemaligen Meierhof
Im [[16. Jahrhundert]] dürfte in Kobersdorf eine voll ausgebildete Gemeinde mit [[w:Synagoge|Synagoge]], Friedhof, [[w:Schächten|Schächter]], Schulsinger und Gemeindegericht existiert haben. [[1569]] lebten 18 jüdische Familien in sieben Häusern. Die Gemeinde war ebenso wie die Wiener Juden vom ''Vertreibungsdekret'' von Kaiser [[w:Leopold I. (HRR)|Leopold I.]] betroffen. Die Kobersdorfer Juden durften aber gegen Entrichtung von Gebühren unter dem Schutz von Fürst [[w:Paul I. Esterházy de Galantha|Paul Esterházy]] und seiner Nachfahren wieder im Dorf leben.<ref name="vhskobersdorf"></ref>
der Familie Schloßberg 18 jüdische Familien, die Schutzgeld an die Herrschaft [[w:Esterházy|Esterházy]] zu zahlen hatten.<ref name="vhsgattendorf"></ref>  


Stationen der [[w:Jüdische Emanzipation|Emanzipation]] der Kobersdorfer Juden waren das Toleranzpatent<ref>[http://www.jku.at/kanonistik/content/e95782/e95785/e95786/e95794/e104403/e104407/e98357/ToleranzpatentfuerJudeninWienundinNOE.pdf Universität Graz - Toleranzpatent für die Juden in Wien und in Niederösterreich], Webseite www.jku.at, abgerufen am 6. Februar 2015</ref> von Kaiser [[w:Joseph II.|Joseph II.]], der Erhalt der ungarischen Staatsbürgerschaft während des [[w:Ungarischer Unabhängigkeitskrieg|Ungarischen Unabhängigkeitskrieges]] von [[1848]]/[[1849|49]] sowie die endgültige Gleichstellung am 20. Dezember [[1867]] in Folge des [[w:Österreichisch-Ungarischer_Ausgleich#Ungarische_Reformen|Österreich-Ungarischen Ausgleiches]].
Stationen der [[w:Jüdische Emanzipation|Emanzipation]] der Gattendorfer Juden waren das Toleranzpatent<ref>[http://www.jku.at/kanonistik/content/e95782/e95785/e95786/e95794/e104403/e104407/e98357/ToleranzpatentfuerJudeninWienundinNOE.pdf Universität Graz - Toleranzpatent für die Juden in Wien und in Niederösterreich], Webseite www.jku.at, abgerufen am 6. Februar 2015</ref> von Kaiser [[w:Joseph II.|Joseph II.]], der Erhalt der ungarischen Staatsbürgerschaft während des [[w:Ungarischer Unabhängigkeitskrieg|Ungarischen Unabhängigkeitskrieges]] von [[1848]]/[[1849|49]] sowie die endgültige Gleichstellung am 20. Dezember [[1867]] in Folge des [[w:Österreichisch-Ungarischer_Ausgleich#Ungarische_Reformen|Österreich-Ungarischen Ausgleiches]].


Im 19. Jahrhundert galt Kobersdorf wegen des bekannten Mineralwassers als beliebter Kurort unter den ''Siebengemeinden'' und die Gemeinde bemühte sich um jüdische Kurgäste. [[1860]] wurde gegenüber dem Schloss die Synagoge im Stil des [[w:Historismus|Historismus]] gebaut.<ref name="ojm">[http://www.ojm.at/ls/gemeinden/kobersdorf/ Österreichisches Jüdisches Museum - Gemeinde Kobersdorf], Webseite www.ojm.at, abgerufen am 9. Februar 2015</ref>
Die höchste Einwohnerzahl erreicht die jüdische Gemeinde [[1857]] mit 206 Personen<ref name="davidkultur"></ref>, danach sank diese Zahl ständig, sodass die jüdische Gemeinde schließlich 1885 an die von [[Kittsee]] angeschlossen wurde. Zuvor war im Jahre [[1862]] eine [[w:Synagoge|Synagoge]] erbaut worden. Durch die starke Abwanderung der Juden soll es aber manchmal sogar
schwierig gewesen sein, die für den Gottesdienst erforderlichen zehn Männer zusammen zu bringen.<ref name="vhsgattendorf"></ref>


=== Bevölkerungsentwicklung der jüdischen Gemeinde ===
=== Bevölkerungsentwicklung der jüdischen Gemeinde ===
Die folgende Tabelle zeigt wie viele jüdische Bewohner im jeweiligen Jahr in Kobersdorf lebten. Der Höchststand wurde in der ersten Hälfte des [[19. Jahrhundert|19. Jahrhunderts]] erreicht, während es in den 1930er-Jahren noch knapp 200 Juden in Kobersdorf gab.
Die folgende Tabelle zeigt wie viele jüdische Bewohner im jeweiligen Jahr in Gattendorf lebten.<ref name="davidkultur"></ref><ref name="vhsgattendorf"></ref> Der Höchststand wurde Mitte des [[19. Jahrhundert|19. Jahrhunderts]] erreicht, während es in den 1930er-Jahren noch knapp 20 Juden in Gattendorf gab.


