Lingenauertobelbrücke
Die Lingenauertobelbrücke (auch: Alte Bruck oder Lingenauerbrücke) führt über die Bregenzer Ache in Vorarlberg und war mit der etwa weiter flussabwärts befindlichen Langeneggertobelbrücke lange Zeit einer der wichtigsten Übergänge im Vorderwald über diesen Fluss.
Lage
Die Lingenauertobelbrücke (510 m ü. A., Parzelle: An der Alten Bruck) verbindet über die Bregenzerache die Gemeinden Lingenau mit Alberschwende-Müselbach, in weiterer Folge das Alpenrheintal mit dem deutschen Allgäu. Zum Ortszentrum von Lingenau im Osten sind es rund 2,5 Kilometer Luftlinie und zum Ortszentrum von Müselbach im Nordwesten rund einen Kilometer.
Die nächste Brücke über die Bregenzer Ache flussabwärts ist die Lingenauer Hochbrücke (im Nordnordwesten etwa 400 Meter Luftlinie entfernt) bzw. flussaufwärts die Tuppenbrücke (im Süden etwa 1400 Meter Luftlinie entfernt).
Auf der orographisch rechten Seite befand sich bis 1982 die Trasse der Bregenzerwälderbahn. In der Mitte der Brücke verläuft die Gemeindegrenze zwischen Lingenau und Alberschwende.
Geschichte
Im Alberschwender Seelbuch wird 1539 eine Brücke von Müselbach nach Lingenau erwähnt.[1]
1784 wurde die erste mit Fuhrwerken befahrbare Straße vom Rheintal aus über Bildstein-Farnach nach Alberschwende und weiter nach Egg erbaut und bis 1785 bis nach Schwarzenberg erweitert. Bis dahin gab es nur Saumverkehr. 1796 entstand die erste Wagenstraße durch das Lingenauer Tobel.[2]
1792 wurde hier eine neue gedeckte Holzbrücke errichtet, die einen leichten Lasten- und Personenverkehr von Müselbach nach Lingenau gewährleistete. Der Verkehr steigerte sich mit dem Ausbau und Neutrassierung der alten Straße vom „Krönele“ in Müselbach bis zur Brücke 1926. Da der Verkehr über die Lingenauertobelbrücke (Vorderwälder Konkurrenzstraße) einfacher zu bewerkstelligen war als über die Langeneggertobelbrücke bzw. über die Langenegger Konkurrenzstraße, erfuhr die Brücke noch mehr Verkehr. 1909 wurde bereits ein Neubau geplant, jedoch der Neubau wegen fehlender finanzieller Mittel erst 1931 beschlossen, zu dem das Land Vorarlberg 50 % zuschoss. Diese Brücke besteht bis heute, während die alte Brücke von 1792 abgebrochen wurde (Fundamente sind noch vorhanden). Der Verkehr aus dem Allgäu ins Rheintal verlief nun vor allem über diese rund 65 Meter lange Brücke und über Hittisau.[3][4][5]
Für die Zufahrten zur Brücke über die Lingenauerstraße war die Lingenauertobelstraßenkonkurrenz zuständig. Die Lingenauertobelbrückenkonkurrenz (die für den Erhalt der Brücke zuständig war) wurde in weiterer Folge mit der Lingenauertobelstraßenkonkurrenz zusammengelegt, wodurch der Interessentenkreis erweitert wurde.[3]
Zu Beginn des Austrofaschismus, in den Jahren 1933/1934, wurde es als erforderlich erachtet, dass die paramilitärische, der christlichsozialen Partei nahestehende, Heimwehr die Brücke vor Anschlägen von (damals illegalen) Nazionalsozialisten bewacht und schützt.[6]
Schon während des Zweiten Weltkrieges wurde zum 1. April 1940 die Vorderwälder Konkurrenzstraße von Müselbach bis zum Rindberg zur Landesstraße I. Ordnung (Nr. 10) und die Unterhaltspflicht auch für die Lingenauertobelbrücke fiel dem Reichsgau Tirol-Vorarlberg zu. Im Mai 1945 sollte die Brücke von der Wehrmacht gesprengt werden, dies wurde jedoch von einigen Lingenauer Bürgern verhindert.
