Zitternberg: Unterschied zwischen den Versionen

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Im heutigen Siedlungsraum Zitternberg wurde erstmals um 1101 ein kleines Dorf namens Standorf, was Dorf des Stano bedeuten soll, erwähnt. Das Dorf, welches später auch als Steindorf bezeichnet wird war im Besitz des [[wp-de:Stift Göttweig|Stiftes Göttweig]] und lag zwischen dem Zitternberger Oberort und dem Nachbardorf Maiersch. 1108 wurden diese Besitzungen durch König Heinrich V. bestätigt.
Im heutigen Siedlungsraum Zitternberg wurde erstmals um 1101 ein kleines Dorf namens Standorf, was Dorf des Stano bedeuten soll, erwähnt. Das Dorf, welches später auch als Steindorf bezeichnet wird war im Besitz des [[wp-de:Stift Göttweig|Stiftes Göttweig]] und lag zwischen dem Zitternberger Oberort und dem Nachbardorf Maiersch. 1108 wurden diese Besitzungen durch König Heinrich V. bestätigt.
Rapoto von Schönberg genoss bis ungefähr 1265 die Passauer Zehente in diesem Steindorph. 1306 übernahm Albert von Kuenring von seinem Vetter Leutold von Kuenring die Vogtei über die Göttweiger Besitzungen Meirs ([[Maiersch]]), Chotzndorf ([[Kotzendorf]]) und Stendorf  mit einem jährlichen Reichnis von drei Mut Hafer nach Seefelder Maß.  
Rapoto von Schönberg genoss bis ungefähr 1265 die Passauer Zehente in diesem Steindorph. 1306 übernahm Albert von Kuenring von seinem Vetter Leutold von Kuenring die Vogtei über die Göttweiger Besitzungen Meirs ([[Maiersch]]), Chotzndorf ([[Kotzendorf]]) und Stendorf  mit einem jährlichen Reichnis von drei Mut Hafer nach Seefelder Maß.  
Die Gülten gehörten zur Herrschaft Gars am Kamp, welche um 1390 von Überländern in Staendorf 42 d und in Staenpach 18 d von einem Müller für einen Acker 16 d Dienst einnahm. Das Dorf war also damals schon öder und auch die Mühle, die sich am rechten Kampufer beim Steinbachtal, in der Nähe des heutigen Hauses Thunau 43 befand, war kurz vorher eingegangen. Man will dort jedoch noch lange Zeit einen Mühlstein und Mauerreste gesehen haben.
Im 15. Jahrhundert verödete dieses Steindorf.


Erstmals wieder 1587 findet sich in den Geschichtsbüchern am Ort des verödeten Steindorf die Ortschaft Zitternberg. 1590 werden zwölf Häuser gezählt.  
''Die Gülten gehörten zur Herrschaft Gars am Kamp, welche um 1390 von Überländern in Staendorf 42 d und in Staenpach 18 d von einem Müller für einen Acker 16 d Dienst einnahm. Das Dorf war also damals schon öder und auch die Mühle, die sich am rechten Kampufer beim Steinbachtal, in der Nähe des heutigen Hauses Thunau 43 befand, war kurz vorher eingegangen. Man will dort jedoch noch lange Zeit einen Mühlstein und Mauerreste gesehen haben.''


Im Winter 1828/29 wurde erstmals eine durchgängige Straße ohne Furten durchs Kamptal (heute [[wp-de:Kamptal Straße|Kamptalbundesstraße]]) geschaffen, da die Gemeinden Unterplank, Stiefern und Schönberg große Felsen, die in den [[wp-de:Kamp (Fluss)|Kamp]] hineinstanden, weggesprengt und neue Wege angelegt hatten.
Im 15. Jahrhundert verödete dieses Steindorf. Erstmals wieder 1587 findet sich in den Geschichtsbüchern am Ort des verödeten Steindorf die Ortschaft Zitternberg. 1590 werden zwölf Häuser gezählt.
 
Im Winter 1828/1829 wurde erstmals eine durchgängige Straße ohne Furten durchs Kamptal (heute [[wp-de:Kamptal Straße|Kamptalbundesstraße]]) geschaffen, da die Gemeinden Unterplank, Stiefern und Schönberg große Felsen, die in den [[wp-de:Kamp (Fluss)|Kamp]] hineinstanden, weggesprengt und neue Wege angelegt hatten.
1840 wurde erstmals eine einfache Betkapelle in der Ortschaft erwähnt. Die Kapelle war bis 1988 in Verwendung. [[Datei:Alte Kirche Zitternberg.JPG|miniatur|Alte Kapelle]]
1840 wurde erstmals eine einfache Betkapelle in der Ortschaft erwähnt. Die Kapelle war bis 1988 in Verwendung. [[Datei:Alte Kirche Zitternberg.JPG|miniatur|Alte Kapelle]]
1850 fielen schließlich die Ketten zwischen den Bauern und den Grundherren – das Untertanenverhältnis wurde aufgehoben. Somit hatte Zitternberg anstatt eines herrschaftlichen Dorfrichters einen gewählten Bürgermeister.
1850 fielen schließlich die Ketten zwischen den Bauern und den Grundherren – das Untertanenverhältnis wurde aufgehoben. Somit hatte Zitternberg anstatt eines herrschaftlichen Dorfrichters einen gewählten Bürgermeister.
1865 kann für die Ortschaft Zitternberg, die bis 1970 eine eigenständige Gemeinde gewesen war, der erste Bürgermeister namentlich nachgewiesen werden. Wirtschaftsbesitzer Anton Schneider besetzte das Amt des Bürgermeisters bis 1867. Ihm folgte 1868 Johann Loibl nach.
1865 kann für die Ortschaft Zitternberg, die bis 1970 eine eigenständige Gemeinde gewesen war, der erste Bürgermeister namentlich nachgewiesen werden. Wirtschaftsbesitzer Anton Schneider besetzte das Amt des Bürgermeisters bis 1867. Ihm folgte 1868 Johann Loibl nach.