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== Opferbilanz des Holocausts ==
== Opferbilanz des Holocausts ==
=== Allgemeine Informationen ===
[[Datei:Wikipedia-sobibor-101.jpg|miniatur|Schild des Bahnhofes (der Rampe) an dem die Häftlingstransporte in Sobibór ankamen (2007)]]
[[File:Deportation der österreichischen Juden Wien 1942.jpg|mini|Deportation österreichischer Juden aus Wien.]]
Die [[Burgenländische Forschungsgesellschaft|Burgenländische Forschungsgesellschaft]] hat aus verschiedenen Quellen Daten über die burgenländischen Opfer des [[w:Holocaust|Holocausts]] ermittelt und mit diesen Informationen eine Datenbank erstellt.<ref name="forschungsgesellschaft">[http://www.forschungsgesellschaft.at/emigration/database/db_result_d.htm Die burgenländisch-jüdischen Opfer der NS-Zeit], Webseite www.forschungsgesellschaft.at, abgerufen am 6. Februar 2015</ref><ref>[http://www.forschungsgesellschaft.at/emigration/database/odb_d.php Burgenländische Forschungsgesellschaft: Opferdatenbank] abgerufen am 12. Februar 2015</ref> In der Opferdatenbank des [[w:Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes|Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes]] finden sich weitere Informationen über Juden, die in Gattendorf geboren wurden oder gewohnt haben.<ref>[http://www.doew.at/personensuche DÖW Opferdatenbank], Webseite www.doew.at, abgerufen am 23. Februar 2015</ref> Als letzte Quelle wurde die ''Zentrale Datenbank der Namen der Holocaustopfer'' von [[w:Yad Vashem|Yad Vashem]] herangezogen, in der sich auch Datensätze befinden, die aufgrund von Meldungen überlebender Angehöriger angelegt wurden.<ref>[http://db.yadvashem.org/names/search.html?language=de Yad Vashem - Zentrale Datenbank der Namen der Holocaustopfer], Webseite db.yadvashem.org, abgerufen am 1. März 2015</ref>
Die [[Burgenländische Forschungsgesellschaft|Burgenländische Forschungsgesellschaft]] hat aus verschiedenen Quellen Daten über die burgenländischen Opfer des [[w:Holocaust|Holocausts]] ermittelt und mit diesen Informationen eine Datenbank erstellt.<ref name="forschungsgesellschaft">[http://www.forschungsgesellschaft.at/emigration/database/db_result_d.htm Die burgenländisch-jüdischen Opfer der NS-Zeit], Webseite www.forschungsgesellschaft.at, abgerufen am 6. Februar 2015</ref>


In der Datenbank findet man unter anderem folgende Informationen:<ref>[http://www.forschungsgesellschaft.at/emigration/database/odb_d.php Burgenländische Forschungsgesellschaft: Opferdatenbank] abgerufen am 12. Februar 2015</ref>
Aus den Daten lassen sich viele menschliche Tragödien herauslesen. Besonders tragisch erscheint das Schicksal der Familie Schindler, die in Gattendorf Nr. 106 gewohnt hatte. Sie war zuerst nach [[w:Liptovsky Mikulas|Liptovsky Mikulas]] ausgewiesen worden und wurde dann am 1. Juni 1942 dort voneinander getrennt. Während Otto Schindler in das [[w:Ghetto Lublin|Ghetto Lublin]] deportiert wurde, kamen Mutter Flora, die 14-jährige Helene und die 12-jährige Frida in das [[w:Vernichtungslager Sobibor|Vernichtungslager Sobibor]].<ref>[http://ausstellung.de.doew.at/b212.html Deportation der Juden - Tschechoslowakei], Webseite ausstellung.de.doew.at, abgerufen am 23. Februar 2015</ref>


Auch die anderen Gattendorfer Juden wurden zuerst in die [[w:Slowakei|Slowakei]] ausgewiesen, bevor sie deportiert wurden, drei von ihnen in das Ghetto von [[w:Žilina|Žilina]]. 