Im Zuge des Aufschwungs nach dem Zweiten Weltkrieg nahm der Fahrzeugverkehr stetig zu, die Fahrzeuge wurden länger und schwerer und die Gemeinden des Vorderen Bregenzerwaldes zeigten ihr Interesse an einer neuen , schneller Verkehrsverbindung zwischen dem Alpenrheintal über Müselbach zu den Vorderwaldgemeinden. 1965 wurde dann ein fertiges Projekt für den Bau der Lingenauer Hochbrücke und die Neutrassierung der Straße vorgelegt. Noch 1967, als die Lingenauer Hochbrücke kurz vor der Fertigstellung war, glichen die Zufahren, obwohl Landesstraße I. Ordnung, im Bereich der Brücke mehr Karrenwegen als modernen Straßen.[7]
Seitdem die Lingenauer Hochbrücke und die neuen, großzügigen und modernen Zufahrten bestehen, hat die Lingenauertobelbrücke nur noch für den regionalen Verkehr und für Wanderer bzw. Fahrradfahrer Bedeutung. 2020 wurde die Lingenauertobelbrücke umfassend saniert.
Technische Daten
Der Neubau nach 1931 wurde mit zwei Mittel- und zwei Landpfeilern und seitlichen Kragarmen ausgeführt. Die Kragarme wurden vom Landesstraßenbauamt als erforderlich erachtet, weil die linke Uferseite als geologisch unruhig galt. Die Gesamtkosten beliefen sich auf rund 240.000 Schilling.[8]
Die gerade Brücke hat gevoutete Durchlaufträger aus Stahlbeton über drei Felder und eine Länge von rund 65 Meter bzw. eine Breite von rund sechs Metern (rund 5 Meter Fahrbahnbreite). Der Fahrbahnbelag ist gepflastert. Die Tragfähigkeit wurde mit 14 Tonnen festgelegt.[5]
Geologie und Gefährdung
Auf der westlichen Seite der Brücke (Richtung Alberschwende-Müselbach) und unter der Brücke bis ziemlich genau in der Mitte der Brücke befindet sich Rutschmassen bzw. Lockergestein bestehend aus Schluff, Sand, Kies und Blöcken. Auf der östlichen Seiten der Brücke (Richtung Lingenau) und unter der Brücke befindet sich Weißach-Formation bzw. Schweizer Äquivalent bestehend aus Mergel und Sandkalkstein, Nagelflug und kalkalpinem Geröll.
Das gesamte Gebiet im die Lingenauertobelbrücke ist Rutschungsgefährdet.[9]
Webseite
Lingenauertobelbrücke – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien auf Wikimedia Commons
Einzelnachweis
- ↑ “Alberschwende“, herausgegeben von der Gemeinde Alberschwende, Alberschwende 1996, S. 219.
- ↑ Arthur Schwarz: Heimatbuch Egg, herausgegeben von der Gemeinde Egg 1974, S. 96.
- ↑ 3,0 3,1 Julius Fritsch: Die Entwicklung des Straßenwesens in Vorarlberg, UT: von den Uranfängen bis zum Jahre 1937, Eigenverlag, Bregenz August 1937, S. 47 ff und 86 ff.
- ↑ Doris Klump: Die Straße im Bregenzerwald, Wirtschafts- und sozialwissenschaftlicher Arbeitskreis, 1967, S. 24.
- ↑ 5,0 5,1 “Alberschwende“, herausgegeben von der Gemeinde Alberschwende, Alberschwende 1996, S. 220.
- ↑ Arthur Schwarz: Heimatbuch Egg, herausgegeben von der Gemeinde Egg 1974, S. 184 ff.
- ↑ Doris Klump: Die Straße im Bregenzerwald, Wirtschafts- und sozialwissenschaftlicher Arbeitskreis, 1967, S. 22 f.
- ↑ Julius Fritsch: Die Entwicklung des Straßenwesens in Vorarlberg, UT: von den Uranfängen bis zum Jahre 1937, Eigenverlag, Bregenz August 1937, S. 87 f.
- ↑ Abfrage Natural Hazard Overview and Risk Assessment Austria vom 1. Oktober 2025.
47.4487719.887051Koordinaten: 47° 26′ 56″ N, 9° 53′ 13″ O