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Im Ort Zitternberg, der 1890 nur 21 [[wp-de:Hausnummer|Hausnummern]] zählte, wurde um die Jahrhundertwende eine stattliche Anzahl Landhäuser und Villen gebaut. Der Ort zählte danach 69 Häuser, weshalb auch die Zahl der Sommergäste im Jahre 1913 bereits ca. 300 betrug.
Im Ort Zitternberg, der 1890 nur 21 [[wp-de:Hausnummer|Hausnummern]] zählte, wurde um die Jahrhundertwende eine stattliche Anzahl Landhäuser und Villen gebaut. Der Ort zählte danach 69 Häuser, weshalb auch die Zahl der Sommergäste im Jahre 1913 bereits ca. 300 betrug.


1899 kaufte Emil Hanebeck aus Iserlohn in Westfalen die ehemaligen Amon-Mühle in Zitternberg und errichtete dort 1901 mit 40 Arbeitern die erste [[wp-de:Nadelfabrik Zitternberg|Nadelfabrik]] der österreichisch-ungarischen Monarchie. Während andere als Fabriken umgestaltete Kampmühlen ihren Betrieb einstellen mussten, hatte sich die Nadelfabrik zu einem exportorientierten Unternehmen mit Weltruf entwickelt. Facharbeiter wanderten aus Westfalen und dem Sudetenland zu und wurden hier sesshaft. Für die Neuankömmlinge mussten Wohnstätten geschaffen werden und so entstand der neue Ortsteil „Neuzitternberg“, später Unterörtl genannt, vom bäuerlichen Altzitternberg einst getrennt. Erst später wurde die 600 m lange Lücke zwischen beiden Teilen durch die Bautätigkeit geschlossen.  
1899 kaufte ''Emil Hanebeck'' aus Iserlohn in Westfalen die ehemaligen Amon-Mühle in Zitternberg und errichtete dort 1901 mit 40 Arbeitern die erste [[wp-de:Nadelfabrik Zitternberg|Nadelfabrik]] der österreichisch-ungarischen Monarchie. Während andere als Fabriken umgestaltete Kampmühlen ihren Betrieb einstellen mussten, hatte sich die Nadelfabrik zu einem exportorientierten Unternehmen mit Weltruf entwickelt. Facharbeiter wanderten aus Westfalen und dem Sudetenland zu und wurden hier sesshaft. Für die Neuankömmlinge mussten Wohnstätten geschaffen werden und so entstand der neue Ortsteil „Neuzitternberg“, später Unterörtl genannt, vom bäuerlichen Altzitternberg einst getrennt. Erst später wurde die 600 Meter lange Baulücke zwischen beiden Teilen durch die Bautätigkeit geschlossen.  


1911 wird der [[Verschönerungsverein Zitternberg]] gegründet, welcher heute noch äußerst aktiv am Dorfleben Anteil nimmt. [[Datei:Gasthaus Stöger.jpg|miniatur|Gasthaus Stöger um 1910]]
[[Datei:Gasthaus Stöger.jpg|miniatur|Gasthaus Stöger um 1910]]
1911 wird der [[Verschönerungsverein Zitternberg]] gegründet, welcher heute noch äußerst aktiv am Dorfleben Anteil nimmt.  
Am 21. August 1921 wurde das Kriegerdenkmal feierlich eingeweiht um den vierzehn Gefallenen Zitternbergern des Ersten Weltkrieges ein bleibendes Ehrenmal zu widmen.