=== Synagoge Kobersdorf ===
Siehe auch: [[Liste der Holocaust-Opfer mit Bezug zu Gattendorf]]
 
== Situation heute ==
=== Synagoge Gattendorf ===
[[Datei:INmanheimmer.jpg|mini|hochkant|Der bekannte Wiener Rabbiner Isaak Mannheimer weihte die Gattendorfer Synagoge ein.]]
Die Synagoge wurde 1862 errichtet und vom bekannten Wiener Rabbiner [[w:Isaak Mannheimer|Isaak Mannheimer]] eingeweiht. Sie hatte 46 Männer- und 34 Frauensitze, zeitgenössische Fotos von ihrem Innern sind nicht erhalten. Die Synagoge blieb [[1938]] vom [[w:Novemberpogrome 1938|Novemberpogrom]] verschont und wurde nach der Vertreibung der Juden aus Gattendorf zu einem Lager für Getreide und Erdäpfel und zu einem Gefängnis für russische Kriegsgefangene. Die Rechtsnachfolgerin der jüdischen Gemeinde Gattendorf, die [[w:Israelitische Kultusgemeinde Wien|Israelitische Kultusgemeinde Wien]], erhielt die Synagoge [[1952]] [[w:Restitution (Österreich)|restituiert]]. [[1971]] verkaufte die IKG Wien das Gebäude an einen Unternehmer, der es als Gewerbebetrieb nutzen wollte. Da diese Pläne scheiterten, verkaufte dieser die ehemalige Synagoge an ein Ehepaar weiter. Sie wurde nun bis [[1995]] als Einstellplatz für landwirtschaftliche Geräte genutzt. Die neuen Besitzer beschlossen Mitte der [[1990er]]-Jahre das Gebäude abzureißen und erhielten ohne Probleme den entsprechenden Bescheid dafür. Die Abrissarbeiten begannen am 27. April [[1996]], einige Tage später war die Synagoge abgetragen. Heute befindet sich an ihrer Stelle eine Grasfläche.<ref name="davidkultur"></ref>


=== Jüdischer Friedhof Gattendorf ===
=== Jüdischer Friedhof Gattendorf ===
Der mehr
Der [[w:Jüdischer Friedhof (Gattendorf)|Jüdische Friedhof Gattendorf]] liegt außerhalb der Ortschaft südöstlich der Kläranlage und steht unter [[w:Denkmalschutz|Denkmalschutz]]. Er besitzt eine Fläche von 2733 m², worauf sich 120 Grabsteine befinden.
 
Der jüdische Autor [[Leopold Moses]] schrieb 1927 in einem Reisebericht über den Friedhof:<ref>[http://www.ojm.at/gemeinden/kittsee/ Österreichisch Jüdisches Museum - Kittsee/Gattendorf], Webseite www.ojm.at, abgerufen am 24. Februar 2015</ref>
{{Zitat|Der Friedhof liegt eine Viertelstunde von Gattendorf entfernt, von dichten Hecken umgeben. Er ist mindestens hundertfünfzig Jahre alt ... die zum Teil von fast undurchdringlichem Gestrüpp umgebenen Grabsteine weisen Namen von Familien auf, die man heute in Gattendorf vergebens suchen würde. Sie sind längst nach Wien oder Pressburg, wenn nicht gar nach Budapest abgewandert. Eine von diesen Familien führt den Namen Materna, der wohl von dem ... Frauennamen Matrona hebräisch abgeleitet sein dürfte ... und so kann man auch hier eine Fülle anregender Dinge finden, die unsere Kenntnis um unser eigenes Sein vermehren ...}}
 
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== Literatur ==
* Klaus Derks: ''Kattondorff. Die vergessene Judengemeinde von Gattendorf.'', Herausgegeben vom Verein zur Erforschung der Ortsgeschichte von Gattendorf 2010, ISBN 978-3-200-01970-6 ([http://gv-gattendorf.at/index.php?option=com_remository&Itemid=15&func=download&id=9&chk=8e1cb2de1a72181eed6f380a9bbf0c4e&no_html=1 Online])


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references />
<references />
== Weblinks ==
* [http://www.forschungsgesellschaft.at/download/edjc_2015_web.pdf Europäischer Tag der Jüdischen Kultur am 6. September 2015]
<!--* [https://www.jüdische-gemeinden.de/index.php/gemeinden/e-g/683-gattendorf-burgenland-oesterreich Gattendorf] aus der Geschichte der jüdischen Gemeinden im deutschen Sprachraum-->