Am 21. August 1921 wurde das Kriegerdenkmal feierlich eingeweiht um den vierzehn Gefallenen Zitternbergern des Ersten Weltkrieges ein bleibendes Ehrenmal zu widmen.
In Zitternberg war die Firma Hanebeck bis April 1939 als Nadelfabrik geführt worden. Durch die Schließung wanderten viele Arbeiterfamilien weg und Aussiedler aus der Gegend um [[wp-de:Döllersheim (Gemeinde Pölla|Döllersheim]] kamen hierher. Der Betrieb wurde ab 1939 durch den neuen Pächter Dr. Kurt Heidenheim aus Berlin übernommen, der die 1970 in Wien gegründete Firma Häusermann in Wien gekauft hatte und ab nun in Zitternberg für die Kriegsindustrie Blechschilder im Ätzverfahren herstellte. So wurden u.a. ''geätzte Metallschilder für Flugzeuge, Autos, Maschinen aller Art, Skalentrommeln für Zieleinrichtungen, Beschriftungen von Stichplatten aus Glas für Zieleinrichtungen und Präzisionsstricharbeiten sowie Gleitschienen für Maschinengewehre'' produziert.<ref>Gemeinde Gars, Reg.Nr.7/75:, „Gewerbliche Wirtschaft“, 17.10.1945</ref>


In Zitternberg war die Firma Hanebeck bis April 1939 als Nadelfabrik geführt worden. Durch die Schließung wanderten viele Arbeiterfamilien weg und Aussiedler aus der Gegend um [[wp-de:Döllersheim (Gemeinde Pölla|Döllersheim]] kamen hierher.
Der Betrieb wurde ab 1939 durch den neuen Pächter Dr. Kurt Heidenheim aus Berlin übernommen, der die 1970 in Wien gegründete Firma Häusermann in Wien gekauft hatte und ab nun in Zitternberg für die Kriegsindustrie Blechschilder im Ätzverfahren herstellte. So wurden u.a. „geätzte Metallschilder für Flugzeuge, Autos, Maschinen aller Art, Skalentrommeln für Zieleinrichtungen, Beschriftungen von Stichplatten aus Glas für Zieleinrichtungen und Präzisionsstricharbeiten sowie Gleitschienen für Maschinengewehre“ produziert (Gemeinde Gars, Reg.Nr.7/75, „Gewerbliche Wirtschaft“, 17.10.1945)
Die Einberufung der Männer zum Militärdienst brachte neben den familiären Belastungen und Sorgen auch einen Arbeitskräftemangel mit sich. Aus diesem Grund wurden der Firma Häusermann Kriegsgefangene und „Ostarbeiter“ zugewiesen, die teilweise in Baracken auf einer Insel im Kamp lebten. Wann die Baracken auf der Insel abgerissen wurden, ist unklar. In den Jahren 1942 – 1945 waren ungarische Familien in Zitternberg einquartiert. Diese hatten ihr Quartier z.B. in einem Waldstück, an dem heute das Feuerwehrhaus Zitternberg steht oder in den Wohnhäusern der Bevölkerung. Kurz vor dem Einmarsch der Russen zogen die Ungarn weiter.  
Die Einberufung der Männer zum Militärdienst brachte neben den familiären Belastungen und Sorgen auch einen Arbeitskräftemangel mit sich. Aus diesem Grund wurden der Firma Häusermann Kriegsgefangene und „Ostarbeiter“ zugewiesen, die teilweise in Baracken auf einer Insel im Kamp lebten. Wann die Baracken auf der Insel abgerissen wurden, ist unklar. In den Jahren 1942 – 1945 waren ungarische Familien in Zitternberg einquartiert. Diese hatten ihr Quartier z.B. in einem Waldstück, an dem heute das Feuerwehrhaus Zitternberg steht oder in den Wohnhäusern der Bevölkerung. Kurz vor dem Einmarsch der Russen zogen die Ungarn weiter.  
Die Russen zogen am Mittwoch, den 9. Mai 1945 am frühen Vormittag durch das Dorf Zitternberg und weiter nach Gars. Sie waren über den Manhartsberg aus Richtung Maiersch gekommen, hatten schon eine Zeit lang in der Nähe des Dorfes gelagert und auch Schüsse in Richtung Unterort abgegeben. Im Dorf kamen sie in die Bauernhäuser und nahmen Pferde und auch Uhren mit. Die alte Kapelle in Zitternberg bot in den ersten Jahren der Besatzung den jungen weiblichen Ortseinwohnern Schutz vor Vergewaltigungen. Nach mündlichen Überlieferungen kam es jedoch nie zu körperlichen Übergriffen der Besatzungsmacht auf Zitternberger Einwohner.
Die Russen zogen am Mittwoch, den 9. Mai 1945 am frühen Vormittag durch das Dorf Zitternberg und weiter nach Gars. Sie waren über den Manhartsberg aus Richtung Maiersch gekommen, hatten schon eine Zeit lang in der Nähe des Dorfes gelagert und auch Schüsse in Richtung Unterort abgegeben. Im Dorf kamen sie in die Bauernhäuser und nahmen Pferde und auch Uhren mit. Die alte Kapelle in Zitternberg bot in den ersten Jahren der Besatzung den jungen weiblichen Ortseinwohnern Schutz vor Vergewaltigungen. Nach mündlichen Überlieferungen kam es jedoch nie zu körperlichen Übergriffen der Besatzungsmacht auf Zitternberger Einwohner.

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