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[[Kategorie:Geschichte der Juden (Burgenland)]]
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Aktuelle Version vom 27. Mai 2024, 10:54 Uhr

Die Jüdische Gemeinde Gattendorf gehörte als Gräflich Esterházysche Gemeinde zwar nicht zu den Fürstlich Esterházyschen Gemeinden, den berühmten Siebengemeinden auf dem Gebiet des heutigen Burgenlandes, sie wurde aber 1885 durch den Anschluss an die größere jüdische Gemeinde Kittsee ein Teil von ihnen.[1]

siehe auch: Geschichte der Juden im Burgenland

Geschichte der jüdischen Gemeinde

Von der Entstehung der Gemeinde bis zur Gründung des Burgenlandes 1921

Die Gründung der jüdischen Gemeinde Gattendorf wird je nach Quelle zwischen 1704[1] bis 1726[2] angegeben. 1764 wohnten im ehemaligen Meierhof der Familie Schloßberg 18 jüdische Familien, die Schutzgeld an die Herrschaft Esterházy zu zahlen hatten.[1]

Stationen der Emanzipation der Gattendorfer Juden waren das Toleranzpatent[3] von Kaiser Joseph II., der Erhalt der ungarischen Staatsbürgerschaft während des Ungarischen Unabhängigkeitskrieges von 1848/49 sowie die endgültige Gleichstellung am 20. Dezember 1867 in Folge des Österreich-Ungarischen Ausgleiches.

Die höchste Einwohnerzahl erreicht die jüdische Gemeinde 1857 mit 206 Personen[2], danach sank diese Zahl ständig, sodass die jüdische Gemeinde schließlich 1885 an die von Kittsee angeschlossen wurde. Zuvor war im Jahre 1862 eine Synagoge erbaut worden. Durch die starke Abwanderung der Juden soll es aber manchmal sogar schwierig gewesen sein, die für den Gottesdienst erforderlichen zehn Männer zusammen zu bringen.[1]

Bevölkerungsentwicklung der jüdischen Gemeinde

Die folgende Tabelle zeigt wie viele jüdische Bewohner im jeweiligen Jahr in Gattendorf lebten.[2][1] Der Höchststand wurde Mitte des 19. Jahrhunderts erreicht, während es in den 1930er-Jahren noch knapp 20 Juden in Gattendorf gab.

Jahr Bewohner
1764
18 Familien
1836
171
1857
206
1880
62
1934
19

Zerstörung der Gemeinde 1938

Nach dem Anschluss Österreichs im März 1938 übernahm Tobias Portschy als Gauleiter die Macht im Burgenland. Am 2. April forderte er neben der Lösung der Zigeunerfrage auch die Lösung der Judenfrage, die nun folgende Entwicklung führte dazu, dass eine dreihundertjährige kontinuierliche Entwicklung in wenigen Wochen für immer unterbrochen wurde.[4]

Opferbilanz des Holocausts

Schild des Bahnhofes (der Rampe) an dem die Häftlingstransporte in Sobibór ankamen (2007)

Die Burgenländische Forschungsgesellschaft hat aus verschiedenen Quellen Daten über die burgenländischen Opfer des Holocausts ermittelt und mit diesen Informationen eine Datenbank erstellt.[5][6] In der Opferdatenbank des Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes finden sich weitere Informationen über Juden, die in Gattendorf geboren wurden oder gewohnt haben.[7] Als letzte Quelle wurde die Zentrale Datenbank der Namen der Holocaustopfer von Yad Vashem herangezogen, in der sich auch Datensätze befinden, die aufgrund von Meldungen überlebender Angehöriger angelegt wurden.[8]

Aus den Daten lassen sich viele menschliche Tragödien herauslesen. Besonders tragisch erscheint das Schicksal der Familie Schindler, die in Gattendorf Nr. 106 gewohnt hatte. Sie war zuerst nach Liptovsky Mikulas ausgewiesen worden und wurde dann am 1. Juni 1942 dort voneinander getrennt. Während Otto Schindler in das Ghetto Lublin deportiert wurde, kamen Mutter Flora, die 14-jährige Helene und die 12-jährige Frida in das Vernichtungslager Sobibor.[9]

Auch die anderen Gattendorfer Juden wurden zuerst in die Slowakei ausgewiesen, bevor sie deportiert wurden, drei von ihnen in das Ghetto von Žilina.

Siehe auch: Liste der Holocaust-Opfer mit Bezug zu Gattendorf

Situation heute

Synagoge Gattendorf

Der bekannte Wiener Rabbiner Isaak Mannheimer weihte die Gattendorfer Synagoge ein.

Die Synagoge wurde 1862 errichtet und vom bekannten Wiener Rabbiner Isaak Mannheimer eingeweiht. Sie hatte 46 Männer- und 34 Frauensitze, zeitgenössische Fotos von ihrem Innern sind nicht erhalten. Die Synagoge blieb 1938 vom Novemberpogrom verschont und wurde nach der Vertreibung der Juden aus Gattendorf zu einem Lager für Getreide und Erdäpfel und zu einem Gefängnis für russische Kriegsgefangene. Die Rechtsnachfolgerin der jüdischen Gemeinde Gattendorf, die Israelitische Kultusgemeinde Wien, erhielt die Synagoge 1952 restituiert. 1971 verkaufte die IKG Wien das Gebäude an einen Unternehmer, der es als Gewerbebetrieb nutzen wollte. Da diese Pläne scheiterten, verkaufte dieser die ehemalige Synagoge an ein Ehepaar weiter. Sie wurde nun bis 1995 als Einstellplatz für landwirtschaftliche Geräte genutzt. Die neuen Besitzer beschlossen Mitte der 1990er-Jahre das Gebäude abzureißen und erhielten ohne Probleme den entsprechenden Bescheid dafür. Die Abrissarbeiten begannen am 27. April 1996, einige Tage später war die Synagoge abgetragen. Heute befindet sich an ihrer Stelle eine Grasfläche.[2]

Jüdischer Friedhof Gattendorf

Der Jüdische Friedhof Gattendorf liegt außerhalb der Ortschaft südöstlich der Kläranlage und steht unter Denkmalschutz. Er besitzt eine Fläche von 2733 m², worauf sich 120 Grabsteine befinden.

Der jüdische Autor Leopold Moses schrieb 1927 in einem Reisebericht über den Friedhof:[10]

„Der Friedhof liegt eine Viertelstunde von Gattendorf entfernt, von dichten Hecken umgeben. Er ist mindestens hundertfünfzig Jahre alt ... die zum Teil von fast undurchdringlichem Gestrüpp umgebenen Grabsteine weisen Namen von Familien auf, die man heute in Gattendorf vergebens suchen würde. Sie sind längst nach Wien oder Pressburg, wenn nicht gar nach Budapest abgewandert. Eine von diesen Familien führt den Namen Materna, der wohl von dem ... Frauennamen Matrona hebräisch abgeleitet sein dürfte ... und so kann man auch hier eine Fülle anregender Dinge finden, die unsere Kenntnis um unser eigenes Sein vermehren ...“

Literatur

  • Klaus Derks: Kattondorff. Die vergessene Judengemeinde von Gattendorf., Herausgegeben vom Verein zur Erforschung der Ortsgeschichte von Gattendorf 2010, ISBN 978-3-200-01970-6 (Online)

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 VHS Burgenland - Gattendorf, Webseite regiowiki.at, abgerufen am 23. September 2015
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 Evelyn Adunka: Die jüdische Gemeinde von Gattendorf, Webseite www.davidkultur.at, abgerufen am 23. September 2015
  3. Universität Graz - Toleranzpatent für die Juden in Wien und in Niederösterreich, Webseite www.jku.at, abgerufen am 6. Februar 2015
  4. Österreichisch Jüdisches Museum - Jüdische Gemeinden des Burgenlandes, Webseite www.ojm.at, abgerufen am 10. Februar 2015
  5. Die burgenländisch-jüdischen Opfer der NS-Zeit, Webseite www.forschungsgesellschaft.at, abgerufen am 6. Februar 2015
  6. Burgenländische Forschungsgesellschaft: Opferdatenbank abgerufen am 12. Februar 2015
  7. DÖW Opferdatenbank, Webseite www.doew.at, abgerufen am 23. Februar 2015
  8. Yad Vashem - Zentrale Datenbank der Namen der Holocaustopfer, Webseite db.yadvashem.org, abgerufen am 1. März 2015
  9. Deportation der Juden - Tschechoslowakei, Webseite ausstellung.de.doew.at, abgerufen am 23. Februar 2015
  10. Österreichisch Jüdisches Museum - Kittsee/Gattendorf, Webseite www.ojm.at, abgerufen am 24. Februar 2015

Weblinks